Unternehmenskrisen werden oft durch gierige Manager ausgelöst. Grundsätzlich ist es so, dass je größer ein Unternehmen ist, desto fetter fällt die Vergütung aus. Insofern sind die Vorstände bestrebt, ihr Unternehmen so schnell wie möglich zu vergrößern. Da dies durch Akquisitionen schneller als durch organisches Wachstum geht, steht die Führungsspitze Übernahmen offen gegenüber. Sie nehmen bereitwillig Schulden auf und geben neue Aktien aus, um größer zu werden. Dabei richtet sich ihr Blick vor allem auf das eigene Portemonnaie. Hier finden Sie eine Liste der Vorstandsvergütungen im Jahr 2009.
Ein guter Aufsichtsrat legt diesem sinnlosen Streben nach Größe (egal wie teuer und riskant das letztlich ist) einen Riegel vor. Die Vergütung muss am langfristigen Wohlergehen der Firma ausgerichtet sein. Alles andere sollte nicht zählen. Wenn sich die Vergütung nicht an einem langfristigen soliden Kurs orientiert, wird es immer wieder zu krassen Verwerfungen kommen. Problem ist, dass Führungskräfte gar nicht mehr lange an Bord sind. Manch ein Steuermann verschwindet schon nach einem Jahr. Dann besteht natürlich kein Grund, langfristig zum Wohle der Firma zu handeln. Schäbig fand ich den Rücktritt von Utz Claasen. Für den Erlanger Energiekonzern Solar Millenium kassierte der Star-Manager rund neun Millionen Euro Antrittsprämie, als er zum Vorstandschef ernannt wurde. Nach zweieinhalb Monaten trat dann Claassen überraschend zurück. Wie konnte der Aufsichtsrat nur eine solche Vergütung genehmigen? Da fehlt dem Manager ja jede Motivation, weiter zu machen? Mir fehlen die Worte. Es ist in meinen Augen einfach unanständig, eine so hohe Geldsumme abzukassieren und dann wegzulaufen. Hätte Claasen Anstand, würde er die Antrittsprämie komplett zurück geben. So könnte er zum Ausdruck bringen, dass er nicht wegen der Prämie den Job annahm. Im Grunde genommen ist der Aktionär der Solar-Firma der Geschädigte. Das „Wall Street Journal“ brachte Anfang April einen interessanten Artikel über die amerikanischen „Abkassierer“.
Der Skandal um Goldman Sachs hat mir die Augen geöffnet. Hier waren die hauseigenen Trader offenbar daran interessiert, ein schnelles Geschäft abzuschließen – selbst wenn der Kunde daran zugrunde gehen könnte. Interne Schriftwechsel belegen, dass die Goldman-Mitarbeiter wussten, dass es sich bei bestimmten Produkten um „Scheiß“ (O-Ton) handelte. Trotzdem verkauften die Investmentbanker die Produkte an ihre Kunden. Ich denke, dass hier die Mitarbeiter wegen der Boni derartige Geschäfte gemacht haben. Zum Schaden der Bank. Denn das Image ist böse angeschlagen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem New Yorker Bankhaus Betrug vor.
Wozu das Streben nach einem fetten Bonus führt, haben wir an dem wilden Hypothekenboom erlebt. Menschen, die sich gar kein Haus leisten konnten, finanzierten die Banken riesige Objekte. Ihnen wurden die Deals regelrecht aufgedrängt. Nur um den Abschluss zu bekommen. Anschließend finanzierte die Bank das Haus zig Mal um. Es ging jedes Mal darum, Vorfälligkeitsentschädigungen und andere Gebühren den Menschen abzunehmen. Jedes Mal flossen Provisionen – zum Schaden der Kunden. Millionen stehen nun vor dem Ruin: Das Haus versteigert, den Job verloren.
Ich vermisse einen gewissen Ethos und die Fairness. Wie muss ein Mensch ticken, wenn es ihm persönlich nur um das schnelle Geld geht? Ich sah mir die Anhörung der Goldmänner vor dem Senat live im Fernsehen an. Und mich hat das sehr betroffen gemacht, zu sehen aus welchen Motiven heraus hier Geschäfte gemacht worden sind. Meiner Meinung nach ging es hier nur um die Gier.
In Familienunternehmen herrscht eine andere Mentalität. Es geht in erster Linie darum, den guten Ruf und den langfristigen Fortbestand der eigenen Firma zu sichern. Die kurzfristige Gewinnmaximierung spielt keine Rolle. Alles wird daran gesetzt, zum Wohle des Kunden zu arbeiten. Nur wenn der Kunden einen Nutzen hat, kann das Geschäftsmodell langfristig funktionieren.
Wenn Sie sich an der Wall Street einmal umschauen, wer im vergangenen Jahr bescheiden verdient hat, dann finden Sie wirklich bewundernswerte Manager. Warren Buffett kassiert nur 100.000 Dollar jährlich. Er trägt sogar etliche firmenbezogene Kosten aus der eigenen Tasche. Buffett ist durch seinen umfangreichen Aktienbesitz an Berkshire Hathaway motiviert. An einem hohen Gehalt hat der Investor gar kein Interesse. Oder nehmen Sie den Apple-Star Steven Jobs. Er kassierte nur einen Dollar im vergangenen Jahr. Der Gründer und Chef der Öko-Lebensmittelkette Whole Foods, John Mackey, genehmigte sich ebenfalls nur einen Dollar. Sein Jahresgehalt in Höhe von 653.670 Dollar lässt er sich auf ein Spezialkonto zahlen, das seit 2006 „eingefroren“ ist. Mackey hat also keinen Zugang zu dem Geld. Es geht ihm nur um eine langfristig gute Performance und um sonst nichts. Citigroup-Chef Vikram Pandit kassierte voriges Jahr nur 125.000 Dollar. Der indischstämmige Manager ist bekannt für seine Zurückhaltung und Bescheidenheit. Selbst der Ex-Manager der Bank of America Kenneth Lewis verzichtete komplett auf eine Vergütung. Allerdings nicht ganz freiwillig: Er wurde von der Regierung dazu gezwungen.
Hier können Sie sich anschauen, wie peinlich es werden kann, wenn Mitarbeiter getrieben von hohen Gehältern Geschäfte machen. Dies ist ein Auszug aus der Senats-Anhörung von Goldman-Mitarbeitern: