Deutschland hat ein Rentenproblem. Künftige Generationen werden aus der Rentenkasse nur noch Almosen bekommen. Vor allem die Jüngeren müssen daher clever vorsorgen, weil das Umlagensystem aufgrund der Vergreisung der Bevölkerung vor dem Kollaps steht. Da bietet sich langfristig der Aktienmarkt über ETFs an. Das ZDF hat dazu eine super Reportage gemacht.
Der Anreiz der Politik ist aber gering, vor allem weil das ETF-Thema abgetan wird. Viele Bürger stehen zudem skeptisch den Kapitalmärkten gegenüber. Dabei liefert die Börse die höchste Rendite im langen Schnitt.
Am Sonntagabend hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) in der ARD vorgeschlagen, Sozialversicherungsabgaben auf Kapitalerträge wie etwa Aktiengewinne zu erheben. Das fand ich krass. Eigentlich sollte die Politik das eigenverantwortliche Vorsorgen fürs Alter fördern, nun wird es bestraft. „Im Moment ist es so, dass der, der arbeitet, oder die, die arbeitet, am Ende der Dumme ist. Und diejenigen, die nicht arbeiten und viel Geld haben, stehlen sich so ein bisschen raus“, argumentierte Habeck. Die Beitragssätze steigen wegen der wachsenden Kosten im Gesundheitssystem und der alternden Gesellschaft stetig. Zur Finanzierung der Gesundheitskosten werden aber fast ausschließlich die Löhne der gesetzlich Versicherten herangezogen.
Die Reichen werden wieder einen Ausweg finden
Um das Problem zu lösen, habe er seinen „Entlastungsvorschlag“ vorgelegt, erklärte Habeck. „Der Kleinsparer muss sich keine Sorgen machen. Es geht nicht um kleine Portfolios. Es geht nicht um normale Sparer. Es geht nicht um die Altersvorsorge“, beteuert Habeck. Wirklich? Statt dessen lenkt er den Fokus woanders hin: „Es geht darum, dass Leute, statt zu arbeiten, ihr Geld für sich arbeiten lassen und dadurch Einkommen generieren, und sich nicht beteiligen an der Finanzierung der Sozialsysteme.“ Das ist aber irgendwo ein Widerspruch. Macht euch keine Sorgen, ich nehm euch nichts weg, aber ich nehm euch doch was weg.
Die Superreichen werden wieder eine Lösung finden, wie sie aus dem angedachten System ausscheren können. Das ist immer so. Es wird dann wieder vor allem die Mittelschicht treffen.
Politiker und Bürger wollten mehrheitlich nichts vom Rentenproblem wissen, denn Reformen tun weh
Der demographische Wandel ist ein rein zahlenbasierter Fakt, und der ist seit Jahrzehnten zu beobachten. Und unsere Politiker haben es größtenteils ignoriert. Jetzt fahren wir mit Ansage vor die Wand. Aber nicht nur die Politik, sondern auch die Gesellschaft hat das Thema ignoriert.
Problematisch für die Bevölkerung ist in der Tat noch die Inflation. Und die steigende Abgaben- und Steuerlast. Legst du dir Geld zur Seite, um deine Rentenlücke zu schließen, ist dieses Geld schon von Abgaben und Steuern belastet worden. Und dann kommt zusätzlich in 3 oder 5 Jahren ein neues Habeck-Gesetz, dass sich darüber hinaus an deinem Depot bedient. Das wirkt nicht gerade motivierend. Wir sollten die Menschen dagegen aufmuntern, vorzusorgen. Wir sollten sie belohnen und nicht bestrafen. Deshalb brauchen wir eine Art 401k-Programm in Deutschland, so dass du aus deinem Bruttoverdienst ein Spezialdepot für die Rente besparen kannst. Und nicht nur das: Deutschland sollte zudem, ähnlich wie Norwegen, einen Kapitalstock für die Rente aufbauen. Wenn das nicht passiert, wird es fast allen im Alter deutlich schlechter gehen. Und nochmal: Jeder, der kann (Mittelschicht aufwärts), sollte unbedingt einen privaten Geldstock aufbauen. Trotz der neuen Forderungen der Grünen zur möglichen zusätzlichen Belastung.
Es fehlt der Anreiz auf eigene Faust vorzusorgen
Sollten die Bürger lieber einfach ihr Geld verkonsumieren? Weil genau das fördert Habeck mit seinem Vorschlag: Was für ein Irrsinn. Das ganze Leben lang das Geld mit beiden Händen zum Fenster raus werfen. Weil der dumme Sparer wird ja bestraft.
Die Tatsache, dass trotzdem jeder Vorschlag bezüglich einer Aktienrente von linker Seite (Grüne, SPD, Linke, BSW) als neoliberaler Unsinn oder Kasino abgetan wird, macht alles nur noch schlimmer. Alternativen gibt es keine, aber Hauptsache alles, was nach Kapitalmarkt klingt, erstmal verteufeln.
Aus dem Desaster gibt es kaum einen schnellen Weg heraus. Natürlich gibt es ein paar Maßnahmen, die wir ergreifen sollten. Ich möchte 4 Punkte zusammenfassen:
- Länger arbeiten. Allein aufgrund der steigenden Lebenserwartung wird das früher oder später kommen müssen. Die Japaner machen das auch länger. Ja, es gibt Berufe, wo das kaum geht. An Rente mit 63 ist jedenfalls nicht mehr zu denken angesichts der Umstände.
- Großzügige Freibeträge und Sparmaßnahmen der Bürger nach US-Vorbild wie Roth-IRA oder 401k. Weniger Steuereinnahmen für den Staat heute, dafür deutliche Entlastung in Zukunft.
- Qualifizierte Einwanderung. Deutschland braucht vor allem junge, gesunde, arbeitende Einwanderer. Noch besser: Hochqualifizierte. Die USA lässt diese per roten Teppich mit Spezialvisa ins Land (H-1B, O-1). Natürlich müssen wir auch Asylsuchende aufnehmen, sofern das eingehend geprüft wurde. Deutschland ist aber leider gerade für Hochqualifizierte in vielerlei Hinsicht nicht attraktiv. Wir haben viel Bürokratie.
- Langsamere Erhöhung der Renten. Das wird politisch schwer durchzusetzen sein und auf großen Widerstand stoßen. Und klar, es tut weh.
Idealerweise setzt Deutschland alle 4 Punkte um. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass natürlich auch andere Länder ähnliche Probleme haben: So ist die alternde Gesellschaft fast weltweit ein Phänomen. Ebenso die wachsende Bürokratie oder die steigende Steuerlast bzw. Einwanderungsströme.
In Deutschland ist der Sozialstaat teuer geworden, es gibt diese Baustellen
Deutschland sollte seine Bürokratie abbauen, Steuern und Abgaben senken, um attraktiver zu werden:
- Wir haben die zweithöchste Abgabenlast aller OECD Länder
- Wir haben viele versteckte Steuern. Hast du schon mal was von der neuen Kuchensteuer gehört?
- Immobilien sind kaum bezahlbar (außer auf dem Land). Nicht nur das Eigenheim, sondern auch das Mieten wird immer teurer. Was wiederum an Bürokratie und Wohnungsknappheit liegt.
- Teure Energiepreise und dadurch schlechte Wettbewerbsstellung
- Steigende GKV-Beiträge, bis zu 20% sind absehbar in einigen Jahren
- Höchste Krankheitsstände innerhalb Europas – sogar weltweit?
Hier der obligatorische internationale Vergleich
Und blicken wir uns um, dann finden wir im Ausland Konzepte, die funktionieren.
- Niederlande: Renteneintrittsalter ist ans Lebensalter gekoppelt.
- Österreich: alle zahlen ein, alle bekommen mehr raus.
- Schweden: Aktienrente, es läuft großartig für alle. Hohe Renten, stabile Beiträge.
- Polen: Es gibt eine aktienbasierte Zusatzrente namens IKE, ein 401-K-Klon aus den USA.
- Lettland: Junge Arbeitnehmer müssen zusätzlich per Depot fürs Alter vorsorgen.
Hi Tim, ich muss dich korrigieren. In Polen ist PPE eine Form der Betriebsrente. Das Gegenstück zu 401(k) heißt IKE. Beste Grüße aus Polen!
Danke für den Hinweis. Ich habe es geändert.
Interessanterweise fordert die CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA auch die Einbeziehung anderer Einkunftsarten. Bleiben die Fragen: Wie soll das bürokratiearm ermittelt werden? Was ist mit weiteren Einkunftsarten? Was ist mit der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze – Erhöhung/Streichung? Da gibt es auf jeden Fall diversen Klärungsbedarf.