Aktienkauf: Warten Sie nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag

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Eine Bekannte erhielt vor einigen Monaten rund 300.000 Dollar Cash von der Verwandtschaft. Ich sprach mit ihr diese Woche. Das Geld hat sie noch nicht investiert. Es gammelt auf dem Girokonto vor sich hin. Sie erhält keinerlei Zinsen für die Asche. Ich war erstaunt.
Warum hat sie nichts mit dem Geld gemacht? Sie hat schlicht Angst, einen Fehler zu machen. Aktien mag sie zwar, aber eben die Angst hindert sie. Ich halte das für einen Fehler. Kein Menschen findet den idealen Zeitpunkt am Aktienmarkt. Einfach wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen, ist keine Lösung. Ich würde lieber heute als morgen investieren.
Warren Buffett fing im Alter von elf Jahren an, sein Geld zu investieren. Der Star-Anleger sagte mal, einer seiner größten Fehler war, nicht schon früher Aktien gekauft zu haben.
Ich kaufte kürzlich ein Chevron-Aktienpaket. Das KGV rangiert unterhalb von neun. Die Dividendenrendite flotte 3,1 Prozent. Was soll da schon schief gehen?
Die Masse macht den Fehler, wenn so ein Papier dann nach deren Einstieg zu purzeln beginnt, ziehen sie die Reißleine nach einem Kursverlust von 20 oder 25 Prozent. Die Nerven machen ihnen einen Strich durch die Rechnung. Man darf als Aktionär eben nicht den eigenen Einstiegskurs als Heiligtum ansehen. Die Kurse schwanken nun mal. Das sollten Sie akzeptieren. Selbst wenn meine Chevron-Position um 50 Prozent fallen sollten, wovon ich freilich nicht ausgehe, werde ich die niemals verkaufen. Warum sollte ich das tun? Es wäre der reinste Blödsinn.
Die Zeit ist immer ideal, um starke profitable Marktführer zu kaufen. Abzuwarten ist ein Fehler.
Manchmal fällt in der Tat meine Aktie direkt nach meinem Einsteg. Es ist wie verflixt. Ich habe mich damit abgefunden. Denn nach dem Rücksetzer geht das Papier ab wie verrückt. 200 oder 500 Prozent Rendite können Sie durchaus in einigen Jahren mit starken Aktien in die Scheune fahren.
Im Endeffekt brauchen Sie nicht täglich die Meldungen über Ihre Firma zu verfolgen. Es besteht nämlich die Gefahr, den langfristigen Ansatz zu verlieren. Akzeptieren Sie zwischenzeitliche Verluste. Das gehört dazu. Wer in schwierigen Situationen seinen Gefühlen freien Lauf lässt, der realisiert einen unnötigen Verlust. So wird man Teil der Masse, die meistens daneben liegt. Die Masse kauft am liebsten oben und verkauft im Keller. Die Meute hat keine Geduld, reagiert emotional.

(Foto: Tim Schäfer, das rostige Motiv entdeckte ich vor einigen Wochen in Bratislava.)

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Frank
11 Jahre zuvor

Hallo Tim,
ich bin zur Zeit auf der Suche nach einem Ölwert und bin von RD Shell überzeugt. Zur Zeit findet aber ,so glaube ich, eine wirtschaftliche Krise statt die auch den Ölpreis noch stark senken wird.
Warum sollte ich dann nicht warten?
Klar, ich kann falsch liegen, aber wenn nicht dann kommt man doch deutlich günstiger an die Aktie ran, was nicht nur eine höhere Aktienanzahl zur Folge hätte , sondern auch die pers. Dividendenrendite in der Zukunft wäre deutlich günstiger.
Schau mer mal
Frank

Sebastian
11 Jahre zuvor

Hallo Tim,

erst vor kurzem auf Deinen Blog aufmerksam geworden, freue ich mich nun regelmäßig auf Deine feinen und erhellenden Worte.

Sie bilden einen angenehmen Kontrast zu dem Gebrabbel, das einem leider immer wieder von Fondsmanagern, Vermögensberatern, Bankern, Brokern und all den Auguren, Experten und selbsternannten Propheten in und aus den Finanzmedien entgegenschlägt.

Wenn man weiter denkt, dann wird auch klar, warum wir Privatanleger regelmäßig für dumm verkauft und in Unmündigkeit gehalten werden. Die Finanzbranche lebt von uns! Von unserer Aufmerksamkeit und unserem Geld. Uns muss von klein auf eingetrichtert werden, dass wir – zu unerfahren, zu unwissend und mit zu wenig technischen Hilfsmitteln ausgestattet – unbedingt die Profis brauchen, um unser Geld sicher und profitabel (welch Hohn) anzulegen.

Mein Anlageziel ist der LANGFRISTIGE Vermögensaufbau. Ich habe erst vor einigen Jahren begonnen, meine Geschicke selbst in die Hand zu nehmen und mein Erspartes den Fondsmanagern entzogen. Natürlich habe ich zu Beginn die üblichen Anfängerfehler gemacht, weil ich einfach die falschen Lehrer hatte und auf die scheinbar kenntnisreichen Erfahrungen und Empfehlungen der Branchenprofis gehört habe.

Zum Glück bin ich dann doch auf Graham und die Value-Schule gestoßen. Buffett, Fisher, Town und etliche andere folgten. Hier habe ich eine Anlagestrategie entdeckt, die mir absolut zusagt. Während für die meisten Finanzmarktteilnehmer die Börse wahlweise ein Casino oder ein Kampfplatz ist, bei dem der eine gewinnt, was der andere verliert, ist für mich völlig klar, dass sie stattdessen einfach der Ort ist, durch den ich mich an ertragreichen und wunderbaren Unternehmen beteiligen kann.

Ich kombiniere dabei Ideen des Value-Investings mit der Buy-and-hold-Strategie. Die Debatte hierzu im Blog vor kurzem kann ich nicht ganz nachvollziehen. Beides gehört für mich zusammen. Ich kaufe erstklassige Unternehmen, wenn sie durch markante Umstände mit einem schönen Abschlag zu ihrem Wert gehandelt werden und halte sie dann, wenn sich nichts an meiner Einschätzung ändert, am liebsten ewig.

Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf Phil Fisher, von dem Buffett in den 60er Jahren viel gelernt hat und der meiner Meinung nach zu selten erwähnt wird. Buffett hat seine Anlagestrategie damals ganz entscheidend modifiziert. Wenn ich ein exzellentes Unternehmen im Portfolio habe, verkaufe ich auch bei einer fairen Bewertung nicht, nur um mich irgendwo anders vielleicht taktisch klüger – sprich billiger – zu engagieren.

Erstens ist die Bestimmung des fairen Wertes immer ungenau und wird von jedem Investor unterschiedlich gehandhabt und zweitens bekomme ich vielleicht nie wieder die Chance, günstiger zurückzukaufen. Warum also mein Topunternehmen aufgeben?

Ich lehne mich da lieber zurück, lasse mein Unternehmen in Ruhe wachsen und profitiere von den Dividendenausschüttungen. Ich habe so einen Pfad eingeschlagen, der mir behagt.

Die technische Analyse oder makroökonomische Prognosen lasse ich dabei völlig unberücksichtigt. Sollen doch die Fondsmanager und institutionellen Investoren in der Herde galoppieren. Die armen Kerle können ja gar nicht anders (Sachzwänge) und finden sich noch ganz schlau dabei.

Ich muß immer wieder lachen, wenn ich die vom kurzfristigen Denken geprägten Sprüche, Prognosen und Handlungsanweisungen der hochdotierten Profis höre.

Auch vom Erfolg einiger Traderprofis lasse ich mich nicht blenden. Auf jeden Gewinner – wie viel Glück war da eigentlich im Spiel und kann der das ewig wiederholen? – kommen dutzende Verlierer. Von diesen Spielchen lasse ich lieber die Finger.

Zum Glück kann ich auf eigene Faust investieren und bin nur mir verantwortlich. Ich denke, wir Kleinanleger haben entscheidende Vorteile gegenüber den Großen und die sollten wir ganz geduldig nutzen.

Obwohl ich mich den oft von Eigeninteressen geprägten Meinungsmachern in den Finanzmedien so gut ich kann entziehen will, werde ich hier sicherlich öfter vorbei schauen.

Deine Worte tun gut, motivieren und entlarven das Gebrabbel der Profis.

Danke und weiter so!

11 Jahre zuvor

@ Frank

ja, genau. Wie der Ölpreis sich kurzfristig entwickelt, wissen wir nicht. Langfristig wird die Nachfrage anziehen (Weltbevölerungswachstum, Wohlstandsanstieg in den Schwellenländern). Gleichzeitig sind die Ressourcen begrenzt. Bei wachsender Nachfrage steht also ein Preisanstieg ins Haus. Eine Börsenkorrektur ist immer möglich. Ich lasse mich davon nicht verunsichern.

Best,
Tim

11 Jahre zuvor

@ Sebastian

Danke für das Lob. Ich stimme Dir zu.

Die Menschen sind einfach zu emotional und ungeduldig an der Börse. Hektik und Gefühle sind jedoch Gift für die Performance.

Hinzu kommt: Der Finanzmarkt ist sehr intransparent für uns Anleger. Da wird viel Schrott (Produkte) produziert, der sich nicht wirklich nach Abzug der Gebühren rechnet.

Kunden verstehen kaum die Gehührenstrukturen und Risiken all der Finanz-Konstrukte. Der Verbraucherschutz ist hier gefragt. Es geschieht zu wenig. Im Endeffekt müsste die Branche ein Eigeninteresse an einem erfolgreichen Kunden haben. Wer nur von den schnellen Gebühren und Provisionen lebt, kann schnell verbrannte Erde hinterlassen.

Gleichwohl gebe ich zu: Nicht alles ist Mist. Es gibt sinnvolle Finanzprodukte und exzellente Fondsmanager. Diese jedoch zu finden, ist nicht einfach.

Weil ich mich in dem Dschungel kaum zurechtfinde und schon viel Lehrgeld bezahlt habe, habe ich mich für folgende Strategie entschieden:

Ich setze, so wie Du, auf exzellente Unternehmen (in der Regel Marktführer) und lasse die dann liegen: Buy and Hold.

Best,
Tim

Reinhard
11 Jahre zuvor

“Jeder Tag ist Kauftag”, lautet das Credo eines bekannten Aktienbriefs. Damit ist gemeint, wenn man eine entsprechende Summe beieinander und eine Aktie ausgeguckt hat, dann solle man kaufen, ohne auf das Umfeld zu achten. So macht das auch Warren Buffett, heißt es. Als Begründung wird angegeben, dass man ohnehin nicht wissen könne, wo der Kurs übermorgen steht.
Ich mache es nicht so, lieber halte ich lange Bares und warte notfalls jahrelang, bis es an der Börse kracht und dann Augen zu und kaufen, was das Zeug hält. Ich habe damit schon herrliche Schnäppchen gemacht und damit zweistellige Dividendenrenditen und Kursverdopplungen binnen Jahresfrist generiert. Wer 2000 gekauft hat, ist jetzt, mehr als 10 Jahre später, immer noch im roten Bereich. Das macht nicht wirklich Freude.

Reinhard

11 Jahre zuvor

Hallo Reinhard,

Deine Strategie ist großartig. Wenn Panik herrscht, zuzugreifen ist genial.

Was hat es aber für einen Sinn, wenn eine Frau (sie ist Ende 50 Jahre alt) 300.000 Dollar auf dem Girokonto ohne Verzinsung hortet? Sie hat Angst das Geld anzufassen – nach dem Desaster an der Börse ist das fast schon verständlich.

Das “verlorene Jahrzehnt” war außergewöhnlich. Dies als Beispiel für ein sinnloses Investieren anzuführen, eignet sich wohl nur in Ausnahmefällen.

Eigentlich sehe ich die Zukunft optimistisch. Die Weltwirtschaftskrise wütete vor kurzem noch. Viele Firmen trieb die Krise in den Ruin. Ein Millionenheer
von Arbeitslosen ist auf der Suche nach einer Zukunft.

Die Stunde zum Investieren für Anleger mit langem Atem ist aus meiner Sicht gekommen.

Best,
Tim

Hans-Joachim Brade
11 Jahre zuvor

Hallo Tim,

Deinen Blog finde ich großartig. Hin und wieder lese ich so manchen Beitrag.

Chevron habe ich vor ein paar Monaten zu 83 Euro nachgekauft und die Aktie fiel noch auf unter 80 Euro. Na und, inzwischen stehen wir bei über 90 Euro.

Es währe eine Freude, würde sie um 50 % fallen, was ich auch nicht glaube. Ich werde dann auch nicht verkaufen, sondern nachkaufen. Denn so billig werde ich wohl kaum zum nachkaufen kommen. Vielleicht in vielen Jahren, aber zu einem höheren Preis.
Wenn Qualitätsaktien fallen so ist das immer ein schlechtes Zeichen, aber ein sehr gutes zum Nachkaufen.

Noch einen schönen Sonntag
Hans

ZaVodou
11 Jahre zuvor

@Tim
Zitat: “Die Zeit ist immer ideal, um starke profitable Marktführer zu kaufen. Abzuwarten ist ein Fehler.”
Das glaube ich eben nicht. Es muss nämlich auch der Preis stimmen.

Gerade zur Zeit mache ich mir Gedanken, ob ich kaufen soll oder ob ich noch auf einen Rücksetzer warten soll. Die Masse an Geld, die da in den Markt gepumpt wird, spricht eigentlich ganz klar für kaufen. Wenn ich aber lese, dass gerade ein Warren Buffett und ein Phil Town aus dem Markt eher raus gehen, habe ich meine Zweifel, ob das wirklich der richtige Zeitpunkt zum Kaufen ist.

@ Reinhard
Ich habe mich schon öfters gefragt, wie machen das die Erfolgreichen an der Börse. Was ist deren Geheimnis des Erfolges? Mein Ergebnis: Deine Vorgehensweise!
Im Vorfeld abklären, welche Aktien ich habe möchte und wenn es kracht in diese Aktien massiv einsteigen.
Gerade diese Geduld aufzubringen ist aber sehr sehr schwer.

11 Jahre zuvor

@ Hans-Joachim Brade

prima. Wer Buffetts Strategie unter die Lupe nimmt, der stellt fest, dem Genie ist einmal ein günstiger Preis wichtig (Value) und ein langfristiger guter Gewinntrend (Erfolg).

Beides trifft auf Chevron zu. Übrigens fallen die anderen großen Ölwerten wie Exxon oder ConocoPhillips ebenfalls unter diese Kategorie.

Der Chart von Chevron ist zudem prächtig.

Anstatt auf kleine Titel oder ungewisse Turnaroundstorys zu setzen, wähle ich lieber die Giganten. Chevron ist eine meiner Aktien für die Rente.

VG
Tim

11 Jahre zuvor

@ ZaVodou

Eine Marktkorrektur kann jederzeit starten. Nur wissen wir leider nicht, ob es nun eine gibt oder nicht.

Wenn ich eine super-günstige Aktie habe, die kerngesund ist, eine schöne Dividende auskehrt, die so schnell niemand kopieren kann, ist die Zeit ideal, um zuzuschlagen. Wir hatten 10 Jahre keinerlei Perfomance im Markt, grob gesprochen gilt: “Das verlorene Jahrzehnt”.

Insofern sehe ich mehr Chancen als Risiken. Bei einem KGV von unter 7 und einer Dividendenrendite von 3,1% stellt sich mir die Frage bei Chevron: Auf was soll ich warten?

So finde ich jedenfalls meine Aktien für die Rente.

Hans
11 Jahre zuvor

Hallo Tim,

ich schreibe doch noch etwas dazu.

Du schreibst:
„Wir hatten 10 Jahre keinerlei Perfomance im Markt, grob gesprochen gilt: “Das verlorene Jahrzehnt”.“

Für wem?

Um bei Chevron zu bleiben.
Der Kurs verdoppelte sich alle 10 Jahre. Ende 1999 waren es ca. 49 USD. Und heute: über 100 USD!
Nun kann man um ein paar Dollar rummäkeln, aber warum, die Dividenden wurden ja noch gar nicht
mitgerechnet!

Und es gibt noch andere Aktien, die zwar seit 2000 nicht unbedingt 100 % zugelegt haben, aber ihre Dividende in dieser Zeit mehr als verdoppelten.

Ich kann warten und einen Knaller landen, aber vielleicht habe ich bei der richtigen Anlage mehr davon. Ich kann ja auch nachkaufen!

Ich muss ja nicht 10 Jahre warten, wie das Kaninchen vor der Schlange, vollkommen erstarrt, handlungsunfähig!

Hans

11 Jahre zuvor

@ Hans

Das “verlorene Jahrzehnt” bezog sich auf den Aktienmarkt insgesamt. Diese Floskel wird immer für eine Weltfinanzkrise benutzt.

Chevron hat sich in der Tat gigantisch entwickelt. Der Kurs marschiert von einem Allzeithoch zum nächsten.

Für mich ist das eine Dividendenmaschine. Ich glaube: Je länger ich hier investiert bin, desto besser.

VG
Tim

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