Trotz aller Sorgen: 2012 wird ein gutes Börsenjahr

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Nun ist also das Jahr 2011 rum. Der S&P-500-Index hat sich auf Gesamtjahressicht nicht vom Fleck bewegt. Beim DAX kam es sogar zu einer Korrektur von 15 Prozent. Nach einer solchen Hängepartie sind die Chancen natürlich für das laufende Jahr und darüber hinaus gut. Klar gibt es jede Menge Probleme. Unsere europäische Gemeinschaftswährung kann zusammenbrechen. Griechenland kann kollabieren. Im Nahen Osten knistert es mal wieder. Scheinbar überall kriselt es.
Aber alles in allem rechne ich nicht mehr mit schweren Kriegseinsätzen oder Mega-Pleiten a la Lehman Brothers. Die Regierungen rund um den Globus haben dazugelernt. So einen Konkurs wie vor drei Jahren mit der New Yorker Investmentbank darf und wird es nicht mehr geben. Das wäre die reinste Selbstzerstörung und es bestünde in einem solchen Fall die Gefahr, dass eine Panik unter den Menschen ausbricht. Das gilt es, zu vermeiden. Insofern stimme ich nicht mit den extremen Pessimisten überein, die ein solches Horrorszenario prophezeien.
In solchen Phasen, wie wir sie gerade durchleben, in denen die Menschen Angst um ihr Geld haben, funktioniert das Value Investing am besten. Denn die Anleger projizieren ihre gegenwärtigen Ängste in die Zukunft. Sie gehen davon aus, dass die Probleme weiterhin bestehen bleiben. Also ist im Umkehrschluss ein konträrer Ausblick angebracht: Ein positiver! Wer mit der Horde rennt, der kann kaum außergewöhnliche Renditen erzielen. Denn die Masse macht immer das Falsche. Die Masse ist einfach so programmiert, immer ins Klo zu greifen. Kurzum, folgen Sie am besten den sogenannten Contrarian-Anlegern.
In der „New York Times“ fand ich kürzlich einen guten Artikel über Fondsmanager Bill Miller. Er verabschiedete sich vor einem Monat bei Legg Mason Value Trust, wo er einen Value Fonds verwaltete, der 15 Jahre lang in Folge besser als der S&P 500 abschnitt. Der Schnäppchenjäger geht in seinen wohlverdienten Ruhestand. Value-Star Bill Miller machte 2008 den Fehler, zu früh in die Banken investiert zu haben. Er wurde auf dem falschen Fuss erwischt. Mir unterlief übrigens der gleiche Fehler.
Wie Sie wissen, kollabierten die Banken seither ununterbrochen. Auf immer neue Mehrjahrestiefs. Diese Schwindsucht hält bis zum heutigen Tag an. Schauen Sie sich nur die ausgehungerten Kurse von der Bank of America oder Commerzbank an. Sie sitzen knietief in Problemen. Der Abschreibungsbedarf ist bei manchen Playern offenbar so groß, dass auf einen Schlag das gesamte Eigenkapital weggefressen sein kann.
Was mit anderen Worten das Aus bedeuten würde. Daher müssen die angeschlagenen Institute jetzt das Kapital erhöhen, die Kapitalmärkte oder die Regierung für frische Mittel anzapfen. Am Donnerstag zogen die Bankaktien indes sehr zur Verwunderung aller an der Wall Street kräftig an, während in Deutschland die Bank-Titel in den Keller rauschten. Ein Totalausfall ist indes ziemlich unwahrscheinlich. Nach dem Lehman-Untergang wird keine westliche Regierung mehr einen solchen Kollaps erlauben. Das könnte nämlich eine Panik auslösen.
Im Nachhinein ist es natürlich einfach zu sagen: Mensch, den Bank-Kollaps hätte doch der Bill Miller sehen müssen. So einfach ist es eben nicht. Damals konnte man das Ausmaß der Probleme nicht erkennen. Es lag im Verborgenen. Die Bankbilanzen zu verstehen, ist ohnehin kaum möglich. Woher wollen Sie wissen, an wen die Banken ihr Geld leihen und ob all diese Kreditnehmer immer brav ihre Zinsen Monat für Monat bezahlen?
Die Banken haben die Krise im Kern verursacht, weil sie in den USA den Immobilienmarkt aufgeblasen haben, und zwar ohne Ende. Es ist so, als ob Sie in einen Luftballon unentwegt Luft hinein pumpen – ohne zu sehen, dass der Ballon irgendwann explodieren muss. Die Krönung des Ganzen war: Die Banken haben aus all den wertlosen Hypotheken künstliche Anlageprodukte geschaffen. Die ganze Finanzindustrie boomte dank des Handels mit diesen wertlosen Papieren im Wert von zig Billion. Es war wie zu den Zeiten des holländischen Tulpen-Wahns.
Die Wall Street schuf also aus dem einen Ballon (Häuser mit zu hohen Hypotheken) viele weitere Ballons. Frankfurt, London, Tokyo und andere machten bei diesem verrückten Spiel mit. In der Spitze speisten sich die erwirtschafteten Ergebnisse aus dem S&P-500-Index zu einem Gutteil aus der Finanzindustrie. Das Bruttoinlandsprodukt vieler Länder kletterte jahrelang dank dieser Luftnummern auf immer neue Höhen. Es entstand ein riesiges Spielkasino und hat am Ende fast eine Panik unter den Menschen ausgelöst. Wir standen kurz vor dem absoluten Chaos. Vergleichbar mit der Situation vor einem Jahrhundert in den 1920er/30er Jahren.
Wenn Sie mich fragen: Ich hätte alle Bank-Manager, die an diesem gigantischen Betrugssystem beteiligt waren, allesamt aus dem Amt geworfen. Warum die Aktionäre nicht Sturm laufen, frage ich mich. Die Nieten in Nadelstreifen kassieren Millionengehälter inklusive Boni, verkaufen munter ihre Aktien und tun so, als ob die anderen an der Miesere schuld sind. Wie kann es angehen, dass die Steuerzahler für diesen Betrug jetzt gerade stehen müssen und gleichzeitig einige der alt gedienten Bankvorstände nach wie vor auf ihren Stühlen kleben? Oder im Aufsichtsrat thronen? Es ist ein Neuanfang bitter nötig. Ein Hindernis sind die verkrusteten Strukturen der Führungselite, die sich gegenseitig Jobs zuschanzen.
Wenn der Aktienkurs 80 oder gar 90 Prozent gegenüber dem Hoch verloren hat, haben Vorstand und Aufsichtsrat jegliches Vertrauen verspielt. Das ist jedenfalls meine Meinung.
Zurück zur Anlagestrategie für 2012: Ich höre auf Altstars wie Bill Miller. Er sagt: Der US-Markt notiert bei einem sehr moderaten KGV von 12,5. Alle negativen Meldungen seien längst in den Kursen eingepreist. Auch eine Rezession. Und politische Blockaden in Washington sowie Europa. Ob das schlimmste Chaos eskomptiert ist? Nein. Aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist ja gering. Es besteht, das gebe ich zu, immer ein gewisses Restrisiko. Das können Sie an der Börse nie ausschließen. Damit müssen Sie lernen, zu leben.
Zum Schluss zwei Zitate von Bill Miller:
One hundred percent of a companys information reflects its past while 100 percent of its value reflects its future.
Übersetzt heißt das so viel wie: 100 Prozent der Informationen einer Firma speisen sich aus der Vergangenheit, während der Wert des Unternehmens zu 100 Prozent von der Zukunft bestimmt wird.
The biggest opportunity for investors is really thinking out longer term.
Die größte Chance für Anleger ist in der Tat langfristig zu denken.

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12 Jahre zuvor

Hallo Tim,

ich stimme Ihnen zu, dass die Bewertung vieler Aktienindizes derzeit recht günstig sind, auch die Stimmung ist insgesamt skeptisch, erst recht bei Kleinanlegern. Das spricht für ein gutes Börsenjahr.

Schaut man sich die Aktien-Charts in Europa und Asien an, dann befinden sie sich in den letzten Monaten von 2011 – noch richtungssuchend – in einer Konsolidierungsphase (z.B. Euro Stoxx, DAX, CAC oder Hang Seng). D.h. nach dem “Dahindümpeln” wird es bald mit recht hoher Wahrscheinlichkeit einen neuen Trend geben. Ob nach oben oder unten lässt sich noch nicht sicher sagen (im Wochenchart liegen die meisten Charts (außer den US-Indizes) unter dem gleitenden Durchschnitt der 100 Wochen-Linie).

Interessant wird auch, ob die Outperformance der US-Indizes bei Ihnen gegenüber Europa und Asien noch andauern wird oder ob sich das Blatt im Laufe des Jahres wendet.

Beste Grüße aus Berlin
Lars Hattwig

PS: Machen Sie weiter so mit Ihrem sehr interessanten Blog!

12 Jahre zuvor

Hi Lars,

danke für Ihren Kommentar. Ja, leider wissen wir nicht, wohin sich die Kurse kurzfristig bewegen. Nur langfristig, sprich auf Sicht von Jahrzehnten wissen wir, dass die Aktienindizes nach oben laufen. Das macht der Dow Jones seit mehr als hundert Jahren so. 1899 startete der Dow Jones bei 50 Zählern. Heute stehen wir bei rund 12.000.

Und der DAX klettert ebenfalls seit Jahrzehnten: Der Startpunkt war 1987 bei 1.000 Punkten. Derzeit stehen wir bei 6000.

Aus dem Grund macht es meiner Meinung nach Sinn langfristig zu handeln. Wer kurzfristig handelt, kann viele Fehler machen.

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