Luxusappartements in Manhattan: Superreiche zahlen jeden Preis

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Laurence Kaiser vermarktet seit 42 Jahren Luxusimmobilien in New York. Er erklärte mir im Interview, warum die Superreichen trotz der Krise weiterhin Rekordbeträge zahlen. Der 68-jährige Makler wird in zahlreichen Bestsellern über den New Yorker Immobilienmarkt als Quelle genannt. Er kennt die Stadt wie kaum ein anderer. Kaiser lebt selbst in Saus und Braus. Einmal im Jahr lädt er seine steinreichen Kundschaft ins edle St. Regis Hotel zum Dinner ein. Darunter stets auch Promis.
Tim Schäfer: Kürzlich sagte der Vorstandschef des Edelkaufhauses Saks auf einer Analystenkonferenz: `Wenn der Dow Jones fällt, dann sinkt am gleichen Tag mein Umsatz.´ Hängt ihr Geschäft auch vom Auf und Ab der Wall Street ab?
Laurence Kaiser: Es ist mit Immobilien anders – außer sie haben gestern ihr Geschäft eröffnet. Sie bauen eine bestimmte Kundschaft auf und die schaut nach ganz speziellen Objekten. Diese Kunden haben so viel Geld – sie können sich alles kaufen, was sie wollen. Dann ist aber nicht das Passende auf dem Markt. Sie kaufen also nichts. Wenn diese Kunden dann älter werden und sie keine Zeit mehr haben zu warten, sind sie nicht besorgt um ihr Geld, sondern darauf fokussiert, das zu bekommen, was sie wollen. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl spezieller Gebäude und Wohnungen in New York. Da kommt nur wenig auf den Markt. Die Leute warten Jahre. Wenn schließlich etwas angeboten wird, dann verhandeln sie nicht. Denn sie haben Angst, nicht zum Zuge zu kommen. Sie sind auch zu alt, um noch länger zu warten.
Tim Schäfer: Was sind die Erfolgsfaktoren in ihrem Geschäft mit den Luxus-Objekten?
Kaiser: Im Kern geht es also um das richtige Timing und die richtige Kundschaft. Offen zugegeben, schalte ich keine Anzeigen. Es gibt so viele Makler. Die meisten sind auf ihren Computer fixiert. Wenn der PC abstürzt, geht nichts mehr. Sie glauben, Anzeigen bringen das Geschäft. Networking für die besten Dinge, das ist der Schlüssel zum Erfolg! Aber man muss es richtig machen: Wenn wirklich etwas Gutes auf den Markt kommt, rufe ich fünf Leute an, die darauf warten. Wenn nötig, rufe ich einen Makler an, dem ich vertraue, der eine List mit Kunden hat.
Tim Schäfer: Das ist erstaunlich, dass Sie keine Anzeigen schalten.
Kaiser: Sehr begrenzt mache ich das auf der Webseite meiner Firma Key-Ventures Inc. Grundsätzlich ist es so, dass in den feinen Gebäuden die Leute es nicht möchten, dass annonciert wird. Neue Gebäude kommen oft in die Magazine, weil der Eigentümer 42 Etagen besitzt und es ihm egal ist, an wen er verkauft. Die besten Gebäude sind Cooperative. Die wollen Bescheid wissen über Vermögen, Schulden und Liquidität des potentiellen Käufers. Sie wollen, dass sie ein Nettovermögen besitzen vom zehn- bis 15-fachen des Appartementpreises. Also bei einer 35 Millionen Dollar teuren Wohnung müssen sie 350 Millionen Dollar Liquidität nachweisen – nicht in Gebäuden oder Kunst, es muss flüssig sein. Sie müssen das dokumentieren. Die Cooperative prüft so ihre Kreditwürdigkeit. Daher kam in den besten Gebäuden nie ein Insolvenzfall vor. Die Top-Adressen haben keine Konkursfälle. Selbst in dem Haus 740 Park Avenue, was das beste Anwesen auf der der Park Avenue ist, wo Leute leben wie David Koch oder Ezra Merkin, der in den Madoff-Betrug verwickelt ist, ging niemand pleite. Merkins’ Apartment wird verkauft, aber er muss nicht zum Gericht, um es zu veräußern.
Tim Schäfer: Wie sieht es mit Wall-Street-Managern aus? Ist das Geschäft stark rückläufig?
Kaiser: Die Leute verdienen immer noch Geld. Ich hatte einen Kunden vor eineinhalb Jahren, der von mir ein Apartment für 35 Millionen Dollar gekauft hat. Er will nun nebenan eine weitere Wohnung dazukaufen, um seine Fläche zu vergrößern. Er sagte, ich biete 25 oder 30 Millionen Dollar. Dabei ist die Wohnung vielleicht nur 15 Millionen Dollar wert. Aber es erhöht den Wert seines Eigenheims. Es gibt viele Menschen mit einer Menge Geld. Vielleicht sind sie etwas vorsichtiger geworden.
Tim Schäfer: Aber die Preise müssen doch stark gesunken sein.
Kaiser: Das einzige, was wirklich stark nachgegeben hat, sind die Objekte mit überzogenen Preisvorstellungen. Wenn etwas 30 Millionen Dollar wert ist und du es für 90 Millionen Dollar anbietest, dann weißt du, das geht nicht weg. Aber das ist dumm. Das ist keine gute Marketingtaktik. Von der Marktkorrektur betroffen sind vor allem die jungen Leute mit den Drei- oder Vier-Zimmer-Apartments mitsamt zwei bis drei Räumen für die Haushälterinnen. Aber ich habe festgestellt, dass diese Leute, weil ihre Kinder in New York zur Schule gehen, zuerst ihr Ferienhaus verkaufen und dann eines mieten für vier Wochen im Jahr. Sie trennen sich also von bestimmten Sachen. Aber den Hauptwohnsitz – das ist das letzte, was sie aufgeben. Ich kenne nur wenige junge Leute, die bis auf den letzten Cent alles verloren haben. Sie haben vielleicht 20 oder 30 Prozent verloren – sie treten dann kürzer. Aber in jedem Markt gibt es Leute, die für das passende Angebot bereit sind, Geld auszugeben.
Tim Schäfer: Hat ihr Geschäft nicht nachgegeben in dieser Krise?
Kaiser: Das Geschäft ist schleppend geworden. Die Leute sind einfach vorsichtiger. Zudem kommen weniger wirklich gute Objekte auf den Markt. Auf der Third Avenue ist es ruhig geworden. Die Leute kaufen seltener Zwei- oder Drei-Zimmer-Apartments in neuen Gebäuden. Die Menschen haben ohnehin nie richtig die neuen Häuser geschätzt. Da gibt es dort unzählige identische Wohnungen Stock für Stock.
Tim Schäfer: Dann haben also die neuen Gebäude Probleme?
Kaiser: Verallgemeinern kann man das nicht. Wer zum Beispiel keine Probleme hat, ist die goldene Meile: 151 East 58. Street. Das Bloomberg-Gebäude hat wunderschöne Apartments. Sie wurden alle vor der Fertigstellung verkauft. Es gibt jetzt die ersten Zweitverkäufe.
Tim Schäfer: Was kostet dort eine Wohnung?
Kaiser: Das geht für sechs, sieben bis 15 Millionen Dollar weg – es hängt von der Größe ab. Das sind Drei-Zimmer-Wohnungen mit 280 Quadratmeter und mehr. Mag sein, dass die jetzt nicht mehr zu dem Betrag weggehen, wie das in der Spitze der Fall war, aber sie gehen noch mit Profit weg.
Tim Schäfer: Warum ist der Bloomberg-Wolkenkratzer so beliebt?
Kaiser: Es liegt zwischen der Third Avenue und Lexington Avenue. Hohe Decken, große Küchen, Top-Qualität. Die Eigentumswohnungen sind flexibel in der Nutzung. Sie können sie vermieten oder verkaufen. Ihre Kinder können dort wohnen. Bei Cooperativen, also genossenschaftliche Hausverwaltungen, ist das anders: Kinder dürfen dort nicht leben. Besitzer dürfen nicht weitervermieten. Ihnen sind als Eigner die Hände gebunden. Manche Cooperative verbietet sogar Hunde. Es ist wie ein Country-Club. Es gibt viele Regeln.
Tim Schäfer: Welches Objekt läuft außerdem gut?
Kaiser: Der AOL-Turm oder auch Time-Warner-Center genannt. Das hat sich phänomenal gut entwickelt. Und dann 15. Central Park West. Das ist der goldene Traum eines neuen Gebäudes. Hier gibt es 450 und 550 Quadratmeter große Wohnungen.
Tim Schäfer: Was ist an dem neuen Gebäude so toll – abgesehen davon, dass hier Stars wie Sting leben?
Kaiser: Perfektes Timing, Marketing, die Kalksteinfassade und die spezielle Anordnung. Vor zwei Jahren wurde es fertig gestellt. Die Apartments kosten 40 Millionen und mehr. Und sie haben familiengerecht geplant. Wenn Sie drei Schlafzimmer und eine Bibliothek wollen, bekommen sie das. Zudem haben sie einen Raum für das Dienstmädchen. Es gibt ein Schwimmbad, ein ungeheuerlich großes Fitnessstudio, private Speiseräume, Zimmerservice und so weiter. Viele Leute mögen das.
Tim Schäfer: Und wie viele Wohnungen haben Sie dort verkauft?
Kaiser: Fünf verkaufte ich. Wenn du lange genug im Geschäft bist, rufen dich die Kunden zuerst an.
Tim Schäfer: Wo waren Sie noch erfolgreich?
Kaiser: Ich habe mehr verkauft, als jeder andere Makler in dem Gebäude 834 Fifth Avenue (hier leben Rupert Murdoch, Charles Schwab etc.). Das ist meiner Meinung nach eines der besten Gebäude auf der Fifth Avenue – ähnlich ist 960 Fifth Avenue.
Tim Schäfer: Wie haben Sie ihre Firma aufgebaut? Man wird doch nicht einfach Luxus-Makler.
Kaiser: Kunden rufen mich aus Loyalität an. Selbst wenn etwas annonciert wird, rufen sie mich zuerst an. Ich bin dafür bekannt, ein Gedächtnis wie ein Computer zu haben. Ich fing vor 42 Jahren an – ohne Computer. Da schrieb ich alles auf, dabei lernte ich. Ich kenne Menschen rund um den Globus. Mit den Kuwaitern gehe ich Mittagessen. Tom Wolfe, der weltberühmte Schriftsteller, schrieb mir eine Widmung (er zeigt stolz ein Buch): ‚Für Larry, der weit mehr über New York weiß als ich’.
Tim Schäfer: Wo fängt Luxus für sie an?
Kaiser: Es hängt von der Größe des Apartments ab. Luxus ist für mich eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 85 Quadratmetern für 2,5 Millionen Dollar – das ist viel Geld. Wenn Du eine Vier-Zimmer-Wohnung möchtest, fängt Luxus auf der Fifth Avenue in den besten Gebäuden bei 25 Millionen Dollar und mehr an. Auf der Park Avenue, etwa bei 740 Park, da ist nichts für weniger als 25 Millionen Dollar erhältlich. Für eine Ein-Zimmer-Wohnung fängt Luxus ab einer Million Dollar an.
Tim Schäfer: Wie häufig kommen Zwangsversteigerungen im Luxussegment vor?
Kaiser: Es gibt sehr, sehr wenige. Das kommt nicht in den besten Gebäuden vor. Auf den Markt kommt bald das Madoff-Apartment, was kein schönes ist, aber es hat schöne, große Terrassen. Das Gebäude ist auf der Lexington Avenue. Auf der zweiten Ebene haben sie die Küche, das Wohnzimmer, den Essbereich. Unten waren vier Schlafzimmer. Sie hatten aus einem eine Bibliothek gemacht. Die meisten Kunden wollen es umgekehrt: Die Terrasse wünschen sie sich unten und dann eine riesige Treppe nach oben. Es ist ein feines Gebäude. Die meisten werden wohl zurückschrecken, weil sie glauben, dass es ihnen kein Glück bringt. Es ist zudem eine Cooperative. Die wollen keinen neuen Madoff dort. Sie werden sehr streng sein, wer einziehen darf.

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