Ich stoße gerade bei jungen Menschen mit meinem „Buy and Hold“-Ansatz nach dem Grundprinzip von Warren Buffett auf Kritik. Die schauen mich an, als ob ich verrückt wäre. Auch ältere Gesprächspartner glauben, schlauer als Buffett zu sein. Sie haben die Vorstellung mit allerhand aktiven oder anderen Methoden den Markt schlagen zu können.
Ich kann viele nicht von meiner Herangehensweise überzeugen. Im Grunde ist es mir auch Wurst. Sie kennen ja den Spruch: Jeder ist seines Glückes Schmied. Wenn ich sehe, dass gute Freunde mit dem Trading anfangen, warne ich die schon. Aber was kann ich machen? Ich denke, jeder muss aus seiner eigenen Erfahrung lernen.
Warren Buffett stieß ja immer wieder in seiner Karriere auf massive Kritik. Er behielt jedoch Recht. Die Börse funktioniert nun mal am besten für diejenigen, die günstig Qualitätsfirmen erwerben und diese langfristig halten. Gute Unternehmen werfen nun mal hohe Profite ab. Diese Profite werden entweder reinvestiert (Übernahmen, Investitionen) oder ausgeschüttet (Dividenden, Aktienrückkäufe). Im Idealfall ist es ein Mix aus beiden Komponenten.
Buffett schrieb mal seinen Kritikern den Aufsatz “Die Superinvestoren von Graham und Doddsville” (The Superinvestors of Graham and Doddsville). Lesen Sie diesen Aufsatz von Buffett, er ist nicht lang. Aber phantastisch.
Die Daytrader vergleicht Buffett in dem Werk mit Menschen, die jeden Morgen aufstehen und eine Münze in die Luft werfen. Er wählt in seinem Beispiel, dass alle Amerikaner eines Morgens mit dem Münzwerfen starten. Alle, die Glück hatten (Kopf oder Zahl), kommen eine Runde weiter. Nach zehn Tagen sind noch 220.000 Menschen übrig, die alle in Folge Glück hatten. Sie haben ganze 1.000 Dollar je Person gewonnen. Nun geht das Glücksspiel in die nächste Runde: Es kommen zehn Tage hinzu. 215 Leute stehen am Ende als Sieger fest. Sie haben jeder für sich rund eine Millionen Dollar gewonnen. Die Masse hat allerdings 225 Millionen Dollar verloren. Die wenigen Gewinner rennen durch das Land, halten Vorträge, verkaufen Bücher und werden noch reicher. Sie werden reich, weil die Masse träumt und ihre Bücher wie verrückt kauft.
In den USA gibt es Anbieter von Tradingsignalen. Die verkaufen eine Software, die einem sagt, wann man Aktie x kaufen und wann man sie verkaufen soll. So ein Quatsch mit Soße.
Buffett vergleicht in seinem Aufsatz Kollegen aus alten Zeiten. Sie hatte alle für Benjamin Grahams (den Vater des Value Investings) Firma Graham-Newman Corporation zwischen 1954 und 1956 gearbeitet: Walter Schloss, Tom Knapp (Mitgründer der Investmentfirma Tweedy, Browne Partners) und Buffett selbst. Alle drei Stars fuhren über lange Zeiträume eine höhere Rendite als der S&P-500-Index in die Scheune. Kann das alles Zufall sein? Nein.
Im Anschluss führt Buffett weitere außergewöhnliche Investoren an, die besser als der Gesamtmarkt abschneiden. Alle befolgen die Methode des Value Investing. Sie meiden Risiken, kaufen unterbewertete Firmen.
Zu behaupten, Value Investing funktioniert nicht mehr, ist Blödsinn. Das funktioniert noch in 1000 Jahren. Die Börse funktioniert seit jeher so. Ein qualitativ hochwertiges Gut (oder Dienstleistung) unterhalb seines inneren Werts zu kaufen, ist einfach smart. Es zahlt sich aus. Nichts ist also anders.
Dieses Mal ist alles anders
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Hallo Tim,
ja, du hast recht, ohne wenn und aber. Ich (z.B.) habe in den Boom-Jahren bis 2000 viel Geld an den Börsen gemacht, auch und hauptsächlich durch eher kurzfristiges Trading. Damals dachte ich, dass ich es einfach drauf habe. Heute weiß ich, dass es eine seltene und besondere Situation war, in der man nicht viel falsch machen konnte. Was ich besser machte als viele andere: Ich habe die Finger vom „Neuen Markt“ gelassen und als sich abzeichnete, dass der Markt zunehmend überzockt war, habe ich Stopps in alle Positionen gelegt. Trotzdem war viel Glück dabei, das ist mir heute klar.
Tim, den Value-Gedanken habe ich verstanden und auch als richtig anerkannt (obwohl es noch die eine oder andere erfolgreiche Strategie gibt ). Aber wann steigst du mal aus? Irgendwann ist doch der Punkt erreicht, an dem klar wird, dass eine Aktie leider nicht so gut läuft oder super gelaufen ist und man will vielleicht ans Geld. Geld und Börse sind ja kein Selbstzweck. Hast du feste Ausstiegsregeln oder wie entscheidest du über den Verkauf einer Position?
Hallo Gert,
mein Depot ist für die Rente bestimmt. Ich baue dort ein passives Einkommen mit Dividenden auf. Ich versuche nach Möglichkeit, das Depot nicht umzuschichten.
Meine Standard-Werte schichte ich nicht um.
Selbst wenn ein Konzern ein flaues Jahr hat oder in die Krise gerät, bleibe ich an Bord.
Wenn ich in der Vergangenheit verkauft habe, war das in der Regel ein Fehler.
VG
Tim
Hallo Tim,
naja, so einfach mit dem Bestimmen des „inneren Wertes“ einer Firma kann das ja auch wohl auch nicht sein. Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass ein Feierabendinvestor, wie ich, wirklich den inneren Wert von sagen wir Pfizer bestimmen kann. Die beschäftigen Legionen von Buchhaltern und wissen wahrscheinlich auch erst im Nachhinein, ob die nächste Pille ein Blockbuster, sprich eine Viagra, wird oder ein Flop.
Wird der Golf VII erneut ein Verkaufsschlager oder richtet sich der Publikumsgeschmack auf ein anderes Fabrikat. Davon wird aber der zukünftige innere Wert von VW ganz entscheidend abhängen.
Ob der aktuelle Kurs diesen unbekannten zukünftigen inneren Wert reflektiert oder, ob die Aktie momentan mit Sicherheitsabstand unter Wert notiert, das kann wohl keiner ausrechnen. Insofern hat wohl auch ein Warren Buffett ofter Glück gehabt als Pech.
Wäre es berechenbar, so könnte man es tatsächlich dem Computer überlassen, welche Aktien man kauft bzw. verkauft. In Wirklichkeit gehört aber viel Bauchgefühl und ja, auch Glück dazu, um mehr gute Aktien in seinem Depot zu haben als schlechte.
mfg
Ich denke ValueInvesting und Buy&Hold sind zwei verschiedene Dinge. Buffet fährt sicher kein Buy&Hold bei einer Aktie nur weil sie die letzten 20Jahre gestiegen ist. Buffet hat sein Geld auch nicht mit einer Value Aktie gemacht. Buffet hatte damals das Glück (oder die Berechnung) die Google oder Apple Aktie seiner Zeit gekauft zu haben. Die ValueTitel heute mehren seinen Reichtum lediglich.
Ich verstehe das irgendwie nicht… wenn ich heute einen Pennystock kaufe der sich in den nächsten 20Jahren zum etablierten Valuetitel mausert, dann bin ich 2032 steinreich und der neue Papst des Valueinvesting obwohl das heute doch gar nicht meine Absicht war?! Das soll jetzt nicht auf Buffet bezogen sein (ich weiß das der keine pennystocks gekauft hat)… es ist eine ernst gemeinte Frage.
Hallo,
Tobi: Pennystocks sind so 'ne Sache.
Ich glaube, z.Z. lieber lassen, habe gerade einen Verlust realisiert. Die Bude hat Insolvenz angemeldet.
Allerdings waren Pro 7 und Infineon auch schon Pennystocks.
Kommt sicher ganz auf die Zeiten an.
Wenn ein Wert in steigenden Börsenzeiten im „freien Fall“ ist, dann scheint was faul zu sein, was meinereiner als kleiner Privatanleger nicht zu erfahren bekommt.
VG Anna
Hallo Renhard,
das sehe ich genauso. Der innere Wert ist höchst subjektiv, wird also individuell festgelegt.
Value Investing ist ja keine Wissenschaft im klassischen Sinne. Da steht, wie Du zu Recht feststellst, viel Meinung und Interpretation dahinter.
Ein Schuss Intuition gehört dazu, logisch.
@ Tobi
Der Value Investor kauft unterbewertete Firmen (sie sind nach persönlichen Massstäben unterbewertet). Das macht der Value-Jäger deshalb, weil er der Meinung ist, dass die Börse seine Aktie unterschätzt. Nach dem Einstieg wartet der Value-Fan ab, bis der innere Wert im Kurs erreicht bzw. überschritten ist. Das kann sehr lange dauern. Oder ewig. Value Anleger sind sehr geduldige Wesen. Bis sich der Trend und Bewertungen (Moden) ändern, können viele Jahre vergehen. Insofern hängt das Buy and Hold mit dem Value Investing schon irgendwo zusammen.
@ Anna
Pennystocks sind gefährlich, völlig richtig. Das oberste Gebot von Buffett: Vermeide das Risiko. Er verzichtet lieber auf Rendite, wenn er dafür das Risiko stark reduzieren kann.
VG
Tim
@Tobi
Warren Buffett behautet nicht, dass das Value-Investing der einzige Weg ist, um an der Börse Erfolg zu haben. Es ist nur der sicherste und nachhaltigste.
Richtig ist, dass Value-Investing und Buy&Hold nicht dasselbe sind. Aber der Buy&Hold-Ansatz funktioniert ausschließlich, wenn man dem Value-Investingansatz folgt. Nur wer bei guten Unternehmen zu einem günstigen Kurs einsteigt, kann mit diesen langjährig gute Renditen an der Börse einfahren. Wer sich hingegen die heißesten Growthaktien ins Depot legt, kann damit auch Erfolg haben, aber er muss sich viel stärker und häufiger um seine Anlage kümmern, will er kein Geld damit verlieren. Ein Blick auf die Langfristcharts zeigt z.B., dass eine Ebay oder eine Amazon, die seit Jahren tolle Ergebnisse einfahren, denjenigen, die sie im Jahr 2000 zu Mondpreisen gekauft haben, bsher wenig Rendite bescherten. 12 verlorene Jahre. Wer 2003 gekauft hat, liegt hingegen deutlich vorne – 9 Top-Jahre.
Auch an der Börse gilt: der Gewinn liegt im Einkauf. Du kannst dich am tollsten Unternehmen der Welte beteiligen, wenn Du zu teuer einsteigst, machste keine Rendite. Und da de Börsenkurse extremen Schwankungen unterlegen sind, muss man sich in Geduld üben. Es kommen auch Phasen, wo die Märkte stark nach unten übertreiben und DANN muss man in die Top-Unternehmen einsteigen, weil man – wie Buffett sagt – dann den Dollar für 50 Cents kaufen kann. Und das ist sein Ansatz, das ist der Grund, weshalb er seit 40 Jahren 20% pro Jahr einfährt. Oder mit dem Worten seines Partners Charlie Munger: „Jedes intelligente Investieren ist das Investieren in Werte – mehr bekommen als das, wofür Du bezahlst. Investieren ist, wenn Du wenige großartige Unternehmen findest und dann auf Deinem Hintern sitzt.“