Um ein starkes Aktiendepot aufzubauen, brauchen Sie keine Geheimwissenschaft lernen. Es ist eigentlich nur der gesunde Menschenverstand nötig. Das Problem ist, dass wir Menschen emotional handeln und uns von den Fakten gerne wegbewegen. Ich denke, auf diese acht Punkte kommt es an. So können Sie Fehler vermeiden.
1. Moderates KGV
Das Gewinnvielfache sollte moderat sein. Wer im Internethype zur Jahrtausendwende Unternehmen mit einem KGV von 100 gekauft hat, der ist auf die Nase gefallen. Ratsam ist ein KGV von zehn bis 15.
2. Dividende
Es muss keine riesige Dividende sprudeln. Eine kleine Dividende genügt. Die Ausschüttung ist ein guter Filter für gute Unternehmen, die überschüssiges Geld erwirtschaften.
3. Hoher Marktanteil
Marktführer haben im Regelfall höhere Margen als die Konkurrenz. Sie haben mehr Preiserhöhungsspielräume. Am besten sind natürlich Monopole. Die haben eine Lizenz zum Gelddrucken, solange der Gesetzgeber nicht einschreitet.
4. Tradition
Wenn ein Konzern zwei Weltkriege und die Große Depression überstanden hat, spricht das für sich. Freilich ist das keine Garantie. Immerhin gibt es Ihnen einen Hinweis, dass die Firma eine DNA hat, um schwierige Phasen zu überstehen.
5. Moral
Das Management sollte einen guten Ruf haben. Wer sein Personal und seine Kunden vorzüglich behandelt, der merkt das am Geschäft. Unternehmen mit einem schlechten Image leiden. Ich glaube, diese Lehre haben unsere Banken aus der Finanzkrise gezogen. Es nutzt keinem Unternehmen langfristig, für den schnellen Gewinn unmoralisch zu handeln. Es rächt sich. Die Bank Northern Trust hat die Große Depression in den 1930er Jahren ohne Turbulenzen überstanden. Der konservative Vorstand lehnte seinerzeit dubiose Aktiengeschäfte strikt ab. Das erhöhte das Vertrauen. Während die Menschen in der Panik überall ihr Geld abzogen, kamen massenweise Neukunden zu Northern Trust. In der jüngsten Finanzkrise reagierte der Kurs kaum nach unten.
6. Chart
Ein Blick 30 oder 50 Jahre zurück, sagt mehr als 1000 Worte. Achten Sie auf eine exzellente operative Langfristperformance. Gute Unternehmen haben einen guten Langfristchart. Ein starker Chart wie der von Colgate-Palmolive spricht für sich.
7. Index
In den großen Indizes befinden sich gute Unternehmen. Schauen Sie im Dow Jones, S&P 500, DAX nach starken Playern. Mit den dort gelisteten Titeln können Sie ein solides Depot aufbauen. Nebenwerte oder Mittelständler eignen sich als Beimischung. Sie brauchen nicht unbedingt die nächste Microsoft oder Google finden. Das ist zu riskant. Viele Neugründungen scheitern.
8. Logisch
Sie sollten das Geschäft verstehen. Wenn es zu komplex ist, kann das Gefahren in sich bergen. Die Pleitenudel Enron hat kaum ein Mensch verstanden. Einfache Produkte haben ihren Reiz: Seife, Getränke, Öl, Strom, Zahnpasta, Kuchen, Farbe, Fliesen… Ob sich eine neue Software oder hippes Internetportal durchsetzt, das wissen wir nicht. Seien Sie vorsichtig vor neuen Technologien. Die wenigsten Newcomer schaffen es zu großem Erfolg. Wenige Internetfirmen überlebten den Hype im Jahr 1999, obwohl sie von den Anlegern mit Geld überschüttet wurden. Ja, Facebook kann das größte Soziale Portal für die nächsten 50 Jahre bleiben und sich zu einer Gewinnmaschine mausern. Das kann passieren. Aber wir wissen es nicht. Dass Exxon Mobil, BASF, Nike oder Walt Disney die nächsten 50 Jahre gutes Geld verdienen werden, ist meiner Meinung sicherer.
Handeln Sie nach den obigen Kriterien, ist es wichtig Geduld zu haben. 30 bis 50 Jahre sind ideal. Ein Depot wächst mit der Zeit. Auf kurze Sicht bestehen hohe Risiken für einen Kursrückgang. Sie werden mitunter schlechte Zeiten erleben. Das ist völlig normal. Behalten Sie Ihre Nerven.
Fehler gehören dazu. Die macht jeder. Ich lasse schlechte Aktien in meinem Depot einfach liegen – als abschreckendes Beispiel für mich selbst. (Ob das finanziell clever ist, weiß ich nicht. Ich nutze es als Lehrbeispiel.)
Bevor Sie Aktien kaufen, erstellen Sie eine Liste mit Ihren wichtigsten Kriterien. Überstürzen Sie nichts. In der Ruhe liegt die Kraft. Überprüfen Sie Ihre Performance. Sprechen Sie mit einem Freund oder Bekannten jede Transaktion vorab durch. Mit einem kritischen Gesprächspartner können Sie das Problem der Selbstüberschätzung eindämmen.
Anleger neigen dazu, nach vielen Gründen zu suchen, wenn sie einen Fehler gemacht haben (Betrug, Crash, Management). Selten sehen sie in ihrer eigenen Aktienauswahl den Fehler. Betrug oder ein schlechtes Management kann man in manchen Fällen durchaus erkennen.
Streuen Sie ausreichend, um einzelne Fehlentscheidungen abfedern zu können. Behalten Sie stets eine kleine Kriegskasse, um bei einem kräftigen Rücksetzer nachkaufen zu können. Eine Rezession kommt alle paar Jahre vor. Kursrückgänge von zehn oder 20 Prozent, das ist ein normaler Vorgang auf dem Börsenparkett. Es bietet sich in solchen Phasen eine ideale Chance zum Nachkaufen.
In diesem Youtube-Video gibt Warren Buffett in einem Vortrag ein paar Anlagetipps:
Eine schöne Zusammenfassung, ich achte auf ähnliche Dinge.
Beim KGV macht es manchmal Sinn einen 3- oder 5-Jahres Durchschnitt zu betrachten, da dort einzelne „Ausreißerjahre“ geglättet werden und eine vorübergehende Schwäche (oder auch Stärke) nicht falsch bewertet wird. Mir dient das KGV als Anhaltspunkt, ich setze es aber auch noch in Relation zum 10-Jahres KGV um zu schauen ob die Aktien „historisch“ über- oder unterbewertet ist.
Bei den Dividenden achte ich vor allem auf eine hohe Dividendenkontinuität, wurde regelmäßig Dividenden gezahlt, konnte diese regelmäßig erhöht werden oder wurde sie sogar gekürzt. Ich halte mich von Unternehmen fern die nur alle paar Jahre zufällig mal eine Dividenden auszahlen.
Das mit dem hohen Marktanteil sehe ich prinzipiell genau so, es gibt aber auch die „Hidden Champions“ die meist nur eine Kapitalisierung von wenigen Mrd. ausfweisen aber weltweit eine Nische komplett dominieren.
Als letzter, ist der 8. Punkt mir sehr wichtig, wenn man das Geschäft versteht, sind es meistens Güter des täglichen Bedarfs, was das Risiko sehr stark begrenzt. Ich versuche mich von komplizierten Finanzfirmen fernzuhalten, da dort oft Fehlentscheidungen von Einzelpersonen (oder kleinen Gruppen) zu hohen Verlusten führen können.
Als letztes heißt es dann geduldig sein, denn im Moment sind Aktien nach diesen Kriterien leider nur noch sehr schwer zu bekommen.
Jan
@ Jan
Danke für die exzellente Ergänzung.
Problem vieler Hobbybörsianer ist: Sie rennen Trends auf dem Höhepunkt hinterher: Facebook, Apple etc. Sie neigen dazu, oben zu kaufen und unten zu verkaufen. Für Produkte des Alltags (Brot, Seife, Kaffee, Klopapier) kann sich niemand begeistern.