Was für ein Kursgemetzel: Der Aktienkurs des Ozempic-Herstellers stürzte nach einer neuen Gewinnwarnung am Dienstag um 25% ab. Novo Nordisk hat seine Prognosen massiv eingedampft. Seit die Dänen in den USA mit Konkurrenz von Eli Lilly zu kämpfen haben, geht es abwärts.
Der Arzneimittelhersteller leidet unter dem zunehmenden Wettbewerb in den USA. Das schwächt die bisherige stürmische Absatz-Dynamik. In diesem Jahr soll der Umsatz nur noch um 8 bis 14% steigen, während ein Wachstum des Betriebsgewinns zwischen 10 und 16% liegen soll. Zuvor hatte der Vorstand für 2025 ein Umsatzplus zwischen 16 und 24% in Aussicht gestellt. Schließlich wird nun ein freier Cashflow von nur noch 35 bis 45 Milliarden DKK erwartet. Dies spiegelt das niedriger als geplante Umsatzwachstum wider, das hauptsächlich auf das geringere Volumenwachstum bei GLP-1-basierten Behandlungen in den USA zurück geht.
Die Aktie stürzt auf ein 3-Jahres-Tief
Nach der Mitteilung stürzte der Kurs auf den niedrigsten Stand seit über drei Jahren. Heftig. Dabei sind die Diabetes- und Abnehmmedikamente der Dänen, Ozempic und Wegovy, trotz der Konkurrenz beliebt. Das KGV beträgt nun 17, die Dividende bringt 2,85%. Der Kursrutsch ist schon reizvoll für einen Value-Anleger.
Die Dänen ernannten am Dienstag ihren neuen CEO Maziar Mike Doustdar, den bisherigen Executive Vize President für das internationale Geschäft. Er hat die österreichische Staatsbürgerschaft, kam im Iran zur Welt und wuchs in den USA auf. Er soll am 7. August den Chefposten übernehmen.
Der Kurssturz wird den Mitarbeitern kaum gefallen. Auch sind die Aktionäre bitter enttäuscht. Novo Nordisk begann im vergangenen Jahr heftig an der Börse abzustürzen. Der Kurs rauschte von 137 auf jetzt 47 Euro. Der Riese verlor seinen Titel als wertvollstes Unternehmen Europas. Zunächst ging das Zepter an das französische Luxuskonglomerat LVMH, dann ans Softwarehaus SAP. Im Mai wurde CEO Lars Fruergaard Jorgensen gefeuert. Grund dafür war das Kursdesaster. Aktionäre haben Angst, dass Novo Nordisk seine führende Position im umkämpften Abspeck-Markt dauerhaft verliert.
Klinische Studien enttäuschten, zudem wird Eli Lilly immer erfolgreicher
Auch haben enttäuschende klinische Studien den Kurs belastet. Die Anleger scheinen das Vertrauen zu verlieren. Die hohen Erwartungen an die Abnehmmedikamente erfüllen sich einfach nicht.
Die Dänen haben die meisten Probleme in den USA, wo sie über die Hälfte ihres Umsatzes vereinnahmen. Dort gibt es starke Konkurrenz durch andere Adipositasmedikamente. Man nennt sie auch GLP-1-Wirkstoffe. Bedrohlich sind vor allem die Medikamente von Eli Lilly: Mounjaro und Zepbound. Diese sollen sogar wirksamer sein als die Produkte der Dänen. Hinzu kommen billige Nachahmerprodukte (Generika).
Ab 22. Mai verbot aber die Gesundheitsbehörde FDA den Verkauf billiger Produkte, die durch das sogenannte Compounding-Verfahren hergestellt werden. Die bisherige Firmenprognose ging davon aus, dass Novo nach dem Verbot des Compoundings seine verlorenen Marktanteile zum Teil zumindest zurückgewinnen kann. Doch bislang hat sich dieses Wunschdenken der Spitze nicht erfüllt.
Novo Nordisk will gegen illegale Massenherstellung von Wirkstoffen vorgehen
Marktforschungen von Novo Nordisk zeigen, dass die „unsichere und rechtswidrige“ Massenherstellung weiterhin besteht und dass mehrere Unternehmen weiterhin zusammengesetzte GLP-1-Präparate unter dem Deckmantel der „Personalisierung“ verkaufen, so die Top-Etage. Novo Nordisk verfolgt deshalb verschiedene Strategien, darunter auch Gerichtsverfahren, um Patienten vor „gefälschten“ Medikamenten zu schützen. Novo Nordisk sei „zutiefst besorgt“, dass Patienten ohne energisches Eingreifen der bundesstaatlichen und staatlichen Regulierungsbehörden sowie der Strafverfolgungsbehörden weiterhin „erheblichen Risiken ausgesetzt“ sind.
Da die rechtswidrige Massenherstellung weiterhin bestehe, sei die Verbreitung von Wegovy geringer als erwartet. Novo Nordisk will den Direktvertrieb über „NovoCare Pharmacy“ ausbauen und weitere Kooperationen mit Telemedizin-Anbietern schließen.
Das Potential ist enorm: 1 Milliarde Menschen leiden weltweit unter Adipositas
Die Dänen steigerten ihren Umsatz in den ersten sechs Monaten um 18 Prozent und den Betriebsgewinn um 29 Prozent. Das Wachstum soll sich jedoch in der zweiten Jahreshälfte verlangsamen. Ich bin hin- und hergerissen. Ist das endlich ein günstiger Kauf nach dem Kursrutsch? Oder wird die Konkurrenz immer bedrohlicher und die Aktie gleicht einem fallenden Messer, das ich nicht fangen sollte? Ich habe schon zuvor nach deftigen Kursrückgängen an Chancen geglaubt, mich aber geirrt. Da weltweit rund eine Milliarde Menschen mit Adipositas leben und nur wenige Millionen behandelt werden, ist die globale Einführung von Wegovy in weiteren Märkten bestimmt vielversprechend. Aber wie es weiter geht, das kann kaum jemand wissen angesichts der vielen Konkurrenten. Novo Nordisk veröffentlicht seine vollständigen Zahlen für die ersten sechs Monate am 6. August.
Novo Nordisk wurde 1923 gegründet. Die Mission: „Unser Ziel ist es, Veränderungen voranzutreiben, um schwere chronische Krankheiten zu besiegen, aufbauend auf unserer langjährigen Erfahrung im Bereich Diabetes. Wir tun dies, indem wir bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse erzielen, den Zugang zu unseren Medikamenten erweitern und daran arbeiten, Krankheiten zu verhindern und letztendlich zu heilen.“ Es gibt 77.400 Mitarbeiter in 80 Ländern. Verkauft werden die Produkte in 170 Ländern. Die B-Aktie sind an der Nasdaq Kopenhagen (Novo-B) notiert, die ADRs sind an der New Yorker Börse (NVO).
Der Absturz die letzten Monate ist schon heftig. Allerdings war das ATH auch eine starke Übertreibung durch die Börsianer. Der prozentuale Verlust ist meiner Meinung nach daher relativ.
Mir wäre ein Invest in Novo Nordisk irgendwie zu riskant:
Dann doch lieber die Boeing oder United Health – oder ein Infex-Fonds….
Das gehypte Novo Nordisk! So mancher glaubte, man könne die Aktie wie einen „alten Schinken liegenlassen“, es sei eine Aktie für die Ewigkeit. Ohne Risiko kein Gewinn.
Lass mal das ganze Thema Abnehmspritze weg, was tatsächlich wie ein Hype aufgeflammt ist. Bis dahin war Novo ein grundsolides Unternehmen das schlichtweg z.B. Medikamente für Diabetes hergestellt hat. Frech formuliert ein Grundversorger wie es Procter&Gamble oder Unilever auch ist, nur eben im Medizin-Bereich. Keine Hype-Bude wie Biontech oder sonst etwas. Es war daher völlig legitim anzunehmen dass diese Aktie für langfristiges Buy&Hold prima geeignet ist.
Gut, manchmal liegt man halt falsch ;-)
Da hast Du auch wieder Recht. Die meisten Anleger waren schon vor der Übertreibung dabei. Für diese Gruppe ist eigentlich nicht viel passiert.
Dennoch bestimmt frustierend, wenn man so eine Kursrakete besitzt, und die Depotposition nach einigen Jahren wieder auf den Ausgangswert zurück kommt.
Aktien, die keinem Hype unterliegen, sind für B&H-Anleger mental deutlich verträglicher.
ja, das sehe ich ähnlich. Ich bin auch grundsätzlich Fan von nichtzyklischen Konsumgütern. Da sind auch die Geschäftsmodelle einfacher zu verstehen. Ich hatte bzw. habe Novo damals wegen der Diabetes Geschichte gekauft, allerdings schien da dieses ganze Abnehm Programm schon ordentlich mit in den Aktienwert reingeschossen zu sein. Derzeit stehe ich mit ca. 20% Minus da. Ich sehe aber tatsächlich keinen Grund warum das Geschäftsmodell , bzw. ich ergänze…das Basis-Geschäftsmodell des Unternehmens gefährdet ist. Ich habe noch fast 30 Jahre bis zu Rente. Bis dahin sollte es wohl wieder passen :-p