Wie der Lemming in die Mausefalle tappt

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Mein Foto zeigt eine “Weiße Eule”, die gerne Lemminge frisst. Das Foto machte ich im Viernheimer Vogelpark (Südhessen). Mehr zur Schnee-Eule finden Sie bei Wikipedia.
Heute stelle ich Ihnen kurz vor, was für den klassischen Value Investoren wichtig ist. Ich blicke auf Stars wie John Templeton, Warren Buffett, Seth Klarman oder Leon Cooperman. Ihr oberstes Ziel ist: Das Risiko zu meiden. Es ist ihnen viel wichtiger, ihr Kapital zu erhalten, als irgendwelchen exotischen Renditen hinterher zu jagen. Die Masse macht das Gegenteil: Die blendet vor lauter Gier die Gefahren aus und sieht nur die Chance.
Einige Direktbanken spielen in der Werbung gerne mit den Gefühlen und Träumen der Menschen. Sie gaukeln ihnen vor, mit irgendwelchen Instrumenten den Markt besiegen zu können. Dabei ist das gar nicht einfach. Von den Risiken, Steuern und Kosten wird ungern gesprochen. Ohnehin hat die Masse ein bitteres Kernproblem: Sie kauft teuer, die Smarten kaufen billig.
Die Value-Stars haben die Gabe, extrem diszipliniert zu handeln. Die Stars kaufen immer unterhalb des „inneren Werts“, den sie individuell festlegen. Sie nehmen sich unglaublich viel Zeit mit der Analyse und der Recherche. Kurzschlusshandlungen sind bei ihnen Fehlanzeige. Die Masse trifft gerne schnelle Entscheidungen, kann kaum abwarten, das Orderknöpfen zu betätigen.
Die beste Zeit für einen Value-Jäger ist das Chaos, die Krise, der Crash. Das ist dann, wenn der Privatanleger völlig aufgeregt ist und seine Verluste realisiert. In diesem Moment schlägt die Stunde der Smarten. Wenn die Masse pessimistisch wird, wird der Jäger zum extremen Optimisten.
Können Sie sich noch an den Gastbeitrag von Warren Buffett in der „New York Times“ erinnern, als weltweit die Börsen zusammenkrachten? Es war im Oktober 2008. Seinerzeit rief das Genie dazu auf, Aktien zu kaufen. Sein erster Satz: “Der Finanzmarkt ist ein Sauhaufen – sowohl in den USA als auch im Ausland.” Ideal war sein Timing damals nicht, aber es war alles in allem gut. Das hat der Superinvestor gewusst und diese Erkenntnis gleich in seinem Text mit verarztet (zum untersten Kurs kommt doch eh niemand wirklich zum Zug). Buffett investierte etliche Milliarden während des Crashs. Er war zuversichtlich, unglaublich mutig. Er handelte anders als die Masse. Er vermied es, zu schwärmen. Er setzte sich keine Kursziele, sondern wollte nur abwarten.
Die Masse glaubt dagegen, den Kurs exakt vorhersagen zu können, wenn sie in der Boomphase jedem Trend hinterher rennt. Sie setzen sich Kursziele von 50 oder 100 Prozent über der aktuellen Notiz. Manchmal träumen sie von den 1.000 Prozent. Solche Ziele sind häufig völlig aus der Luft gegriffen. Sie treten in jede Mausefalle, die aufgestellt ist. Sie werden zunächst ihr eigenes Opfer, im Anschluss das Opfer eines Jägers wie Buffett.
Der Value Anleger benutzt seinen Verstand, die Lemminge lassen ihre Gefühle die Entscheidungen übernehmen.
Wenn ich mich in verschiedenen Internetforen umschaue, wird es mir mulmig, wie die Meute die Gefahren übersieht, kleinredet. Es handelt sich um das Gefühl, den schnellen Euro machen zu können. Dabei ist es nichts als eine Phantasiewelt. Es ist das reinste Spielkasino im Kopf. Es geht um heiße Spekulationen. Vor allem mögen sie Pennystocks, Biotechs, Softwareklitschen, Forschungsbuden, Explorer, ferne Länder, exotisches etc.
Wenn es am wenigsten Sinn macht, irgendwo einzusteigen, weil der Markt schon heiß gelaufen ist, greift die Meute am liebsten zu. Das war so bei der Immobilienblase in den USA im Jahr 2007. Das war so bei der Tech-Blase im Jahr 1999/2000. Wenn irgendein Asset ganz groß raus kommt, neigt der Lemming sogar zur Schuldenaufnahme. Das geht dann doppelt schief. Die Risiken geraten völlig außer Kontrolle.
Der Value-Fan schaut immer zuerst auf die Gefahren und kann eigentlich schon im Vorfeld ein Debakel erkennen. Bei Facebook und all den anderen Internet-Buden, die an die Börse strebten, war die heiße Luft zu erkennen. Man muss kein Hellseher sein, wenn eine Firma ein KGV von 100 hat. Das ist einfach ein Irrsinn. Grotesk. Ich schrieb schon vor dem Facebook-IPO extrem kritisch über das Portal von Mark Zuckerberg, als noch viele an den Erfolg des sozialen Netzwerks glaubten.
Genauso skeptisch sollten Sie bei einer extrem günstigen Bewertung sein. Wenn ein Unternehmen mit dem drei- oder vierfachen Gewinn gehandelt wird, stimmt was nicht.
Ein Value-Anleger möchte in der Regel eine schöne Dividende kassieren. Die Ausschüttung reduziert das Risiko eines Missgriffs, schließlich fließt stetig Geld zurück aufs Konto. Facebook bietet keine Dividende, keinen Aktienrückkauf. Nichts dergleichen.
Für den Value Investoren ist jede Aktie ein Teil eines Unternehmens. Für den Zocker handelt es sich um einen Jeton (Spielchip) im Kasino. Wer am Pokertisch sitzt, der wird irgendwann ganz große Summen verlieren.
Blind den Emotionen zu folgen, ohne den Verstand einzusetzen, führt immer ins Verderben. Der Zocker ist geboren, zu verlieren.
Wer den Traum hat, den Markt um Meilen schlagen zu können, der wird auf die Nase fallen. Die Transaktionskosten, Steuern, Fehlgriffe fressen alles auf, was aufgefressen werden kann. Dieser Prozess des Verlierens geht solange weiter, bis entweder die Raison eintritt oder aber das gesamte Geld (Jeton) weg ist. Wenn die Maus in der Falle sitzt, ist das ein gefundenes Fressen für den Jäger. Ich bin auch schon in Fallen getreten. Ich weiß, wie es ist.

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Mario
11 Jahre zuvor

Hallo Tim,

meine Einstellung und Erfahrung ist es, niemanden zu bevormunden. Man wird Menschen nur selten warnen und zu anderen Handlungen bewegen können. Hier ist nicht nur das Trading gemeint. Nur die gesammelten Erfahrungen lassen den Menschen irgendwann (vielleicht) vernünftig handeln.

Sie als Journalist schauen mit Sicherheit eine Menge Internetforen an. Ich hingegen habe nicht mal eine Hand voll von Seiten (außer Firmenseiten) die ich regelmäßig besuche. Daraus ziehe ich meine Schlüsse und versuche mich zu orientieren. Da mein Ansatz das Kaufen und Halten von Aktien ist, interessieren mich nicht einmal die Verluste der Vergangenheit. Auch ich habe z. B. die Commerzbank im Portfolio. Sie rangiert immer noch im Verlust. Allerdings nicht mehr mit über 35 %. Ist jedoch egal. Wenn ich den Kursverlauf sehe und mir denke (wissen kann ich es nicht, ich bin kein Entscheider in der Firma), dass die Firma noch in 40 Jahren existiert war es ein guter Zeitpunkt um nachzukaufen.

Deshalb kann man aufklären, aber nicht versuchen seine Meinung anderen aufzudrücken. Das werden Sie leider selbst nicht bei Ihren nächsten Freunde und Bekannten schaffen. Warren Buffet hat auf Partys, wo er eingeladen war, nur in einem Sessel gesessen und erzählt. Irgendwann setzten sich die Leute zu ihm und klebten an seinen Lippen. So steht es jedenfalls in seiner Biographie die ich gelesen habe. Ich habe es längst aufgegeben andere zu bevormunden. Erklären Sie anderen Menschen wie gut Sport für die Gesundheit ist. Sie werden es wissen, weil es täglich in den Medien und medizinischen Aussagen steht. Aber wenn Sie sehen wie viele Menschen in die Apotheke rennen und diese Produkte kaufen, um z. B. abzunehmen ist es schon verrückt. Allerdings nicht für den der Aktien von Pfizer und anderen Pharmaunternehmen hält. Alles hat zwei Seiten. Also lassen Sie die Leute Ihre Verluste schreiben, denn das sind die Gewinne von Leuten wie Warren Buffet (wie Sie oben geschrieben haben) und hoffentlich von Ihnen, anderen in Ihrem Forum und für mich.

Mario

11 Jahre zuvor

Hallo Mario,
ja klar. Das ist meine Absicht. Ich möchte niemanden bevormunden. Ich bin froh um die Trader, Zocker und Trend-Fans.
Diesen Blog lesen nicht viele. Das sind vielleicht 4 Leute am Tag. Oder ein paar mehr. Die wenigsten sind Value-Anhänger. Wenn alle Value Fans wären, würde die Strategie ja nicht mehr funktionieren.

Viele Grüße
Tim

Olli
11 Jahre zuvor

Hallo Tim!

Die vier knauserigen Leser sind aber denfinitiv Understatement – da gibt es bestimmt mehr richtige Value-Fans, die Tim Schäfer und seine Gedanken, Ideen, Vorstellungen und wohlgemeinten Hinweise verstehen, lesen und leben.

Eine ganz andere Sache noch in diesem Zusammenhang:

In der Welt ist eine ganze Menge Geld im Umlauf! – wenn auch noch nicht im Moment (zumindest so richtig krass offentsichtlich für JEDERMANN, sprich den Laien auf der Straße) sichtbar, scheint mir ein Anstieg der Inflationsrate doch irgendwie immer wahrscheinlicher.

Nun habe ich tolle Value-Aktien in meinem Depot, rechne mit steigenden Dividenden … und fühle mich auch recht sicher. Bald werden wir aber bestimmt die tollen Bankprospekte mit allerlei bunten Inflationsprodukten vor die Nase gehalten bekommen. Gibt es schon jetzt eine nette Idee (ausser Aktien, Immobilien, inflationsgeschützten Anleihen und dergl.), um mich auf eine stark steigende Inflation in etwa zwei bis drei Jahren einzustellen?

Viel Erfolg wünscht
Olli

Frank
11 Jahre zuvor

Hallo,
natürlich muß jeder seine eigenen Fehler machen, irgendwann aber ist man so weit mal zu schauen, wer beim Spiel auf lange Sicht erfolgreich ist und war. Dann kommt man auf die Idee zu sehen daß das zwar alte Männer sind die Geld verdienen (alt ist eben nicht immer dumm,dement,altmodisch…)denn nur die erfolgreichen werden im Anlagegeschäft auch alt, die kurzfristig erfolgreichen werden in der schnellen Geldanlagewelt ganz schnell wegevolutioniert.
Mein Fazit: Eigene Gedanken machen, aber akzeptieren daß es deutlich erfolgreichere Menschen gibt als man selbst ist und dann mal hinschauen wie die das machen.Nur weil diese Leute nicht twittern oder jeden Scheiß fotografieren und gleich auf Facebook hochladen heißt das nicht daß sie geistig minderbemittelt sind. Meist ist es andersrum
Frank

11 Jahre zuvor

@Olli

Leider versteht der Laie nicht, wie das mit den Aktien am besten funktioniert. Dabei hat der kleine Mann die besten Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein. Schade eigentlich.

11 Jahre zuvor

@ Frank.

Ja, ich stimme zu. Meist ist der langweiligste Manager der bessere.

VG
Tim

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