Ich habe für Sie den ultimativen Pennystock entdeckt. Die Aktie kostet nur 10 Cent. Es handelt sich um eine Goldmine. Die Firma ist völlig unbekannt. Aber jetzt geht es los! Der Minenbetrieb startet bald durch. Da müssen Sie unbedingt zugreifen! Der Kurs hat das Zeug sich zu verdreifachen. Womöglich klettert der Kurs noch viel höher. Gehen Sie jetzt an Bord. Schnell, bevor die anderen darauf aufmerksam werden…
Kennen Sie das? So etwas Ähnliches haben Sie sicherlich schon gelesen. Ich rate grundsätzlich zur Vorsicht, wenn solche Loblieder über Pennystocks abgesungen werden. Zunächst sollten Sie sich die Frage stellen: Um welche Firma handelt es sich? Wer sitzt im Vorstand? Haben diese Führungskräfte einen guten Ruf? Wer hat den Artikel geschrieben? Handelt es sich um ein solides Medium, um einen erfahrenen Journalisten?
Stammt der heiße Aktientipp dagegen aus einer anonymen Feder, etwa aus einer Massen-eMail oder dem FAX ohne Absender, sollten alle Alarmglocken schrillen. Es gilt für diesen Fall: Finger weg! Denn solche Texte werden massenhaft verbreitet und kein Mensch weiß, wer sie geschrieben hat. Die deutsche Börsenaufsicht Bafin warnt ständig vor dubiosen Massenversendern, die Mini-Aktien in den Himmel loben und dabei keinerlei Quellen nennen. Oftmals springen solche Aktien auch an. Es gibt etliche merkwürdige Anbieter, die Spam verbreiten.
Überall im Internet können Sie unseriöse Aktien-Puschereien entdecken. Und solche Aktionen treffen oft auf eine große Resonanz. Das Interesse der Anleger ist durchaus verständlich: Eine Aktie, die bei 13 Cent notiert, verdoppelt sich vermutlich schneller, als eine Aktie, die 550 Dollar kostet. Mich wundert daher die massive Bewerbung überhaupt nicht: Wer das Wort „Penny Stock“ bei Google.com eingibt, findet mehr als 25 Millionen Treffer.
Wenn Sie sich einen Text durchlesen, achten Sie auf die Quelle. Ist die Quelle solide, dann sollte der Artikel ausgewogen formuliert sein. Auf spezifische Risiken sollte ein Journalist immer hinweisen. Man merkt es ja schnell dem Text an, ob es sich um eine faire, ausgewogene Analyse handelt.
Ich schreibe für „Euro am Sonntag“ eine Rubrik über Hot Stocks von der Wall Street. Manch eine Aktienempfehlung hat sich richtig gelohnt, andere „Tipps“ leider nicht. Ich versuche, meine Texte ausgewogen zu schreiben. Auch achte ich auf gewisse Standards bei der Aktienauswahl. Ich recherchiere intensiv. Hin und wieder gehe ich sogar zu Terminen, wenn die Vorstände die Analysten treffen.
Es gibt aussichtsreiche Pennystocks. Keine Frage. Alle bekannten Großkonzerne haben irgendwann einmal klein angefangen. In der Garage oder im Wohnzimmer sind unzählige Milliardenkonzerne entstanden. Sie hatten in den Anfangsjahren eine kleine Marktkapitalisierung. Auch gibt es jede Menge solider Milliardenkonzerne, die einmal eine schwere Krise durchstehen mussten, und brutal abgestürzt sind. Eine solche Aktie ist derzeit die Commerzbank. Der Kurs ist abgestürzt, es bestehen durchaus Chancen für eine Erholung. Ein Pennystock war die Commerzbank jedoch nie.
Woran merkt man als Anleger, ob sich hinter einer Mini-Aktie Potential verbirgt? Das ist eine verdammt schwierige Frage. Im Endeffekt gleicht es der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Ich empfehle Ihnen, dass Sie Ihr Depot zum Großteil mit hochsoliden, bekannten Dividendenzahlern bestücken. Für einen kleinen Anteil des Portfolios können Sie durchaus ein paar kleine Hoffnungsträger einsammeln. Aber Sie müssen sich immer im Klaren darüber sein: Es ist ziemlich intransparent in diesem Segment, zahlreiche Minis scheitern. Ein Totalverlust kann jederzeit drohen.
Bevor Sie sich in dieses Segment auf die Jagd begeben, rate ich diese elf Prüfschritte durchzugehen:
1. Wer sind die Akteure (Vorstände, Gründer etc.)? Haben diese Personen einen guten Ruf, ist das ein gutes Indiz.
2. Wie groß ist der Börsenwert? Ist die Marktkapitalisierung zu gering, sagen wir sie liegt unterhalb von 40 Millionen Dollar, bin ich grundsätzlich extrem vorsichtig.
3. Ist ein operatives Geschäft vorhanden? Gehen echte Umsätze durch die Bücher? Gibt es Filialen mit Geschäftsadressen? Gibt es Produkte beziehungsweise Dienstleistungen, die Sie erwerben können? Wenn es keine fundamental greifbaren Fakten gibt, gilt es äußerst vorsichtig zu sein.
4. Umsatz und Gewinn? Schreibt eine Gesellschaft schwarze Zahlen und weist schöne Umsätze aus, ist das natürlich super. Ist das nicht der Fall, dann seien Sie skeptisch.
5. Handelt es sich um einen Junior-Explorer, prüfen Sie, ob eine offizielle Ressourcenschätzung nach dem Standard 43-101 vorliegt. Gibt es kein offizielles Gutachten, wäre ich vorsichtig.
6. Wer sind die Aktionäre? Ist eine Reihe institutioneller Anteilseigner an Bord wie Fidelity, Vanguard, DWS, Allianz oder Goldman, ist das ein gutes Zeichen. Manchmal entdecke ich große Fondsfirmen bei den Minis. Wenn keine bekannten Investoren an Bord sind, ist das für mich ein Ausschlusskriterium.
7. Wer sind die Kunden? Gibt es staatliche Unterstützungsgelder? Besteht ein Kooperationsabkommen mit einem bekannten Partner? Das sind alles wichtige Fragen, denn unterstützen wohlklingende Namen ein Projekt, haben diese Firmen eine Vorprüfung überstanden. Wenn es solche Joint-Venture-Abkommen gibt, prüfen Sie auch, ob der genannte Kooperationspartner wirklich ein Partner ist. Denn behaupten kann man viel. Wie können Sie das überprüfen? Lesen Sie die Pressemitteilungen des Partners zu der Zusammenarbeit. Fragen Sie beim Partner nach.
8. Wie sieht die Bilanz aus? Wie viel Verluste sind akkumuliert seit der Gründung aufgelaufen? Ist kein Cash vorhanden und bestehen jede Menge Schulden, ist das natürlich brisant. Wie setzen sich die Assets zusammen? Gibt es Grundstücke, Gebäude, Lagerbestände, Patente?
9. Wie viele Mitarbeiter gibt es? Wo liegt der Firmensitz? Gibt es eine funktionierende Telefonnummer? Wie beantwortet das Unternehmen meine Anfragen?
10. Gibt es eine konstante Firmenhistorie? Bleibt das Geschäftsfeld unverändert? Oder ändert der Pennystock ständig die Firmierung, ständig das Geschäftsfeld, ständig das Management? Fehlt eine gewisse Beständigkeit, gilt es, vorsichtig zu sein.
11. Fühle ich mich wirklich wohl mit dieser Aktie? Was sagt mir mein Bauchgefühl? Was die Intuition?
Diesen Pennystock müssen Sie kaufen! Ein Verdreifacher!
Ähnliche Beiträge
7 Fehler, die ich an der Börse vermeide
Ich versuche, die Fehler der meisten Anleger zu vermeiden. Jeden Tag scheitern Investoren an der Börse. Sie spekulieren,…
25. Dezember 2024
FTSE All World ETF: Das ist alles, was du brauchst im Depot
Ich erhalte zig Emails, welche Aktie oder welcher ETF der beste ist. Die einen wollen den VanEck Morningstar…
24. Dezember 2024
Passives Einkommen: Ich kassiere 44.000$ an Dividenden im Jahr, bald werden es über 50.000$ sein
Ich fing ganz klein an vor der Jahrtausendwende mit meinen Aktienkäufe. Ich hatte ein paar Nebenjobs und war…
22. Dezember 2024
Mein gesamtes Millionen-Depot im Überblick: Ich fing ganz klein an
Ende der 1990er Jahre fing ich mit dem Aktiensparen an. Zuvor hatte ich mit Bausparverträgen und Festgeld mein…
15. Dezember 2024
Hi Tim,
bei der Überschrift bleibt einem ja das Herz stehen ;-)
Dachte echt, da kommt jetzt der ultimative Tipp. Schließlich warst Du letztes Jahr auf Reisen und hast Dir ein paar Minen jeglicher Art vor Ort angesehen. Oder war’s 2009?
Ein ehemaliger Geschäftskollege von mir hat seinen Eltern Ende 2007 auch den ultimativen Tipp gegeben. Diese haben einen Kredit 20.000€ aufgenommen und sich mit diesem Pennystock-Tipp eingedeckt. Jetzt ist dieses grandiose Paket nur 1/10 wert. Die Schulden müssen aber trotzdem abbezahlt werden. Zwei bittere Fehler.
Beste Grüße
Alexander
Hi Alexander!
Gut, dass ich Dich geschockt habe. Das war mein Ziel.
Ja, ich habe mir Minen angeschaut, alles produzierende Betriebe. Nun man kann in dem Segment durchaus gut verdienen.
John Templeton hat mit einem Bündel Pennystocks Tausende verdient. Auch Peter Lynch hat sich mit Billigaktien im großen Stil eingedeckt, Lynch prägte den Begriff des Ten Bagger, des Verzehnfachers.
Allerdings sind die Risiken nicht ohne. Daher sollte sich jeder umfassend informieren, eben Zeit nehmen. Und nicht jeden Kram, der anonym per EMail oder FAX verschickt wird, für bare Münze nehmen.
Puh, da ist mir aber gerade die Kinnlade runter gefallen :D
Wollte schon nach dem 2 Satz aufhören zu lesen und direkt in die Kommentare springen.
Der Schocker ist definitiv gelungen.
Ich bin vor einigen Jahren auch mal mit sowas auf die Fresse gefallen, aber immerhin lernt man aus Fehlern. Das ist das positive daran.
Viele Grüße, Christian
Hi Christian. Hääää. Gut. Der Schocker ist mir gelungen. VG