Teil 4: Auf was Value Investoren achten: Das Bauchgefühl

Guten Tag! Ich setze hier nun die lose Serie “Auf was Value Investoren achten” fort. Diesmal geht es um das Bauchgefühl. Vor wenigen Tagen traf ich im Grand-Hyatt-Hotel einen bekannten Hedgefondsmanager. Er nahm sich eineinhalb Stunden Zeit für mich und wir plauderten über Gott und die Welt. Am meisten sprachen wir natürlich über die Börse. Und da der Investor ein großer Fan von Warren Buffett ist, fragte ich ihn, ob denn nicht Buffett sehr stark auf seine Intuition hört. Mein Gegenüber war völlig aufgebracht und sagte: „Niemals, das macht er nicht.“ Er betonte, dass Buffett ein reiner Zahlenmensch sei, der extrem viel lese. Ich bin anderer Meinung. Ich glaube, dass erfolgreiche Anleger wie Buffett sehr wohl auf ihr Bauchgefühl hören, sonst wäre diese außerordentliche Performance nicht möglich. Buffett benutzt also beide Gehirnhälften. In der linken Gehirnhälfte arbeiten wir nach reiner Logik, basiert auf Zahlen und Fakten. So wie wir es in der Schule lernen. In der rechten Gehirnhälfte sind dagegen unsere Gefühle im Spiel. Sie wissen sicherlich, was ich meine. Manchmal sagt uns unsere innere Stimme blitzschnell: Das ist eine super Idee, mach das!!! Dann gibt es wiederum Momente im Leben, in denen wir vor bestimmten Sachen/Personen zurückschrecken. Wir haben dann schlicht ein ungutes Gefühl. Und ich habe festgestellt, dass mein Innerstes meistens richtig liegt. Es sind keine primitiven Entscheidungen, die wir in Bruchteilen von einer Sekunde fällen, nein, es ist ein hochintelligenter Prozess, der auf all unseren Erfahrungen aufbaut. Warum entschied sich Buffett fast exakt auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, also während der Jahre 2008 und 2009, rund 21 Milliarden Dollar in Goldman Sachs, General Electric, Swiss Re, Dow Chemical, und Wrigley zu investieren? Waren der Auslöser lediglich Zahlen und Tabellen oder war sein Gefühl mit im Spiel?
Von George Soros ist bekannt, dass er auf seine innere Stimme sehr häufig hört. Wenn er böse von Rückenschmerzen heimgesucht wird, deutet er das als Signal, aus dem Markt auszusteigen. Soros ist genial. Ein Bekannter arbeitet hier in New York für ihn. Was mich an Soros so fasziniert ist, dass er sehr jungen Menschen so viel Verantwortung überträgt und er sie wichtige Entscheidungen treffen lässt. So setzen sich seine Jungmanager mit den Vorstandschefs großer Konzerne zusammen und danach entscheiden sie, wohin zig Millionen von Dollar fließen. Soros will die Vorstände gar nicht sehen. Er traut seinen Mitarbeitern voll und ganz. Es ist ein exzellenter Führungsstil. Ich denke mir immer, das ist klasse! Da Soros seinem Nachwuchs so viel zutraut, sind die Mitarbeiter entsprechend äußerst vorsichtig. Dieses enorme Vertrauen ist mir auch bei dem Gründer von Goldcorp, Rob McEwen, aufgefallen. McEwen ist einer der besten Gold-Manager auf dem Planten. Er hat aus Goldcorp einen Milliardenkonzern geschmiedet. Ich traf ihn mehrmals in New York, meist ist er aber in Eile und schon wieder auf dem Weg zu seinem Privatjet. Jedenfalls hat er zahlreiche junge Minenfirmen gegründet. Mit denen will er jetzt den Erfolg von Goldcorp wiederholen. Der Nachwuchs schmeißt jetzt seinen Laden. Er muss auf sein Bauchgefühl gesetzt haben, als er die Mitarbeiter auswählte. So wie Soros. Kürzlich schrieb ich übrigens diesen Artikel über Rob McEwen.
Es ist doch klar: Man kann keine Mitarbeiter nur auf Basis der Bewerbungsunterlagen einstellen. Man muss sich schon mit den Bewerbern treffen, mit ihnen sprechen. Das ergibt ein rundes Bild – beide Gehirnhälften kommen so zum Einsatz. Die faktenbasierte und die gefühlsbasierte Seite. Das gleiche sollten Sie bei der Aktienauswahl und beim Timing anwenden. Sie werden von dem Erfolg überrascht sein! Ihre innere Stimme hat einen unschlagbaren Erfolg! Probieren Sie es aus. Überlegen Sie nicht lange. Machen Sie es mal. Im Grunde wäre es doch zu einfach, die billigte Aktie auf Basis des Kurs-Gewinn-, Kurs-Buchwert- oder Kurs-Umsatz-Verhältnisses auszuwählen. Oder für die etwas fortgeschrittenen Börsianer: Es gibt bei Bloomberg oder Reuters Tabellen, da können Sie die günstigsten Aktien basiert auf dem Enterprise Value im Verhältnis zum Ebitda finden. Sorry für das Analystenkauderwelsch. Als erfolgreicher Anleger wollen Sie darüber hinaus wissen: Wie gut ist die Qualität der Produkte, bevor Sie Aktien eines Unternehmens kaufen? Sie wollen wissen, welchen Mehrwert bieten die Produkte? Wie stark sind die Wettbewerber? Überzeugen mich die Manager? Wie sind die Verdienstmargen? Wie ist der Ruf der Firma? Und wie steht die Gesellschaft in 20 Jahren da? Das spielt alles eine Rolle. Man muss visionär sein, komplexe Zusammenhänge auf wenige Kerngedanken zusammenfassen können. Darin sind Leute wie Carl Icahn, Daniel Loeb, Edward Lampert, John Paulson oder Martin Whitman eben Meister. Diese Menschen haben die Gabe, ihre Geisteskraft voll zu entfalten. Es ist schade, dass viele Menschen Angst vor ihren Gefühlen haben. Es hängt wohl mit unserer Erziehung zusammen. Schon im Kindergarten lernen wir das faktenbasierte Entscheiden. Zugegeben, beim Bauchgefühl gibt es ein Problem: Wir können nicht genau begründen, warum wir uns für oder gegen eine Sache/Person entschieden haben. Uns fehlen die Fakten. Aber das sollte uns nicht abhalten. Die innere Stimme ist verdammt schlau. Glauben Sie mir. Machen Sie den Selbstversuch! Zum Schluss habe ich Ihnen noch ein schönes Zitat von Peter Lynch, einen der besten Fondsmanager des vergangenen Jahrhunderts, herausgesucht. Ich habe seine Aussage wie folgt übersetzt:
Ganz gleich welche Methode Sie auch immer anwenden, um Aktien auszuwählen, Ihr Erfolg oder Misserfolg wird von Ihrer Fähigkeit bestimmt, die Sorgen der Welt lange genug zu ignorieren. Nur so kann sich Ihre Investition auszahlen. Es ist nicht der Kopf, sondern der Bauch, der über das Schicksal des Aktiensammlers entscheidet.
Wenn Sie sich für Zitate aus der Welt der großen Investoren interessieren, kann ich Ihnen diese (PDF) Zitatsammlung ans Herz legen.
Teil 3: Auf was Value Investoren achten: Der wahre Gewinn
Teil 2: Auf was Value Investoren achten: Das Timing
Teil 1: Auf was Value Investoren achten: Der Cash Flow

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