Weltweit stehen Bank-Aktien unter Druck. Viele Aktien befinden sich nahe eines Mehrjahrestiefs, weit unterhalb des Buchwerts. Das Image ist zerstört, seitdem die Institute während der Immobilienblase in den USA ziemlich dubiose Papiere verkauft haben.
Nun drohen neue Abschreibungen auf wackelige Staatsanleihen, die sich in den Bankbilanzen türmen. Die Ratingagentur Moodys hat gerade 15 Großbanken abgestuft, nachdem die Sorgen vor neuen Risiken wachsen. Eine niedrigere Bonitäts-Note erhielt auch die Deutsche Bank.
Ich bin der Meinung, dass die Banken mittlerweile als Anlage regelrecht „gehasst“ werden. Nur so kann ich mir die mickrigen Kurse erklären. Mittel- und langfristig werden die stabilsten europäischen und amerikanischen Institute die Finanzkrise „2.0“ überstehen und gestärkt aus ihr hervorgehen.
Womöglich ist das eine herrliche Zeit für Schnäppchenjäger mit langem Zeithorizont. Ich bin trotz meiner Kritik fest davon überzeugt, dass die Deutsche Bank zu den Gewinnern der Krise zählen wird. Wenn ich mir beispielsweise die angeschlagenen spanischen oder französischen Konkurrenten anschaue, ergibt sich diese Schlussfolgerung.
Natürlich müssen die Frankfurter ihre Bilanz stärken – so wie all die anderen Häuser. Doch der Marktführer profitiert von den viel schwächeren Konkurrenten in Südeuropa. Womöglich kommt es in Europa zu einer Konsolidierungswelle – aus der wenige starke Giganten hervorgehen werden. Für die Deutsche Bank kann aus der Megakrise die Chance eines Jahrhunderts werden. Wenn Rivalen verschwinden, untergehen oder für einen Appel und ein Ei geschluckt werden, ist das zum Vorteil der führenden Häuser.
Natürlich gibt es gegenwärtig viele Fragezeichen. Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, die Konjunktur an Schwung verliert, haben immer mehr Schuldner Probleme, ihre Kredite pünktlich zu bedienen. Das schwebt wie ein Damoklesschwert über den Banken. Es bleibt die Frage: Wie werthaltig ist das Kreditportfolio? Kriegt die EU endlich die Krise in den Griff, bevor wichtige Zeit verstreicht? Gewiss, bestehen hier Gefahren.
Gleichwohl kann dieses Risiko in den niedrigen Kursen schon eingepreist sein. Die Deutsche Bank notiert über 50 Prozent unterhalb des Buchwerts.
In den USA ist die Stimmungslage zweigeteilt. Zum einen gibt es Value-Anleger, die eine einmalige Chance sehen. Zum anderen gibt es Profianleger, die vor einer Dauerkrise warnen, sie raten zur Vorsicht bei Finanztiteln, weil etliche verlustreiche Jahre drohen könnten. Was meinen Sie?
Hallo Tim,
Banken kann ich nicht richtig einschätzen, da ich nicht weiß, welche Kreditrisiken sie im Keller haben. Bei Werten wie McDonald's oder CocaCola sehe ich den Cashflow, der die Werthaltigkeit dieser Unternehmen zeigt.
Banken hingegen, sind in dieser Hinsicht für mich eine BlackBox. Umso mehr erstaunt mich, dass Warren Buffett ja eine große Zahl von Finanztiteln in seinem Portfolio hat.
Vielleicht wäre für einen antizyklischen Investor jetzt tatsächlich ein günstiger Zeitpunkt um einzusteigen.
Ich freilich habe immer noch Altlasten names citigroup in meinem Depot und warte nun schon seit 3 Jahren auf den Turnaround – bislang weitgehend vergeblich. Deshalb sind mir Banktitel zu heiß, da werden wohl, wenn sie die Eurokrise weiter zuspitzt, noch einige pleite gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Wahlkampfzeiten (Deutschland 2013) Banrettungspakete den Steuerzahler schmackhaft gemacht werden können.
Aber die US-Banken, die in die Eurokrise nicht so verstrickt sind, sollten doch allmälich wieder zurückkommen. Und eine WellsFargo ist doch ein Fels in der Brandung und damit ein Krisengewinner – oder sehe ich das falsch?
Hallo Reinhard,
das sind gute Punkte. Danke.
Auch bei den Derivaten stellen sich ja einige Fragen, die vermehren sich wie eine Seuche. Wenn es zu einem Chaos kommen sollte, wovon ich freilich nicht ausgehe, was passiert dann mit diesen gigantischen Derivate-Portfolios?
Was mich hingegen positiv stimmt, ist, dass die meisten den Untergang vor Augen haben, Moodys usw warnen.
VG
Hallo Tim!
Wenn Bank-Aktien zu heiß sind, könnte man auch über Bande spielen und über einen günstigen (Rück-)Versicherer von der Krise profitieren. Versicherungen halten viele Bankprodukte (Pfandbriefe, Anleihen), aber soviel ich weiß kaum Derivate (Warren Buffett hat bei General Re nach dem Kauf die ganzen „schlechten“ Derivate entsorgt und es als besonders schlechte Aufstellung dargestellt, ist bei anderen Versicherungen vermutlich deutlich besser). Aufgrund des ständig eingehenden Floats ist selbst im Falle mehrerer Bankenpleiten keine Insolvenz zu erwarten. Bei einer Erholung der Banken ist man aber sofort dabei.
Weitere Pluspunkt:
– langfristige Verträge mit (End-)Kunden sichern Einnahmen.
– Niedrigzinsphase führt vor allem bei Lebensversicherungen zu Konsolidierungen (Siehe Kauf-Aktivitäten der Allianz im Moment), d.h. die Großen werden profitieren.
– Aktien notieren deutlich unter Buchwert, langfristig kann es weit aufwärts gehen.
– Gelder werden zunehmend in Herkunftsländern angelegt, sodass selbst der Untergang des Euros keine langfristigen Folgen hätten.
– Niedrige Zinsen für Kunden im Lebensversicherungs-Geschäft führen zu hohen EK-Renditen, weil die erwirtschafteten Zinsen darüber liegen.
D.h. langfristig kann ich mit geringem Kapital-Einsatz hohe Erträge erwirtschaften.
Was meinst du zu der Idee?
Viele Grüße
Tobias
Hi Tobias,
Rück-Versicherer bzw. Versicherer klingen gut. Durch die „festen“ Prämieneinnahmen dürfte die Einnahmeseite ziemlich stabil sein.
Die Staatsanleihen in den Büchern können, wie von Dir ausgeführt, durchaus problematisch sein. Aber dieses Risiko ist vermutlich längst in den ausgebombten Kursen eskomptiert.
Danke für den Vorschlag. Auch die Dividenden sehen ja ganz odernlich aus. Ich stimme Dir zu, die Risiken scheinen geringer zu sein im Vergleich zu den Banken. Langfristig sind die Assekuranzen sicherlich eine gute Wahl.
VG
Tim
Hallo!
Was meint ihr wohl, warum ein Mr. Buffett so fett bei der Bank of America eingestiegen ist (bei Wells Fargo ist er ja schon länger drin, bei Goldman Sucks dagegen wieder raus,). Gerade die Bank of America dürfte einer der größten Profiteure einer Erholung des US-Immobilienmarktes sein/werden. Und diese Erholung, die man übrigens bereits erkennen kann, sieht Mr. Buffett schon. Darum wettet er neuerdings ja sogar verstärkt auf eine Erholung des US-Immobilienmarktes. Auch, aber nicht nur mit der Bank of America. Darum werde ich da auch (wieder) investieren… aber nicht nur darum!! ;)
Gruß, Sascha!
Hallo Sascha,
danke für Deinen klasse Kommentar. Ich stimme Dir zu. Ich bin sogar der Meinung, dass Goldman Sachs wieder auf die Beine kommt.
Nur gegenwärtig ist das Image stark beschädigt wegen der Subprime-Krise und der Weitergabe von Insiderinformationen durch deren AR Gupta… Aber die Stimmung wird auch hier wieder drehen.
VG
Tim
Hallo Tim!
Ebenso wie Reinhard erscheinenen mir die Risiken wenig abschätzbar. Insbesondere aufgrund von Forderungen, welche durch eingereichte Klagen gegen die Bank in Zukunft zu erfüllen sein werden.
Auch das Image der Bank hat (imho zurecht) sehr gelitten. Hier möchte ich insbesondere auf die Reportage Verzockt und Verklagt – Die Guten Geschäfte der Deutschen Bank, sowie die folgenden Artikel in der Zeit verweisen:
Ein Bombengeschäft
Die Deutsche Bank verhält sich verantwortungslos
Viele Grüße
Günter
Hallo Günter,
sehr gute Links. Danke!
Ja, ich stimme Dir zu. Die Deutsche Bank und andere Häuser haben ein verdammt schlechtes Image. Sie müssen Jahre daran arbeiten, bis es besser wird.
Im Endeffekt haben die Banken die Krise mit ihrer endlosen Zockerei ausgelöst. Sie haben den Finanzmarkt an den Abgrund gebracht. Ohne die Hilfe des Steuerzahlers würden wir heute noch vor diesem Trümmerberg stehen.
Es war die endlose Gier schuld. Die Gier von wenigen. Die haben das Desaster ausgelöst. Die Mehrheit der Banker macht, glaube ich, ordentliche Geschäfte und möchte nicht den Kunden reinlegen.
Wir brauchen daher eine gute Regulierung. Sonst jagen uns die Banker in 15 oder 20 Jahren mit ihrer Zockerei und ihren künstlichen Produkten wieder in die Luft.
Im Hinblick mit der Finanzierung von Streubomben finde ich es unverständlich, dass die Frankfurter (sofern das stimmt) diese verächtlichen Waffen unterstützen. Für mich ist das unverständlich.
Danke noch Mal für Deine Artikel, die sind echt lesenswert.
Beste Grüße
Tim
Hallo Tim!
Du hast selbstverständlich Recht damit, hier zu differenzieren. Die großen Zocker scheinen nicht wirklich etwas gelernt zu haben. Ob eine stärkere Regulierung an der Casino-Mentalität vieler Banken langfristig eine Veränderung im Denken hervorrufen wird, möchte ich stark bezweifeln. Siehe hierzu auch die folgenden interessanten Videos:
Schattenbanken
CDS
Und Exemplarisch noch zwei weitere Artikel:
JPMorgan
Trading Loss May Reach $9 Billion (Englisch)
The
Worst Big Bank on Wall Street? (Englisch)
Das liegt bedauerlicherweise daran, dass die Macht der Banken groß
genug ist, um als „Systemrelevant“ zu gelten. Gerät also eine Bank in
eine Schieflage, so darf der Steuerzahler Bluten (Verluste werden
sozialisiert). Dadurch, dass die Bank also nicht in die Insolvenz
entlassen wird, wird auch ganz automatisch der „Lerneffekt“
ausgeschaltet. Denn die Zocker bei den Banken können trotz solcher
Verluste weitermachen wie gehabt.
Daraus ergeben sich imho auch für die Zukunft erhebliche Risiken im Bankensektor. Vor der Krise ist also nach der Krise, daher sehe ich auch keinen Grund, trotz optisch günstiger Kurse in dieser Branche zu investieren. Aber das ist nur meine persönliche Ansicht, es darf natürlich jeder, der mag, Bankaktien kaufen. ;)
Du hast natürlich auch Recht, dass es durchaus viele Banker gibt, welche
versuchen, kundenorientierte Lösungen anzubieten und zu verkaufen.
Aus Sicht eines Bankkunden hört sich das merkwürdig an, aber bei den
Banken geht es doch im Privatkundengeschäft vor allem ums Verkaufen.
Genau da krankt dieses System auch, die Mitarbeiter an der „Front“
werden imho regelrecht verheizt. Diese werden ständig unter Druck
gesetzt, die Ziele zu erfüllen, welche sie „von oben verordnet“
bekommen. Damit wird viel Geld erwirtschaftet, allerdings sehen die
„Berater“ auf der untersten Ebene davon nicht wirklich etwas. Das Geld
fliesst eben nur in die Taschen der höheren Führungsebenen. Dies sind
meine eigenen Erfahrungen (und die anderer, befreundeter Banker oder
ehemaliger Banker) in verschiedensten Banken.
Unausweichlich hierbei ist meines Erachtens, dass ein Großteil der
„Beratung“ eben an den Bedürfnissen der Kunden vorbei geht, denn der
Arbeitnehmer auf unterster Ebene ist nur der „Geldeintreiber“ für die
höher gestellten Mitarbeiter. Die Interessen der Kunden sind für
viele Mitarbeiter ergo irrelevant.
Viele Grüße und ein schönes Restwochenende!
Günter
Hi Günter,
Du hast wieder einmal exzellent argumentiert. Danke!
Die Finanzbranche ist einfach zu groß geworden. Es war der zweitgrößter Sektor im S&P-500 nach der Tech-Branche, es war einfach ein zu großer Bestandteil der Wirtschaft.
Die Banken machen, glaube ich, noch immer 15% des S&P-500 gemessen an der Marktkapitalisierung aus. Das ist Geld, das den anderen Marktteilnehmern fehlt.
Anders ausgedrückt, müssten wir im Umkehrschluss die Frage stellen, ob 15% des Bruttosozialprodukts an die Banken fließt?
Was Du zurecht ansprichst, ist die Problematik mit der Systemrelevanz. Das Verrückte daran ist: Der US-Gesetzgeber hat jetzt noch mächtigere Banken geschaffen. Nach all den Fusionen kontrollieren wenige Adressen den Finanz-Welt-Handel. Ich glaube, in den USA decken 24 Banken 40% des Börsenwerts aller ab.
In Deutschland zeichnet sich auch eine massive Konzentration in der Hand weniger ab.
VG
Tim