Mensch war das ein verrückter Monat! Die Börsen sind volatil wie seit Jahren nicht mehr. Dass der DAX um fünf Prozent explodiert, kommt nicht alle Tage vor. Das Kursplus kann sich genauso schnell wieder in Luft auflösen. Warten wir es ab!
Nun zu meinem Thema des Momentum Investings: Wenn eine Aktie über Monate und Jahre hinweg wie verrückt nach oben rennt, dann hat das in der Regel einen handfesten Grund. Nehmen Sie die Aktie des Kasinobetreibers Wynn Resorts aus Las Vegas, die Aktie ist einfach bärenstark. Gute Zahlen, ein starkes Management, ein exzellenter Ausblick – wenn alle drei Faktoren zusammen kommen ist das für die Aktionäre wie ein Lottogewinn. Ähnliches ist bei der Öko-Supermarktkette Whole Foods zu beobachten. Der Chart ist einfach gigantisch. Wer in einer solchen Situation auf den fahrenden Zug springt, der verfolgt die Momentum Strategie. Oftmals kann man einen guten Schnitt machen. Allerdings muss man als Anleger rechtzeitig den Absprung schaffen. Und das ist der Casus knacksus. Aktien wie Apple oder Baidu stehen ebenfalls hoch in der Gunst der Börsianer. Entsprechend sind die Erwartungen der Analysten hoch gesteckt.
Enttäuscht ein solcher Liebling die Masse, kann das einen Kollaps auslösen. In einer Studie haben drei US-Wissenschaftler im Jahr 2006 festgestellt, dass institutionelle Anleger mit der Trendfolge-Strategie gut abschneiden, während Privatanleger meist zu spät an Bord gehen und insofern hohe Verluste erleiden. Aus diesem Grund sollten Sie bei Kursraketen extrem vorsichtig sein. Prüfen Sie am besten vor jedem Einstieg die klassischen Bewertungskennziffern wie Kurs-Buchwert-, Kurs-Gewinn- und Kurs-Umsatz-Verhältnis. Wenn die Bewertung zu ambitioniert ist, lohnt es sich nicht mehr, einer Aktie hinterherzulaufen.
In einer frühen Phase einer Klettertour kann sich hingegen der Einstieg lohnen. Besonders attraktiv finde ich Aktien, die schwer abgestürzt sind und nach einer Ausverkaufswelle über mehrere Monate hinweg seitwärts gelaufen sind. Achten Sie darauf, dass Sie einen Boden im Chart erkennen können, sonst können Sie in ein fallendes Messer greifen. Eine sogenannte „Value Falle“ beziehungsweise ein „Value Trap“ kann lauern. Was nichts anderes bedeutet als: Nur weil eine Aktie massiv gefallen ist, heisst das noch lange nicht, dass das Papier günstig ist.
Eine herrliche Chance konnten Sie beispielsweise bei dem einstigen Emporkömmling Crocs beobachten. Nach dem Börsengang schoss die Nasdaq-Aktie auf immer neue Höchstkurse. Die Krokodil-Schuhe waren in aller Munde. Bis die Führungsspitze des Kunststoffsandalen-Herstellers in zu viele Länder mit zu vielen Fabriken expandiert war. Die Kosten gerieten außer Rand und Band. Plötzlich begann zudem, die Nachfrage zu sinken. Ein Chaos und blutrote Zahlen waren die Folge. Nach einer Rosskur gelang die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Der Kurs erholte sich. Ich riet im Juni 2009 zum Einstieg. Seinerzeit lag die Crocs-Notiz bei 2,61 Euro. Im vergangenen Sommer schoss der Titel bis auf 21 Euro. Mit anderen Worten legte die Aktie um 700 Prozent zu.
Dass eine solche Performance damals möglich war, konnte natürlich niemand wissen. Ich stufte allerdings das Risiko als begrenzt ein, weil der Kurs im Jahr 2007 schon bei 50 Euro lag. Und damit 95 Prozent seit dem Rekordhoch verloren hatte. Insofern schien mir das Kurs-Risiko begrenzt. Zumal der Trend längst wieder nach oben zeigte.
Ich möchte mich hier nicht beweihräuchern. Mir sind selbstverständlich auch viele Missgeschicke unterlaufen. Über diese Missgriffe schreibe ich besser nicht. So viel Platz ist hier nicht. Aber was ich über all die Jahre als Börsenjournalist gelernt habe, möchte ich Ihnen heute mit auf den Weg geben: Schauen Sie sich einstige Aktienlieblinge an, die brutal abgestürzt sind. Hat ein Kurs nach einer heftigen Ausverkaufswelle endlich einen Boden ausgebildet und dauerte diese Seitwärtsbewegung über mehrere Monate, dann sollten Sie die Aktie unter die Lupe nehmen. Gut möglich, dass hier eine kräftige Erholung bevorsteht. Manchmal können solche ausgebombten Titel wieder an die alten Höchstmarken anknüpfen. Möglich ist alles.
Crocs hat übrigens vor wenigen Tagen enttäuscht, die Aktie stürzte daraufhin an einem Tag um sage und schreibe 39 Prozent ab. Es gibt im S&P-1500-Index nur 26 Aktien, die an einem einzigen Tag um mehr als 30 Prozent gefallen sind in den zurückliegenden zwei Jahren. Das zeigt Ihnen: So schnell kann sich der Wind drehen. Freilich liegt die aktuelle Crocs-Notiz noch immer um ein Vielfaches über dem Kursniveau des Jahrs 2009.
Merken Sie sich an der Börse folgenden Spruch: Wer hoch steigt, kann tief fallen. Das sehen Sie schön an einstigen Lieblingen der Masse wie Netflix, dem DVD-Verleiher, der von 300 auf jetzt 80 Dollar eingebrochen ist. Vielleicht kommt es bei Netflix bald zur Bodenbildung? Über die Momentum Strategie schrieb ich schon einmal in diesem Blog.
Vorsicht vor Kursraketen: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel
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Hallo Tim,
so eine ähnliche Situation hat die Aktie von Solarworld erlebt. Eigentlich ein Grundsolides Unternehmen. Wurde meiner Meinung zu sehr abgestraft. Sieht aus als wenn eine Erholung ansteht. Wie siehst du das tim?
Gruß
Gennaro
Hi gennaro, das klingt ja ganz interessant.
Ich denke, es ist besser, wenn sich so ein Chart erst mal 3 bis 6 Monate seitwärts entwickelt. Auch würde ich mir die Quartalszahlen und Bilanz genau ansehen. Ich habe das jetzt nicht für diese Aktie gemacht, insofern kann ich mir kein Urteil erlauben. Beste Grüße