Ich beobachte gerne umstrittene Werbung, seltsame Geschäfte, windige Versprechen. Ich gebe Ihnen vier Beispiele, die mich nachdenklich stimmen.
Erstens angebliche Heilmittel: Pülverchen und Tabletten mit angeblicher Wunderwirkung zieht der New Yorker Staatsanwalt Eric Schneiderman aus dem Verkehr. Wal-Markt und andere Einzelhändler mussten auf seine Anweisung ihre Regale räumen, weil Hersteller falsche Versprechen machen. Gewichtsabnahme, Erkältungsbekämpfung, Haarwuchs, Stärkung des Immunsystems, „Schlafe wie ein Baby“, „werde schlau“… von wegen. Statt irgendwelcher geheimnisvollen Öle oder Kräutern steckt häufig in den Pillen nur Reispulver. Oder zermahlene Zimmerpflanzen. Was für ein Witz. Vier von fünf untersuchten Pillen haben nicht die Inhalte, die Hersteller auf den Packungen versprechen.
Schlangenölverkäufern wird das Handwerk gelegt. Gut so. Es ist höchste Eisenbahn, denn die Verbraucher können kaum die Versprechen im Labor überprüfen. Es ist ein dubioses Milliardengeschäft. Ich stelle mir übrigens auch die Frage, ob homöopathische Tropfen ihr Geld wert sind.
Zweitens eine Bank. Enttäuscht bin ich von der Münchener Hypothekenbank eG. Der Firmenslogan lautet: „Die Krone der Baufinanzierung“. Ob es sich tatsächlich um die Krone handelt, sei dahingestellt. Warum bietet die Bank eine 100 Prozent Finanzierung, sprich ohne Eigenkapital, an? Das ist ziemlich brisant. Wenn sich jemand finanziell übernimmt oder der Immobilienmarkt korrigiert, wird schnell negatives Eigenkapital geschaffen. Ich finde, dieser Flyer der Bank (PDF) ist echt bedenklich.
Menschen können so zu Schuldensklaven werden.
Vor der 100-Prozent-Finanzierung warnt die Deutsche Bundesbank. Sie sorgt sich um die sogenannten „Hochausläufer“. In großen und mittleren Städten sehen die Bundesbanker in Deutschland die Hauspreise um bis zu 20 Prozent zu teuer. Die Preisübertreibungen in sieben Großstädten lagen im Jahr 2013 „sogar noch etwas darüber“.
Drittens ein Tradingsystem: Ziemlich seltsam finde ich das Versprechen des sogenannten Gorilla-Tradingsystems, das seinen Kunden täglich smarte Anweisungen gibt: Buy, Hold, Sell, Short. Das System soll ausgeklügelt sein. Bleibt zu hoffen, dass das clevere System sich für die Kunden tatsächlich auszahlt:
Viertens ein Renten-Versprechen: Dieser Finanzdienstleister verspricht seinen Kunden ziemlich viel. Ein gesichertes Einkommen im Alter, das nur steigt. Der Aufzug geht in dem TV-Werbespot nur rauf. Verlieren kann niemand. Bleibt zu hoffen, dass das wunderbare System funktioniert. Ich finde das schon etwas seltsam:
Beide Werbespots kommen im amerikanischen TV. Dass diese Anbieter einfach solche Dinge behaupten dürfen?
Zum Thema Trading, was mich stört: Mir werden hundertfach Werbebanner für Trading, Optionen, Investieren in Holz und Wälder und andere windige Strategien eingeblendet, wenn ich im Internet surfe.
Mir wurde noch nie auch nur ein Werbebanner für eine solide „Buy and Hold“- und/oder Dividenden-Strategie eingeblendet. Die Frage nach dem „Warum“ ist eigentlich überflüssig. Weil die Bank durch das lange Halten der Aktien nichts verdient. Das ist aber wahrscheinlich das beste für den Kunden.
Viele Grüße
@Tim
Hast du den Flyer auch genau gelesen? Also ich lese da:
Eigennutzung
Bis 30 Jahre garantierter Zinssatz
Also das ist doch prima! Endlich machen sie mal was vernüftiges! Kann man sofort ausrechnen ob man den Kredit bedienen wird können!
Der „Wert“ der Immobilie spielt bei Eigennutzung überhaupt keine Rolle, ist genau wie bei den Aktien, solange ich nicht verkaufen muss ist der „Wert“ relativ.
Klar kann sein dass du nach 20 Jahren die Arbeit verlierst und dann nicht mehr zahlen kannst, dann wird eben das Haus verkauft und du bekommst sogar noch relativ viel Geld raus dass du bei Arbeitslosigkeit gut brauchen kannst.
Was wäre nach 20 Jahren Miete? Da kriegst du nix und musst auch raus!
Das haben einige Läner schon lange erkannt.
@willihope
Wenn du einen Kredit auf 30 Jahre Laufzeit hast und nach 20 Jahren wegen Arbeitslosigkeit die eigengenutzte Immobilie verkaufen musst, spielt der „Wert“ auch bei Eigennutzung eine Rolle. Nämlich dann, wenn der Verkaufspreis erheblich unter dem Restkredit liegt, weil das Haus zu überteuerten Preisen erworben wurde. Je niedriger das Aktienkapital, umso höher in diesem Fall das Risiko.
Sollte natürlich „Eigenkapital“ heißen und nicht „Aktienkapital“
@georg
das Risiko für was? Bei einer Baufinanzierung geht es im Schnitt um das Thema „Bauen“. Folglich kann man das Haus nicht zu teuer kaufen. Der Hausbau kann zu teuer sein und das erworbene Grundstück wohl auch.
Das Risiko von dem du redest, ist höchstens das Risiko für die Bank und die sichert sich mit einer Versicherung, die der Kreditnehmer abschließt, wiederrum ab. Weiter hat die Bank noch die Grundschuld + das Gebäude. Selbst wenn die Immobilienpreise einen gewaltigen Abschwung erleben, hat das absolut keine Auswirkung auf dich oder was du der Bank schuldest.
Eine 100% Finanzierung ist nur kritisch, weil diese oft von Menschen beansprucht wird, die permanent über ihren finanziellen Verhältnissen leben.
Ein weiteres Risiko ist das Zinsänderungsrisiko. Die hast du vermutlich mit dem Risiko gemeint. Da die aber der Kredit eine 30jährige Zinsbindungsfrist hat, hat man dieses Risiko schon ziemlich ausgeräumt.
Problematisch ist es halt, dass man über die gesamte Laufzeit einen gewaltigen Zins zahlen muss. Bis zum Laufzeitende hat sich da ein gigantisches Sümmchen angehäuft.
Viele Grüße
@Chris
Sorry, aber das ist mir doch etwas zu blumig. @georg hat es eigentlich ganz deutlich beschrieben.
Ganz einfach gesagt, man finanziert jetzt ein Haus mit z.B. 400.000 Euro, und dann kommt ein Immo-Crash. Das Haus wäre plötzlich auf dem Papier nur noch 200.000 wert. Wenn der Bauherr jetzt liquide bleibt, dann finanziert er einfach weiter und ärgert sich nur, weil er das Haus jetzt viel billiger hätte bauen können. ABER, wenn der Bauherr leider die Finanzierung nicht weiter leisten kann (Krise bei den Immos kommt ja nicht allein, sondern mit Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit usw.), weil man arbeitslos wird, die Bank an der Pleite steht und die Forderungen eintreiben (Kredite kündigen) muss, DANN steht man blöd da.
Man bekommt sein Haus zwangsversteigert. Der Erlös ist vielleicht nur 50-70% des Verkehrswertes von 200.000, und man steht ohne Haus aber mit viel (Rest-)Schulden da, die einem bleiben. Da hilft nur noch eine Privatinsolvenz und der Anfang bei absolut NULL. Alles futsch.
Ich würde also das Thema kreditfinanzierte Immobilien schon mit etwas Respekt behandeln.
MS
@ms
Hat der mögliche Restwert etwas mit der 100% Finanzierung zu tun. Vermutlich nicht.
Du kannst auch 99% EK haben und nach einem Jahr deinen Job verlieren. Die 1% Restschuld können immer noch eine Privatinsolvenz bedeuten…
@Chris
das stimmt, es ging nicht um 100% oder nicht 100%, sondern um die Aussage:
„das Risiko für was? Bei einer Baufinanzierung geht es im Schnitt um das Thema “Bauen”. Folglich kann man das Haus nicht zu teuer kaufen.“
Ich meine nur, es spielt schon eine sehr wichtige Rolle, ob man zu normalen Zeiten normale Preise finanziert, oder eben Blasenpreise.
Nun ja, ich kann ja nicht ausschließen, dass ich falsch liege. Aber für mich käme das nie in Frage.
Aber soll jeder machen was er für richtig hält.
MS
Das Eigenheim zu 100% zu finanzieren kann durchaus Sinn machen, wenn man Anlagen hat, die deutlich mehr Rendite abwerfen als der Kredit kostet. Wenn ich 250.000 € in Aktien habe, die mir 4 % Rendite bringen, würde ich mir schon überlegen, ob ich diese verkaufe und ins Haus stecke oder lieber einen Kredit zu 1,5% aufnehmen und mit den Dividenden die Schulden bediene. Das dürfte nur bei den meisten nicht der Fall sein. Die Probleme fangen aber bei den vermieteten Immobilien an, das kann gewaltig in die Hose gehen. Ein Mietnomade und alles schöne rechnen bringt nichts mehr. Game over.
@ willihope
Ich habe den Flyer gelesen.
Ob Eigennutzung oder nicht, was passiert wenn der Eigentümer krank wird, seinen Job verliert oder umziehen muss?
Diese Form von Hypotheken (100%) sieht die Deutsche Bundesbank zurecht sehr kritisch.
@Tim
Na dann wird verkauft!
In den Ballungsräumen habe ich noch nie was von großartigen Wertverlussten gehört, die Urbanisierung hält ja unvermindert an. Ausgenommen die Subprimes, die zählen nicht!
Ausserdem rede ich ja davon dass man (möglicherweise) über seine Assets mehr ein nimmt als die Kreditkosten sind. Also zumindest ValueInvestoren sollte das klar sein. Ist eben alles eine Rechenfrage und ein Haus in der Pampa klammern wir da von vornherein aus! Würd ich auch nie kaufen denn alleine die Fahrerei ginge mir auf den Wecker. Und Abends um 20 Uhr klappen sie am Land die Gehsteige hoch! :-(
Eine Mietwohnung in der Stadt dürfte immer ihren Wert haben denn auch die Hausbesitzer die ihre Häuser verkaufen müssen brauchen ja Wohnungraum.
Nunja die deutsche Bundesbank ist kein Maßstab wie wir allein schon beim jetzigen Problem der Eurozone sehen, offensichtlich sind sie für einen Blick auf das Ganze einfach nicht in der Lage. Weiss auch nicht wieso die immer so hochgejubelt wird, sie liefert eine äusserst schlechte Arbeit ab, zumindest für die Menschen in Deutschland.
Allerdings wenn man den Wettbewerb nach unten als erstebenswertes Lebenziel sieht dann ist die Bundesbank wohl der richtige Verbündete. Nochmal 15 Jahre ohne steigende Löhne sind ja ohne weiters machbar und Deutschland steigert seinen Exportanteil dann auf 75%! Das wird Party! Für die Anleger heisst es ja: Es kracht immer wenn es keiner erwartet!