Abrechnung mit den Banken

Donnerwetter! Selten habe ich eine derart offene Abrechnung mit den Banken gelesen wie kürzlich im SPIEGEL. Autor Sven Böll kritisiert die lausige Performance der Fondsindustrie, die hohen Gebühren und den aggressive Vertrieb – am Bedarf der Kunden vorbei. Sein Fazit: Der Kunde kriegt das Fell über die Ohren gezogen, der Journalist greift freilich auf eine wissenschaftliche Untersuchung zurück. Nichtsdestotrotz ist der Artikel eine schallende Ohrfeige für die Hochfinanz. Meine Blogleser kennen die Probleme der Banken schon lange: Sie müssen ihren Kunden ständig neue Produkte verkaufen, um die Gelddruckmaschine am Laufen zu halten. Am liebsten decken die Banker ständig neue Modethemen ab. Als etwa die Börse aufgrund der Finanzkrise kollabierte, da legten sie Hunderte von Garantieprodukten auf. Als Immobilien in Europa auf einem Rekordhoch taxierten, verkloppten Sie aggressiv Immobilienfonds – die später reihenweise zusammenbrachen. Jetzt, da Gold und Silber wie verrückt nach oben laufen, werden solche Themen unters Volk gebracht. Die Masse kauft am liebsten das, was seit Jahren am Steigen ist. Eigentlich ist das ein Irrsinn. Aber so funktioniert nun mal das Geschäft. Und dann werden immense Gebühren und Provisionen reingerührt in die Produkte. Ganz nach dem Motto: Der Kunde wird das schon nicht wirklich merken. Wer versteht schon die Verkaufsprospekte mit ihren komplizierten Kostenstrukturen?
Am liebsten sparen die Deutschen mit Hilfe von Sparbüchern, Festgeldern, Versicherungen und Investmentfonds. Doch damit lässt sich kein ausreichendes Polster fürs Alter aufbauen, weil die Renditen einfach zu gering ausfallen. Man muss begrenzte Risiken eingehen, um eine ordentliche Performance erzielen zu können. Insofern bieten sich hochsolide Standardaktien als Fundament für die Altersvorsorge an. Fonds lohnen sich im Regelfall nicht! Allein der Ausgabeaufschlag kann gleich im ersten Jahr fünf bis sechs Prozent der Rendite wegfressen. Management- und Verwaltungsgebühren kommen hinzu. Eine neue Studie des Instituts für Vermögensaufbau und der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) belegt einmal mehr: Vorsicht vor den allseits beliebten Investmentfonds! Der Großteil der Fonds schneidet schlechter als deren Benchmark wie DAX oder S&P-500-Index ab.
Was ist nun die Lehre aus der hundsmiserablen Performance der Fondsindustrie? Bilden Sie Ihren eigenen Fonds. Bauen Sie ein Portfolio mit etwa 20 Aktien auf. Sie können besser als die Profis abschneiden. Sie haben nämlich weniger Kosten und mehr Geduld. Jeder Amateur, der ein paar Regeln befolgt, kann eine exzellente Rendite erzielen. Heute möchte ich Ihnen einen wichtigen Ratschlag geben, den ich schon in einem vorherigen Blogbeitrag „Psychofalle Kursverlust“ innerhalb der Anmerkungen (unten) mit meinen Lesern diskutiert hatte: Buy and Hold beziehungsweise „Kaufen und liegen lassen“ ist die beste Anlagestrategie, auch wenn immer wieder Leute das in Zweifel ziehen. Das sind die Gründe: Der Aktienmarkt hat eine Handvoll wirklich aggressive Tage im Jahr, an denen die Kurse raketenartig steigen. An diesen Tagen müssen Sie einfach dabei sein, sonst geht Ihnen zu viel Rendite durch die Lappen. Timen kann man diese Tage leider nicht. Denn wer kann schon hellsehen? Die Tage kommen überraschend. Daher sollten Sie langfristig investiert bleiben. Ohnehin steigt der Aktienmarkt seit mehr als 100 Jahren auf immer neue Rekordstände. Eine Underperformance kommt indes in Zwischenphasen vor. Das kann jedem passieren. Selbst den Super-Stars: Wer mit dem Initiator der Investmentfondsidee Sir John Templeton in dem Zeitraum von 1954 bis 1985 investierte, konnte aus 10.000 Dollar stolze 632.000 Dollar machen. Während der 31 Jahre hat die Legende Templeton in 40 Prozent der Zeit schlechter als der S&P-500-Index abgeschnitten. Aber in der übrigen Zeit hat der Meister extrem gute Renditen gemacht und seine Benchmark um Meilen übertroffen. Man weiß nie genau, wann diese Phasen eintreten. Man muss einfach dabei bleiben. In starken Unternehmen wohlgemerkt. Die erfolgreichsten Investoren haben eines gemeinsam: Sie kauften und hielten Aktien für extrem lange Phasen beziehungsweise verkauften sie nie. Das ist erwiesen: Warren Buffett, Benjamin Graham, T. Rowe Price, Philip Fisher und viele andere. Sie warten, bis sich ihre Investments verdoppeln, verdreifachen, vervierfachen oder verzehnfachen. Selbst dann verkaufen sie nicht. Warum? Die Börse ist auf lange Sicht eine wahre Gelddruckmaschine. Aktien bieten den besten Schutz vor der Inflation auf Sicht von Jahrzehnten. Was ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der beachtet werden muss? Die Steuer! Der Fiskus nimmt Ihnen einen guten Teil Ihrer schönen Gewinne weg, wenn Sie Ihre Aktien abstoßen. Bei jedem erfolgreichen Trade fallen Steuern an. Das Finanzamt ist dann ihr Partner und freut sich natürlich über Ihre Verkäufe. Wenn Sie dagegen investiert bleiben, behalten Sie die Gewinne. Sie lassen Ihre Erträge auf diesem Wege für sich weiterhin arbeiten und teilen nicht Ihr Zubrot mit dem Finanzamt. Der Zinseszinseffekt kommt so besser zum Tragen.
Liebe Leser, ich wiederhole mich mit meinen Aussagen in diesem Blog häufig. Sorry! Ich denke jedoch, dass es immanent wichtig ist zu wissen, wie Value Investing funktioniert. Es wird leider zu selten den Menschen reiner Wein eingeschenkt. Es herrscht ein großes Unwissen vor. Was mir fehlt, ist eine schonungslose Betrachtung der Fakten. Bankenkritische Stimmen wie jetzt im SPIEGEL finde ich selten. Abgesehen von der Gebührenschinderei der Fondsindustrie frage ich mich, warum nach dem Ende der Finanzkrise niemand in den Bankenetagen zur Rechenschaft gezogen worden ist. Kein Vorstand landete im Gefängnis. Dabei musste der Staat und letzten Endes der Steuerzahler das gesamte System vor dem Kollaps retten. Hin und wieder roch es nach Betrug – etwa beim Untergang von Lehman Brothers. Die Banken hatten im großen Stil Hypotheken an Leute ausgereicht, die gar nicht in der Lage waren, die Kredite jemals zurückzuzahlen. Gleichzeitig hebelten die Bankvorstände ihre Bilanzen mit einem verrückten Hebel von 20 zu 1 und mehr. Das führte ins Desaster. Wer kann schon mit einer Eigenkapitalquote von mickrigen fünf Prozent solide haushalten? Ein Wahnsinn! Risikoverrückte führten die Branche in den Ruin. Kaum ist die Krise ausgestanden, scheint dieser Überschuldungswahnsinn wieder loszugehen. Haben die Banken nicht dazugelernt? Warum auch: Wenn’s kracht, muss der Steuerzahler die Zeche zahlen. Bei aller Kritik muss anerkannt werden, dass die Banken eine wichtige Funktion erfüllen, nämlich sie versorgen die Wirtschaft und Konsumenten mit Liquidität. Und die Banken dürfen nicht zum Sündenbock für das hundsmiserable Timing der Kunden gemacht werden. Wenn nun die Masse Garantieprodukte auf einem dramatischen Tiefpunkt der Börsen wünscht, warum sollten die Banken dann nicht diesen Wunsch erfüllen?

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Hubsen
13 Jahre zuvor

Vieles wie immer richtig (z.B. teure aktiv gemangte Fonds mit begrenzten bzw. geringen Langzeiterfolgen gegenüber dem selbstgewählten Vergleichsindex – insb. nach Kosten!), 

aber einen schlüssigen Beweis, dass Buy & Hold von 20 selbstgewählten Einzelaktien bei Kleinanleger als dargestellte Alternative immer gut ausgeht fehlt leider auch – auch wie immer :-)

(und trotz der gewünschten Value-orientierung bei der Aktienwahl sind die vielen hierfür notwendigen Infos nicht für jedermann leicht erhältlich, übersichtlich irgendwo in einem Ranking angeführt -> oder doch? – wo genau?)

“Die meisten Kleinanleger verlieren an der Börse nämlich nicht Geld, weil sie nie Gewinne machen, sondern weil sie zusehen, wie die unvermeidlichen Verlustbringer diese wieder auffressen.“

Aus einem „diePresse-Artikel“ bezüglich Aktien & Risikomanagement von den von mir geschätzten Kolumnisten Hr. Urschitz – weitere Details hier: 

http://diepresse.com/home/wirtschaft/boerse/meingeld/660674/Risikomanagement_Boersenkrise-ohne-Schrecken?_vl_backlink=/home/wirtschaft/boerse/meingeld/index.do
Verlust-Erfahrungen die ich leider auch gemacht habe (Immofinanz, Meinl Europ. Land, ja sogar bei einer 2008 gekauften OMV war dies möglich, aber auch mit dem damals berühmten Templeton Value-Fonds) 

…und was macht die Fondsindustrie in so einem Fall? -> einfach die Verlust-Fonds auflösen oder umbenennen und mit anderer WP-Kennnummer versehen, damit wir die schlechte Langfristperformance nicht tracken bzw. keine Lfr.-Vergleiche anstellen können.

Übrigens verleiten diese teuren Fonds mit hohen Ausgabeaufschlägen von ca. 3-5% aus psychologischer Sicht geradezu zu dem hier so propagierten Buy & Hold!
… weil ja kaum wer nochmals den einmal verkauften Fonds später wieder – bei noch tieferen Kursen – mit vollen Ausgabeaufschlag teuer wiederkaufen möchte -> so werden Verluste lange lange ausgesessen – bis zur bitteren Bodenbildung (und oft – dann erst – viel zu spät mit großen Verlusten verkauft) – Kenne ich auch :-)

…und wer nahe den alten Markt-Höchsständen einsteigt 2001 oder 2008, dem nutzt das ganze „Cost Averaging“ nichts mehr, wenn der Markt 40% nach unten rasselt und die gute Value-Aktie 30% nach unten mitnimmt.

Da bleibt dann nur noch ein langer langer langer Atem bis das Ding wieder 50% steigt, nur um halbwegs besser als mit Bankzinssatz am Sparbuch auszusteigen. 

… und nochmals – der Aktienkurs rasselt steiler und in kürzerer Zeit nach UNTEN! (BP, Tepco .. – aber eine ähnlich umgekehrte Aufwärtsbewegung die man verpassen könnte ist gerade bei Value-Aktien sehr, sehr viel seltener zu sehen (das Unternehmen müsste da schon die bahnbrechende eierlegende Wollmilchsau erfinden oder gerade alle Hauptmitbewerber in den Konkurs getrieben haben etc.).

…und nein, die Börse ist auf lange Sicht keine Gelddruckmaschine (das scheint sie vielleicht einmal im vorigen Jahrhundert gewesen zu sein), das macht derzeit schon die FED und die EZB mit dem Kauf der (selbst)ausgegebenen (Risiko-)Staatsanleihen. Das so in den Markt gepumpte Geld sucht nach einer Veranlagung und pumpt – mangels sicherer Alternativen – auch den Aktienmarkt auf – bis das gehebelte System aus den Fugen gerät… dann geht´s wieder schneller nach unten, als man die Kursverluste tagtäglich verdauen kann – „wie langsam & mühsam gewonnen so unglaublich schnell wieder zeronnen“

wie immer 
Beste Grüße nach N.Y.!

Ihr kritischer Hubsen

13 Jahre zuvor

Danke Hubsen für den Einwand. Wie immer ist das sehr fundiert und klasse! Für Privatanleger sehe ich zwei große Problemfelder: Erstens fällt bei der Aktienauswahl auf, das viel Schrott gekauft wird. Zugegeben, ich mache auch Fehler – schlimme sogar. Zweitens hat kein Mensch an der Börse Geduld. Wenn die Deutschen ein Haus kaufen, dann schließen sie ihre Hypothek für 30 Jahre ab. Keiner kommt da ins Grübeln und sagt: Moment mal, was ist, wenn ich das Haus in sechs Monaten wieder verkaufen möchte? So sollte man auch bei Aktien handeln. Suchen, entscheiden und dabei bleiben. Kaufen Sie heute Qualitätsfirmen wie Nestle, Deutsche Bank, Microsoft, SAP, Allianz etc. – dann sollte sich das auf Sicht von 20, 30 oder 40 Jahren auszahlen. Das sind nur Beispiele! Und wenn man ein paar Flaschen im Depot hat, ist das Wurscht. Bei 20 Einzelwerten im Portfolio darf das passieren. Ein paar Mega-Aktien schneiden dafür umso besser ab. Ohnehin sollte man nicht gierig sein. Genügsamkeit ist, glaube ich, ein wichtiges Gebot an der Börse. Das verhindert nämlich die Gier. Die Gier macht blind und verleitet uns nur dazu, Fehler zu begehen. Daher gilt: Abwarten und Tee trinken.

Hubsen
13 Jahre zuvor

Hallo Tim

anbei eine gute leicht verständliche Ergänzung zu den Fondskosten von aktiven und passiv gemanagten Fonds:

Fund Picking statt Stock Picking

http://diepresse.com/home/wirtschaft/boerse/meingeld/662636/Fonds-vs-ETFs_Viel-Geld-fuer-wenig-Leistung?_vl_backlink=/home/wirtschaft/boerse/index.do

Insbesonders hier auch Tipp 3 beachten (mahnt zur notwendigen Selbstverantwortung bei der Auswahl)

..und noch ein nettes Wall Street-Sprichwort zur Börsekursentwicklung das ich gestern gelesen habe:

„stocks take the stairs up and the elevator down“

Beste Grüße nach N.Y.
Hubsen

13 Jahre zuvor

Danke Hubsen, Sie haben mal wieder einen erstklassigen Link entdeckt:http://diepresse.com/home/wirtschaft/boerse/meingeld/662636/Fonds-vs-ETFs_Viel-Geld-fuer-wenig-Leistung?_vl_backlink=/home/wirtschaft/boerse/index.do. Der Artikel bringt die Kostenproblematik auf den Punkt und zeigt, dass mit den ETFs nur Mini-Gebühren anfallen. Beste Grüße aus NYC, Tim

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