Hobbybörsianer glauben gerne das Märchen, an der Börse könne man schnell reich werden. Ja, das Märchen kann Realität werden. Natürlich ist es möglich. Es ist aber eher unwahrscheinlich. Dabei vergessen die Träumer, dass solche Gedanken gefährlich sind. Denn sie gehen enorme Risiken ein.
Sie fangen mit dem Trading an, erhöhen die Aktivität. Sie merken nicht, was mit ihrem Geld passiert. Es wird vom Trading, von Gebühren, von Steuern aufgezehrt. Am Gefährlichsten finde ich, das eigene Depot zu beleihen, um mehr Geld für das Zocken zur Verfügung zu haben. Schulden sind grundsätzlich gefährlich für den Vermögensaufbau. Sie werden für manche Konsumenten zu einer Droge. Sie brauchen immer mehr Kredite – ohne zu merken, wie sie in eine Abhängigkeit schlittern.
Unser Finanzmarkt lebt von Aktivität der Kunden. Da sind Schulden förderlich. Volatilität ist ebenso förderlich. Volatilität schafft den Anschein, wie schnell Geld verdient werden kann. Dabei sind die Kurssprünge nicht exakt vorhersehbar. Eines ist klar: Je aktiver Kunden sind, desto öfter klingelt die Kasse der Banken.
Besser ist es meiner Meinung nach langsam ein Vermögen aufzubauen. Geduld zu haben ist ein riesiger Vorteil. Es sollte Ihr oberstes Ziel sein, die Fehler der anderen zu vermeiden. Statt Trading betreibe ich „Buy and Hold“. Statt hoher Risiken ins Depot zu packen, setze ich auf Langweiler aus dem Dow Jones und dem Dax. Das ist nicht besonders aufregend, führt aber langfristig zum Ziel. Selbstverständlich kann man dem Depot ein paar spekulative Aktien beimischen. Aber auch hier rate ich, geduldig nach dem Kauf abzuwarten. Ich vermeide es grundsätzlich, Aktien zu verkaufen. Ich halte sie ewig.
Kurzfristdenken ist eine ziemlich schädliche Angelegenheit. Der hyperaktive Trader glaubt besonders intelligent zu sein. Er glaubt, besser als der Rest des Marktes zu sein. Es ist ein Trugschluss. Und endet meist in einem Desaster.
Der Vermögensaufbau ist viel einfacher, als es unsere Vorstellungskraft zulässt. Erstens ist ein Verzicht auf unnötigen Konsum nötig. Es kommt hierbei nicht darauf an, wie viel Sie verdienen, sondern was Sie am Ende des Monats sparen. Zweitens ist das langsame Sparen mit Aktien ein vielversprechendes Instrument. Wer versucht, schneller ans Ziel zu kommen, baut meistens einen Unfall. Kasinomentalität ist gefährlich. Es ist eine Dummheit.
Das perfekte Timing bekommt niemand hin. Niemand kennt exakt die Zukunft. Wenn wir das einfach akzeptieren könnten, wäre unsere Rendite besser.
Fazit: Geduld, Vorsicht, langsam.
Auch ich halte meine Aktien lange, es gibt aber Situationen in denen man verkaufen sollte. Bei Vodafone habe ich Gewinne mitgenommen, nachdem Kapitalmaßnahmen ins Haus standen, die aus steuerlichen und aktientechnischen Gründen einen Verkauf begründeten.
Auch bei Übernahmen, die evtl. den Aktienpreis in die Höhe schießen lassen verkaufe ich.
Ich habe vor einigen Wochen diese Reportage entdeckt: https://www.youtube.com/watch?v=Uer_4bOGALE
Da geht es ums Day-Trading. “Koko” hat auch damit angefangen und mal eben 100000 € verzockt, die Ersparnisse aus 10 Jahren Beruf.
Einige mögen vielleicht damit Geld verdienen. Birger Schäfermeier beispielsweise, aber die meisten scheiern. Schäfermeier weiß das und er füttert die Träume des schnellen Reichtums, anstatt sie zu zerstreuen. Ich halte ihn für einen Scharlatan.
Den Familienvater in der Reportage möchte ich am liebsten die Ohren langziehen. Der geht nicht nur für sich ein hohes Risiko ein, sondern auch für seine Familie.
Buy and Hold ist auch meine Strategie. Und letztendlich gibt mir die Entwicklung recht und die Verlierer von gestern werden die Gewinner von morgen sein. Der Kurs der RWE-Aktie ist ja wieder am steigen und satt über 30 €. Man muss nur Geduld habne.
Tim, Du bist der Beste!
Sparen ist das Entscheidende!!!!
Mach weiter so!!
@ couponschneider
Ich habe mir das Video auch angeschaut. Das war sehr interessant für mich, da ich keine Ahnung von Day-Trading habe.
Scheint aber so, dass es Leuten gelingt, damit nachhaltig Geld zu verdienen. Interessant finde ich auch, dass das uns (den buy and hold Value-Anlegern) nicht schmeckt; ja in gewisser Weise halten wir das sogar für verwerflich und unmoralisch. Noch interessanter ist, dass das, was ich/wir an der Börse mache(n) und – vor allem in letzter Zeit – dabei verdient habe(n), den Sparbuch- und LV-Anlegern unter meinen Freunden genau so verwerflich und unmoralisch vorkommt.
Denn auch ich, so meinen sie, erziele leistungslose Spekulationsgewinne, nur die Haltefristen sind andere.
Die moralischen Kategorien, in denen wird denken, sind offensichtlich sehr subjektiv.
Was den Familienvater im Reihenhaus angeht, dessen Beruf Day-Trader ist, so erlaube ich mir da kein Urteil. Offensichtlich hat er eine glückliches Familienleben. Sein Reihenhaus war das neu gestrichene. Er war/ist Sportler und hat einen sehr entspannten Eindruck auf mich gemacht. Unsere moralischen Kategorien sagen aber, dass das nicht so richtig in Ordnung sei.
Angenommen, er wäre Softwareentwickler für Killerspiele, wäre das besser/schlechter?
@ Fabian
Danke. Danke.
Der Vermögensaufbau ist so einfach. Ein Durchschnittseinkommen reicht vollkommen.
Etwas sparen. Am besten regelmässig. Auf die Kosten achten. Nicht traden. Ein Budget haben. Versuche erst gar nicht, mit dem Kollegen oder Kumpel bei Statussymbolen (Auto, Kleidung, Villa, Luxus) mithalten zu müssen. Diversifiziere. Erhöhe die Sparrate, wenn möglich. Im Grunde genügt es am Anfang der Karriere oder nach der Heirat 10 bis 15 Jahre lang knallhart zu sparen. Danach ist schon viel erreicht, weil der Zinseszins die Arbeit später übernimmt. Nur in etwas investieren, was Du verstehst: Zum Beispiel Aktiengesellschaften deren Geschäft Du kennst.
Im Endeffekt geht es beim Sparen nur darum: Die Belohnung in die Zukunft zu verlagern. Viele Menschen haben die mentale Stärke nicht dazu. Sie sparen nicht, weil sie ständig die Belohnung sofort bekommen möchten. Im Alter werden es diese Menschen bereuen, wenn es plötzlich finanziell schwieriger wird, um über die Runden zu kommen. Die Lebemenschen leben in einem Art Konsum-Gefängnis (Kreditzinsen, Schuldendruck).
die Qualität einer Belohnung ist auch subjektiv,vom jeweiligen Charakter bestimmt aus meiner Sicht. Das ntv-Video zeigt auch schön die unterschiedlichen Wertevorstellungen von Menschen. Der ehemalige Autohändler braucht eben immer wieder den Adrenalinkick bei 300km/h und so wird auch er auch schnell leichtsinnig beim Handeln, er wird polarisiert in der ewigen Ecke der Verlierer, der selbst neben seinem Meister nicht die nötigen Lehren aus seinem Handeln zieht oder ziehen kann. Letzterer weiß um die Ruhe und Konzentration und zieht das Golfspiel einem schnellen Auto vor.
Mal unabhängig davon ob jemand Daytrading verurteilt oder nicht, beim buy&hold oder dem “Lifetime-Trading” kommen diese menschlichen Eigenschaften eben genauso zum Tragen. Genauso haben Buffett und Munger von diesen gewissen Eigenschaften gesprochen, von der Mentalität eines Buchhalters, gelassen, ruhig, konzentriert und konsequent das eigene System umsetzend.
Genauso wissen die erfolgreichen Leute in dieser Branche um den manisch depressiven Mr. Market, sehen (realisierte) Verluste als notwendiges Übel. Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Das Lehrgeld für Daytrading ist mir zu hoch, der Zeitaufwand nicht mit meiner eigentlich Berufung vereinbar und das Prinzip des Zockens an sich nichts. Hier gibt es ein paar Profis, die die Spielregeln mit viel Lehrgeld gelernt haben und damit erfolgreich sind.
Die Masse oder der durchschnittliche Bürger wird mit sowas nie seinen Lebensunterhalt verdienen. Schäfermeier beschreibt selbst seine Mentalität (anderes Video) als schnell denkend, redend, entscheidend und das ist nun mal nicht jeder. Schäfermeier ist auch ein Überlebenskünstler der nach der Pleite wieder Gelder über aus dem Boden gestampfte Geschäftsmodelle generiert, das können auch nur einige Prozent der Bevölkerung, da sollte man sich keine Illusionen machen.
Buy&Hold hingegen kann jeder betreiben und damit erfolgreich sein, auch wenn es weit weniger spannend ist, aber man kann sich auch schon auf dem Weg des Sparens die eine oder andere Belohnung gönnen, nicht nur materiell, sondern auch rein durch einen mehr entspannten Blick in die Zukunft, weil man einfach sich mehr mit Einnahmen und Ausgaben auseinandergesetzt hat und gelernt hat langfristig zu denken.
@Tino
>“Buy&Hold hingegen kann jeder betreiben und damit erfolgreich sein…”
Da liegt wohl etwas Wichtiges begründet.
Dieser “Strategie” fehlt es irgendwie an intellektueller Herausforderung. Ich ziehe meinen Hut vor erfolgreichen Tradern, auch wenn ich selbst weder Nerven noch Lust dazu habe. Buy&Hold ist stupide, da eben keinerlei wirkliches Handwerk erforderlich ist, und damit letztendlich beliebig und nicht unbedingt zwingend erfolgreich. Es wird natürlich gern so dargestellt, weil man sich (wie die Kontras) seine passenden Zeithorizonte bastelt, um den Erfolg zu dokumentieren. Wenn ein Coca Cola Anleger allerdings sich vor genau 16 Jahren dazu verleiten lassen hat Aktien zu kaufen, dann hat er 16 Jahre gebraucht um den damaligen Kurs heute wieder zu erreichen. 16 Jahre sind eine Menge verlorene Zeit. Und ich vermute, wer heute z.B. eine JNJ (Johnson&Johnson) kauft, sich ein relativ hohes Risiko einkauft, diesen Kurs erst in 15-20 Jahren mal wieder zu sehen. Aber wer weiß es?
Ein Trader hat dagegen jeden Tag reales Cash gemacht.
Nun ja, ich versuche den Mittelweg zu gehen. Für mich kommt nur Zeuch in Betracht, was Income generiert. Luft (steigender Kurs) interessiert mich nicht. Jeden Monat will ich Income sehen. Habe gestern meine Juni-Dividenden errechnet. Bin auf 625 EUR gekommen ;-) Das ist das kleine Glück gegenüber 5-stelligen Trading-Gewinnen als Könner. Aber damit bin ich momentan zufrieden.
Schönen Urlaubsgruß!
MS
Meiner Meinung nach ist die Aussage, “Buy-and-Hold” (B/H)kann jeder betreiben, ein Denkfehler.
Ich möchte hier bestimmt nicht kurzfristigen Trading-Strategien das Wort reden, betreibe selbst seit geraumer Zeit B/H, auch durch die stürmische Finanzkrise, und bin keineswegs unzufrieden damit.
Der Punkt ist ein anderer: man braucht eine Strategie, welche zur Persönlichkeit passt. Und B/H passt nicht zur -durchaus kurzfistigen – Perspektive der meisten Menschen. Deshalb ist es für sie ja so schwierig umszusetzen. Es erfordert sich massiv in seinem ganzen Lebenswandel gegen den Strom der Zeit zu stellen, den Konsum einzuschränken, langfristig zu planen und extrem diszipliniert daran festzuhalten.
Das überfordert schlicht die meisten Menschen. Die ganze Gesselschaft im Übrigen auch, sonst hätten wir ja keine Schuldenkrisen.
Es müsste heissen: “KÖNNTE im Prinzip jeder betreiben” der es verstanden hat. KÖNNEN in der Praxis aber nur wenige.
“Dieser “Strategie” fehlt es irgendwie an intellektueller Herausforderung.”
Das sehe ich nur in den Fällen wo einfach Bluechips eingesammelt werden, dazu noch mit regelmäßigen Sparplan, unabhängig von gewissen Kennzahlen. Das ist etwas anstrengender als ein Sparbuch, aber keine große Herausforderung. Die direkte Belohnung oder Bestrafung eines Traders gefällt natürlich, sie bietet eine direkte Antwort auf eine Frage, so wie wir das meist haben wollen. Im Video wird m. E. schon die Erfolgsstory der beiden zu sehr in den Vordergrund gestellt. Es macht den Eindruck als ob 2/3 gewinnen können und naja so'n Autohändler bin ich ja auch nicht..kann ich doch auch damit anfangen..
Ich verstehe unter Buy&Hold auch die Nachrichten zu lesen, interessante Ideen zu finden, Vorauswahlen zusammenstellen, Kennzahlen prüfen, ggf. tiefer graben, weitergehen, wieder graben, eine Story zu entwickeln, alles ins Gesamtbild setzen, eine Entscheidung herbeiführen. Ein Daytrader liest auch Nachrichten, leitet davon mögliche Stimmungen ab, betrachtet aber eigentlich keine Unternehmen im Detail und auch nicht über lange Zeiträume, wie es evtl. der Buy&Hold Investor macht der geduldig ausharrt, es ist wie Spiel mit verschiedensten Zahlen, Stimmungen, Trends. Ist das intellektuell herausfordernd? Bestimmt, sich die gesamte Traderumgebung einzurichten, intellente Automatismen, Sichten, Newsfeeds usw. zu schaffen um effektiv arbeiten zu können, aber dann bin ich auch nur Player. Intelligentes Buy&Hold erfordert ebenso gewissen Intellekt, aber eben keinen Harvard-Absolventen.
@Kybernetiker, ja das stimmt wohl, Konjunktiv ist besser, es geht gegen die Natur des Menschen, es ist zu vernünftig. Wie es Grönemeyer schon besungen hat. Ich hab mich in dem Video auch gefragt wie der Reihenhaussiedler seine Berufung seinen Kindern erklärt bzw. was er Ihnen für Werte vermittelt (nicht böse gemeint)? Der Trader abstrahiert den Handel ja dermaßen ins Groteske mit Ticks, Stopp-Losses, Signalen das er selbst gar nicht mehr die Zusammenhänge des realen Handels erklären kann. Es wird auch nur noch von guten oder schlechten Tagesstimmungen gesprochen, im Prinzip die Beobachtung des Wall Street-Herdentriebs.
Unabhängig davon, ob man sich als Trader (kurzfristig orientiert) oder wie in Ihrer Strategie beschrieben als Investor (langfristig orientiert) sieht, das wichtigste ist, überhaupt erst einmal eine Strategie zu haben. Langfristdenken ist etwas, was gerade bei Privatanlegern meiner Meinung nach deutlich zu kurz kommt bzw. zu schwach ausgeprägt ist. Wir hatten letztens zu unserer Veröffentlichung auf Brokervergleich.de eine lebhafte Diskussion auf Facebook mit dem Grundtenor einiger Anleger: lieber sichere Niedrigzinsen als schwankende höhere Renditen. Schon diese Sichtweise zeigt das gedanklich implizierte Kurzfristdenken. Langfristig gesehen kommt gerade jetzt keiner am Aktienmarkt vorbei, wenn er eine anständige Rendite erzielen will.
Hallo!
Habe mir auch die Reportage angeschaut. Bei diesem “Koko” schien mir das eigentliche Problem zu sein, dass er auf den Erfolg angewiesen und somit 'unentspannt' bei der Sache war. Schäfermeier und der Familienvater wirkten dagegen völlig in sich selbst ruhend. Ich möchte das Daytrading nicht einfach verurteilen – wer's kann und wer mit auftretenden Verlusten umzugehen versteht…bitte schön.
Noch was zu Schäfermeier: ich habe mir auch noch ein längeres Life-Trading Video auf Youtube angeschaut. Es ging über mehr als drei Stunden und man muss einfach sagen: jeder zweite Satz von Schäfermeier drehte sich um's Risikomanagement, um Fehlervermeidung etc. Ich fand es insgesamt sehr 'defensiv'.
Sehr guter Artikel, sparen ist immer besser als zocken. Ich finde aber auch die Anmerkung von Kybernetiker richtig.
Allerdings sind gemäss meiner Erfahrung die meisten Menschen eher passiv. Zum Glück, zumindest im Bereich der Geldanlage ;-) Da jedoch die Aktiven einfach viel mehr Lärm machen, spricht man viel mehr über sie.
Man soll auch nicht denken, dass Daytrading ein neues Phänomen sei, schliesslich gibt es das schon über hundert Jahre, wie zum Beispiel das Buch über Jesse Livermore beweist, welches ich vor kurzem auf meinem Blog besprochen habe.