Im Mai 2010 erschütterte der Flash Crash die Börse. Der Aktienmarkt brach in wenigen Minuten um neun Prozent ein, ohne dass es erklärbare Gründe gab. Einzelne Aktien verloren viel mehr. Zum Beispiel rauschte der Konsumgüterhersteller Procter & Gamble, eines der stabilsten Konzerne der Welt, binnen Minuten um 36 Prozent in die Tiefe.
Moment mal. Überlegen Sie: Procter & Gamble wurde 1837 gegründet, beschäftigt 140.000 Mitarbeiter in 80 Ländern. Und dieser Kurs schmiert auf die Schnelle um 36 Prozent ab. Unvorstellbar. Das ging alles blitzschnell über die Bühne.
Wer eine Stop-Loss-Order bei seiner Depotbank aufgegeben hatte, wurde abgesäbelt, hinausgeworfen aus einem der stärksten Unternehmen der Welt mit einem blutroten Verlust. Clevere Value-Jäger konnten sich zu Schnäppchenpreisen eindecken. Andere Weltkonzerne wie 3M gab es ebenfalls im Schlussverkauf.
Das zeigt, wie gefährlich diese Stop-Loss-Dinger sind. Sie sind eigentlich keine Absicherung, sondern eine Gefahr.
Es ist der berühmte Dominoeffekt. Fällt ein Dominostein, fallen alle andere auch.
Während eines Crashes macht das Kaufen und nicht das Verkaufen Sinn. Die Stop-Loss-Dinger sind ein absurdes System.
Wer verkloppt sein Haus auf die Schnelle, wenn gerade der gehasste Nachbar ein beschießenes Angebot in einem fürchterlichen Umfeld auf den Tisch legt? Wohl niemand.
In den USA gibt es zwölf Millionen Hauseigentümer, die unter Wasser sind. Sprich deren Hypothek überragt den Wert ihres Eigenheims. Sie warten einfach geduldig ab, bis sich der Preis wieder erholt hat. Das ist smart. Schnell seine Assets unter Wert zu verkloppen, ist irgendwie bescheuert.
An der Börse machen aber genau das Millionen von Anlegern. Sie haben keine langfristige Perspektive, sie agieren wie Zocker und fallen ständig auf die Nase (die meisten jedenfalls).
Kürzlich wurde die Nasdaq für drei Stunden abgeschaltet. Die Kurse spielten mal wieder verrückt. Von einem solchen Kurschaos geht eine Gefahr aus. Der Hochfrequenzhandel kann eine weltweite Panik auslösen. Dann gilt es, zuzuschlagen und nicht sorgenvoll zu verkaufen.
Angesichts der verrückt spielenden Börse rate ich davon ab, Stop-Loss-Orders abzugeben.
Sie kennen ja den Spruch „Buy Low, Sell High“. Viele machen exakt das Gegenteil. Sie kaufen auf einem Top und verkaufen tief unten. Irre. So kompliziert ist die Börse doch nicht. Die Herde scheint Tomaten auf den Augen zu haben. Oder sehe ich das falsch?
(Foto aus dem Film “Wall Street: Money Never Sleeps”. Twentieth Century Fox Film)
Mit Stop – Limit gibt es doch eine gute Alternative. Die Gefahr, dass mich eine Flash Crash aus der Position wirft ist hier nicht so bedeutend.
Der Film ist klasse. Wenn er auch nicht an den ersten Wall Street von 1987 herankommt. Für jeden Börseninteressierten der Klassiker schlechthin.
Guter Beitrag, Tim. Peter Lynch, der erfolgreichste Fondsmanager der 1980er Jahre, hält auch nichts von Stopp-Loss-Orders.
“Es ist ganz einfach unsinnig, sich auf Stopp-Orders als Absicherung gegen Kursverfälle zu verlassen, ebenso wie auf künstlich gesetzte Kursziele in Aufwärtsphasen. (…) Bleiben Sie dran und sehen Sie zu, was passiert – solange die ursprünglichen Bedingungen weiterhin gültig sind oder sich sogar verbessern – und Sie werden in einigen Jahren über die Ergebnisse erstaunt sein”.
Wurden die Orderausführungen nicht rückabgewickelt?
Besser finde ich persönlich mentale stop-loss, besonders weil ich mehr in Nebenwerte investiere.
Die Grenze zum Rückabwickeln lag bei einem Preis 60% oder mehr vom vorherigen Preis entfernt. Dann hätte man PG echt kaufen können. Vielleicht sollten wir limit Orders auf wenn möglich auf Margin ins System eingeben?
Es ist bei dem Flash Crash viel Geld durch Stop Loss Orders vernichtet worden. Rückgängig gemacht wurden nur extreme Fälle, in denen Aktien für 10 Cent (oder so) verkloppt worden sind. Wer 20% verloren hatte, dessen Geld war weg.
Es ist schädlich, großartige Unternehmen auf Basis des aktuellen Aktienkurses zu beurteilen. Die Börse ist nämlich wie ein verrücktes Huhn.
Ein weiteres Problem bei den Stop-Loss-Dingern: Es erhöht die Aktivität. In einer hartnäckigen Korrekturphase kann eine solche Order immer wieder und wieder ausgelöst werden, wenn man reinvestiert und “absichert”.
@ Stefan
Ja, stimmt. Die Wall-Street-Filme sind gut gemacht.
Ich hatte die Gelegenheit die Schauspieler inklusive Michael Douglas in NYC in kleiner Runde vor der Premiere zu treffen.
In dem Streifen “Wall Street. Money Never Sleeps” geht es um den Niedergang von Lehman bzw. Bear Stearns. Es wird das Finanzchaos an der Wall Street vor 5 Jahren thematisiert.
Ich fand den zweiten Teil von Wall Street ziemlich durchschnittlich, nicht wirklich gelungen. Ganz anders “Margin Call” (deutscher Titel: “Der große Crash”) mit Kevin Spacey und Jeremy Irons. Der Film zeigt schonungslos die Gier der Spitzenbanker, ihre Skrupellosigkeit, die ganze Welt in den Abgrund zu stürzen, um ja nur ihre eigenen Investments in Sicherheit zu bringen. Selbst die (vermeintlich) Guten können sich dem Sog nicht entziehen. Und die Darsteller sind allesamt bis in die Nebenrollen einfach klasse.
Übrigens, der Film läuft am Samstag, den 7. September um 23.55 Uhr in der ARD. Absolut sehenswert, auch wenn der Hund nicht überlebt (der hat allerdings weder eine große noch eine tragende Rolle)…
@ Michael
Danke für den Hinweis. Ich habe den Film nicht gesehen. Klingt spannend.
Diese Filme verdeutlichen, wie die Finanzbranche nicht den Kunden in den Mittelpunkt stellte (stellt), sondern sich selbst.
Sie verkauften wohlwissend “Scheiße”, “Dreck” und “Schweinepapiere” als werthaltige Anlagen. Sie taten das so lange, bis die Finanzwelt am Abgrund stand. DIe Reputation war ihnen egal. Hauptsache der Bonus stimmt.
Hier ein Trailer aus dem Film Margin Call:
@Michael C. Kissig
@Tim
Ich habe beide Filme gesehen. Margin Call fand ich kurz gesagt auch besser.
Übrigens feiert in diesen Tagen ein Film Premiere auf den Filmfestspielen in Venedig, der an den kommerziellen Erfolg dieser beiden Hollywood-Filme vermutlich nicht herankommen wird, jedoch von der Thematik nicht weniger interessant ist. Walesa – Man of Hope behandelt einen (jüngeren) Teil der europäischen Geschichte und zeigt vor dem Hintergrund der blutigen Konflikte im arabischen Raum, dass historische Umbruch- und Transformationsprozesse auch ohne Blutvergießen von statten gehen können.
Ende des Jahres soll ein weiterer Film, der die Wall Street thematisiert, in die Kinos kommen. The Wolf of Wall Street basiert auf einer wahren Begebenheit, irgend einem Broker, der zu immensem Reichtum gelangte.
Leonardo di Caprio überrascht derzeit durch seine äußerst produktive Schaffensphase, die er durchläuft. Innerhalb kürzester Zeit erschienen mit ihm in der Haupt- bzw. Nebenrolle, Django Unchained, The Great Gatsby, J Edgar und jetzt eben The Wolf of Wall Street.
So was fällt selbst mir auf, obwohl ich gar nicht die Zeit habe, mich im Filmbusiness auf dem Laufenden zu halten.
Danke für den Tip Margin Call. Werd ich mir ansehen.
Auf The Wolf of Wallstreet freue ich mich auch schon lange. Finde, dass der DiCaprio super Filme macht. Ich mag den. Schon die ganz frühen wie Jim Caroll- in den Strassen New Yorks (Basketball Diaries) oder Gilbert Grabe, da spielt er einen behinderten Jungen an der Seite von Johnny Depp.
Hallo zusammen,
schöner Beitrag Tim, kann mich da nur anschließen. Stop Loss Orders machen für Langfristinvestoren einfach keinen Sinn. Der Handel wird immer schneller durch die immer größer werdende Anzahl des HF-Handels und kurzfristige Einbrüche werden somit durch auslösen der SL-Orders aus meiner Sicht noch weiter zunehmen.
Margin Call ist übrigens ein sehr empfehlenswerter Film ;-). Hab ihn vor einiger Zeit im Flugzeug auf den Weg in die USA geschaut…
Als Langfristinvestor machen für mich Stopp Loss Orders für mein Dividenden Depot auch keinen Sinn.
Endlich mal eine Meinung gegen Stop-Loss-Orders! Jeder Mainstream-Ratgeber empfiehlt diese Order, um ja nicht zu viel zu verlieren. Irgendwie widerspricht diese Art “Versicherung” dem unternehmerischen Risiko, dem man sich als Anleger aussetzt. Anleger sein wollen aber doch bitte ohne Risiko…
Dann lieber dran und wach bleiben und mit gesundem Menschenverstand den Value der gehaltenen Aktien bewerten. Das fällt einem nicht so schwer, wenn man die Kennzahlen eines Unternehmens lesen kann. Und vor allem auch das aktuelle wirtschaftliche Umfeld bewerten, welches vielleicht zum Kursabsturz führte – wenn das Unternehmen, an dem ich beteiligt bin, weiterhin gut fährt (also seinen Wert fleißig hält), dann sollte man eine Krise auch aussitzen können. Der Vergleich mit den Hausbesitzern hier war sehr gut. Und auch, dass hier die Value-Jäger erwähnt werden, denen bei panischen Verkäufen in die Hände gespielt wird. Nicht mal danke brauchen die sagen :)