Nach der Wahl: Dow Jones stürzt um 929 Punkte in zwei Tagen ab

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Nach der historischen Wahl Barack Obamas zum ersten schwarzen Präsidenten der USA kam die Wall Street ins Straucheln. Am Mittwoch und Donnerstag verlor der Dow-Jones-Index alles in allem fast zehn Prozent oder 929 Punkte. Das war der stärkste Kursverlust binnen zweier Tage seit Oktober 1987. Aber Sie sollten das nicht überbewerten. Der Kursrutsch hat nichts mit der neuen politischen Ära zu tun. Nein, wir stecken inmitten einer der schwersten Krisen und einer Rezession. Jedes fünfte Haus steht unter Wasser, sprich die Schulden liegen höher als der Wert der Immobilie.
Die Arbeitslosigkeit steigt dramatisch. Die Arbeitslosenquote weitete sich seit Januar von 4,9 auf zuletzt 6,5 Prozent aus. Schon die Acht-Prozent-Marke sehen Experten in einigen Monaten fallen. Im Oktober gingen allein 240.000 Jobs verloren.
Problem ist, dass viele Menschen die Geduld verlieren, panisch reagieren und ihre Aktien mitten in der Krise auf den Markt schmeißen. Traurig auch, dass immer mehr Menschen sich das Leben nehmen. Die Verzweiflung ist groß. Manch einer sieht keinen Ausweg mehr. Wer in der Finanzindustrie derzeit seinen Job verliert, hat freilich geringe Chancen auf eine Neuanstellung bei einem anderen Haus. Nahezu jeder Finanzdienstleister baut Personal ab und senkt die Kosten.
Gerade haben die Behörden aufgrund eines Autopsieberichts den Selbstmord des Bear-Stearns-Managers Berry Fox bestätigt. Wie das Wall Street Journal in seiner gestrigen Ausgabe berichtet, nahm sich der führende Manager der Research-Abteilung am 23. Mai das Leben. Zunächst schluckte der 51-jährige einen Medikamentencocktail. Als die Pillen ihre Wirkung nicht wie gewünscht entfalteten, sprang er vom Balkon im 29. Stock seines Appartements. Er hatte in den Tagen zuvor erfahren, dass nach dem Kollaps seiner Bank und der anschließenden Übernahme durch JP Morgan ihm kein Job mehr angeboten wird. Mehr als die Hälfte der 14.000 Bear-Stearns-Beschäftigten verloren ihren Arbeitsplatz bei dieser Transaktion.
Anfang Oktober nahm sich in Los Angeles ein arbeitsloser Manager aus dem Finanzsektor das Leben, nachdem er zuvor seine Familie umgebracht hatte. Zwei Wochen zuvor hatte sich ein Futures-Trader in Chicago erschossen.
Bankvorstände stopften sich dagegen die Taschen voll. Im September ging bekanntlich die Investmentbank Lehman Brothers pleite. Krass ist, dass Lehman-Chef Richard Fuld seit seinem Antritt im Jahr 2000 bis zum Untergang sage und schreibe 484 Millionen Dollar verdiente. Es ist das Geld der Aktionäre, das sich Leute wie Fuld genehmigten. Eine halbe Milliarde Dollar – das ist an Raffgier kaum zu überbieten. Bei Countrywide, einem der größten Subprime-Hypothekenanbieter gab es ebenfalls Verwerfungen. Kurz zum Hintergrund: Als die Bank in die Bredouille geriet, übernahm die Bank of America den angeschlagenen Anbieter. Nur so konnte vermutlich die Pleite verhindert werden. Countrywide-Gründer und -Chef Angelo Mozilo hat indes trotz der Schieflage seine Schäflein ins Trockene gebracht. Er verkloppte Aktienpakte im Wert von mehr als 400 Millionen Dollar. Die meisten der Anteilsscheine schmiss er zu Höchstkursen aus seinem Depot. Er bekam den Hals offenbar nicht voll, muss die Probleme gesehen haben, sonst hätte er die Aktien behalten.
In New York rechnen unterdessen Immobilienmakler mit einem starken Verfall der Wohnungspreise. Sowohl die Mieten als auch die Verkaufspreise dürften ins Rutschen kommen. Wer seinen Job in der Finanzmetropole verliert, verlässt in der Regel zügig Manhattan. Die Mieten sind derart teuer, dass es sich kaum ein Arbeitsloser auf lange Zeit leisten kann, in der Stadt zu bleiben.
Des einen Leid, des anderen Freud. Aktien sind so billig wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Von den einstigen Höchstkursen im Dow Jones vor einem Jahr liegen wir schon rund 40 Prozent tiefer. Blue Chips kriegen Sie für Kurs-Gewinn-Verhältnisse von zehn oder weniger. Wer sich jetzt eindeckt, kann auf lange Sicht eine satte Performance erzielen. Aktionäre müssen in dieser Situation lernen, geduldig zu sein. Abwarten und Tee trinken! Warten Sie, bis die Unternehmen wieder bessere Ergebnisprognosen abgeben können – eventuell ist das schon im nächsten Jahr der Fall. Geduld zahlt sich aus. Die Aktien werden wieder steigen. Der Dow Jones wird neue Rekordmarken markieren. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

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