Alex (27) baut sich sein Depot selbst auf. Hauptsächlich investiert er in ETFs, einen kleinen Anteil nehmen Aktien ein. Hier ist sein Leserbrief.
Hallo an alle Leserinnen und Leser,
auch ohne berufliche Ausbildung im Banken- oder Versicherungssektor ist es möglich und besonders nötig, die Vermögensbildung und den Vermögensaufbau in die eigenen Hände zu nehmen. Obwohl die Zahl der Aktionäre in Deutschland in den letzten 20 Jahren gestiegen ist, sind laut des Deutschen Aktieninstitutes nur rund 17% der Deutschen ab 14 Jahren in Aktien investiert. Bei den bekannten Problemen der umlagefinanzierten Rentenversicherung müsste die Zahl der Aktionäre deutlich steigen. Im Folgenden möchte ich mich kurz vorstellen, um anzuregen, Investments in die eigenen Hände zu nehmen.
Zu mir: Ich bin Alex, 27 Jahre alt und Produktmanager. Ursprünglich habe ich eine Ausbildung im Handwerk absolviert und hatte wenige Berührungspunkte mit dem Thema Aktien. Manchmal ist es Zufall oder eine besondere „Fügung“ und ich bin aufgrund eines vermeintlich „kleinen“ Geschenkes (eines Buches der „Börsenoma“ Beate Sander) zum Investieren gekommen.
Der Schwerpunkt meines Depots besteht aus ETFs
Seit 2018 lege ich deshalb den Großteil meiner Investments in ETF´s an und durch den zweiten „passenden“ Zeitpunkt – den Corona-Crash 2020 – bin ich auch in Einzelaktien engagiert, was sich wiederum mit der Zeit und viel „Selbststudium“ zu einer großen Leidenschaft entwickelt hat. Meine Strategie beruht auf einer Core-Satellite-Strategie und 70% meiner Investitionen sind in breitgestreuten ETF´s wie dem MSCI World, MSCI Emerging Markets IMI und MSCI World Small Cap angelegt. Weitere 30% investiere ich in Qualitätsunternehmen an der Börse. Hierauf möchte ich genauer eingehen. Mein Ansatz in der Auswahl von einzelnen Anlagen ist immer von der „Qualität“ eines Unternehmens geprägt und bildet meinen Fokus. Die Definition von Qualität kann viele Aspekte aufweisen. In meinem persönlichen Fall sind folgende Faktoren besonders relevant:
- Das Geschäftsmodell eines Unternehmens
- die Stabilität des Geschäftes
- eine stabile Bilanz mit möglichst geringer Verschuldung
- Marktstellung des Unternehmens
- der Track Record und
- der rechtliche Sitz des Unternehmens
Neben diesen Faktoren gibt es viele weitere. Als wichtigsten Punkt erachte ich das Investieren in ein Unternehmen und nicht in einen steigenden oder fallenden Aktienkurs. Der Blick sollte weg von Spekulationen und dem Gedanken „wie kann ich schnell Rendite erzielen?“ hin zu einem langfristigen Blick durch Krisen und Crashs, um fürs Alter vorzusorgen. Tim ist mit seiner Buy-and–hold-Strategie ein Vorbild. Er zeigt uns insofern allen, wie der langfristige Vermögensaufbau aussehen kann. Nun möchte ich euch drei meiner Einzelinvestments kurz vorstellen. Ich habe drei Werte gewählt, welche nicht unbedingt in vielen Depots zu finden sind. Besonders wichtig ist mir hier der Hinweis, dass ich nur meine Meinung und Gedanken widerspiegeln möchte und keinerlei Anlagenberatung erbringe.
Metro Inc.
Die Metro Inc. ist nicht mit „unserer“ deutschen Metro AG, dem Lebensmittelgroßhändler, zu verwechseln. Wir sprechen hier von einem kanadischen Unternehmen, welches hauptsächlich im Lebensmitteleinzelhandel aktiv ist. Die Umsätze verteilen sich auf 75% im Lebensmittelgeschäft und 25% im Apotheken- und Drogeriemarkt. Das Unternehmen ist nur in Kanada aktiv, besonders im Einzugsgebiet des Sankt-Lorenz-Stroms in den Provinzen Quebec und Ontario. Der Hauptsitz liegt in Montreal.
Was macht eine „Supermarkt“- und „Drogerie“-Gruppe im weit entfernten Kanada so spannend? Es sind die oligopolistisch anmutenden Marktanteile kanadischer Lebensmitteleinzelhändler. Loblaws Companies sind mit rund 30% Marktanteil die Nummer eins in Kanada, gefolgt von Sobeys, welche zur Empire Company gehören mit etwa 21% Anteil und auf Platz drei folgt dann die Metro Inc. mit ca. 11%. Weiter sind einige US-Unternehmen wie Walmart und Costco mit geringen Marktanteilen in Kanada tätig. Diese wenigen Unternehmen besitzen also einen ungefähren Marktanteil von 85%. Der Anteil von Metro, nur in den beiden auch aktiven Regionen im Speckgürtel Kanadas, ist mit dem größten Wettbewerber Loblaws ebenbürtig.
Trotz eines vermeintlich langweiligen und vorhersehbaren Geschäftsmodells wächst Metro beständig im Gewinn und Cashflow mit niedrigen zweistelligen Raten. Mit der Aktie lässt sich auf lange Sicht eine Rendite von 10 bis 15% p.a. erzielen. Ein weiterer spannender Aspekt ist die Effizienz des Unternehmens. Metro kann im Gegensatz zu weiteren weltbekannten Einzelhändlern wie Walmart, Kroger, Carrefour oder Tesco, welche mit operativen Margen im Bereich zwischen 2,5 und 4,5% agieren, 6,0 bis 7,0% eintüten, was auf ein deutlich profitableres Geschäft und Marktmacht als bei vergleichbaren Unternehmen aus den USA oder Europa schließen lässt.
Nippon Sanso
Apropos Oligopol – Nippon Sanso ist ebenso in einem sehr konzentrierten Markt aktiv. Als Industriegasehersteller aus Japan gehört Nippon Sanso zu den vier größten Unternehmen in diesem Tätigkeitsfeld. Die größten Wettbewerber sind Linde plc. und Air Liquide mit jeweils 30% Marktanteil, Air Products mit etwa 15% Anteil und auf dem vierten Platz kommt das japanische Unternehmen mit ca. 11%. Somit werden rund 85% der weltweiten Marktanteile nur von vier Unternehmen abgedeckt.
Die Tätigkeitsbereiche von Industriegaseherstellern sind in der Regel gut diversifiziert, ob medizinische Gase (Krankenhausversorgung) für die Industrie (Elektronik, Metallindustrie), dem Chemiesektor (Schutzgase, Prozesskühlung) oder in der Lebensmittelindustrie (das Haltbarmachen von Lebensmitteln). Nippon Sanso hat sich auf die Produktion und den Vertrieb von Gasen wie Sauerstoff, Stickstoff, Argon und anderen Spezialgasen spezialisiert. Diese Gase werden mithilfe eines MOCVD-Verfahrens (metallorganische chemische Gasphasenabscheidung) gespalten und entweder in Industrieanlagen vor Ort direkt oder in abgefüllten Flaschen vertrieben. Durch die angesprochene Marktmacht können meist langfristige Verträge ausgehandelt werden, welche die Geschäftszahlen vorhersehbarer machen. Gewinn und Cashflows konnten langfristig um 15 bis 20% pro Jahr gesteigert werden. Kursrenditen konnten auf lange Sicht zwischen 10 bis 12% p.a. erzielt werden.
Warum ist dann gerade dieses Unternehmen spannend und nicht einer der anderen drei größeren Mitbewerber? Die noch geringeren Margen von 14% im Gegensatz zu 20 bis 26% zeigen, dass für den Herausforderer, mit den dafür größeren Wachstumsraten noch Potenzial für effizienteres Wirtschaften besteht und die Margen aufschließen könnten (erklärtes Ziel des CEO). Der zweite Aspekt liegt in der günstigeren Bewertung von aktuellen KGV´s um die 19 im Vergleich zu 25 bis 33 bei Linde und Co. Zugleich kann ein Unternehmen mit Sitz in Japan eine weitere Diversifikation im Gegensatz zu den oft gehaltenen Anteilen von Aktien in den USA oder Europa sein.
Brenntag AG: Der Chemiekalienhändler wird gebraucht
Der Chemiedistributor braucht sich nicht zu verstecken. Im Gegensatz zu den beiden anderen vorgestellten Werten ist der Markt für Chemiedistribution stark fragmentiert. Trotz alledem ist Brenntag mit einem weltweiten Anteil von ca. 5% Weltmarktführer. Platz zwei geht an Univar mit weniger als der Hälfte der Marktanteile. Die Top sechs Unternehmen teilen sich 11% des Marktes, während alle anderen Unternehmen weltweit den Großteil von 89% unter sich aufteilen (mitunter sehr kleine Firmen).
Kurz zum Geschäftsmodell: Stark vereinfacht kauft Brenntag bei den großen Chemieherstellern wie BASF oder Dow die Chemikalien en gros ein und verpackt/verteilt diese Produkte speziell für den jeweiligen Zielmarkt. Sie agieren mit über 10.000 Produkten und handeln mit 180.000 Kunden. Die Umsätze sind in verschiedensten Segmenten stark diversifiziert. Darunter sind Lebensmittel, Energie, Schmierstoffe, chemische Verarbeitung, Pharma und Körperpflege. Kein Großkunde hat einen signifikanten Anteil an den Umsätzen. Gewinne und Cashflows wuchsen in den letzten Jahren um 6 bis 7% p.a., während die Rendite der letzten 10 Jahre bei ungefähr 9% p.a. lag. Es ist zu beachten, dass Brenntag erst seit 2010 an der Börse notiert ist.
Was macht Brenntag jetzt so spannend? Der Chemiesektor ist sehr zyklisch, was BASF-Aktionäre schmerzlich erfahren. Als Distributor chemischer Produkte und der daraus resultierenden breiten Abdeckung von Branchen und Einzelkunden sind die Essener weniger zyklisch als der genannte Chemieproduzent. Trotzdem solltest du die Konjunktur beachten und nicht denken, du hättest es mit einem klassischen unzyklischen Unternehmen zu tun. Weiterhin fädelt Brenntag als Serienkäufer und marktstärkstes Unternehmen in einem stark fragmentierten Markt spannende Übernahmen ein, was das Wachstum beschleunigt. Mit angemessenen Wachstumsraten hat Brenntag eine faire Bewertung im Bereich 15 bis 17 beim KGV.
Fazit: Die Zeit ist auf deiner Seite
Zum Schluss hoffe ich, dass ihr etwas für euch mitnehmen konntet und möchte mich besonders bei Tim bedanken, dass ich meine Depotstrategie hier teilen durfte. Allen Lesern wünsche ich stets Erfolg bei ihren Buy-and-hold-Investments. „Die Zeit ist der Freund des guten Unternehmens und der Feind des mittelmäßigen“, so Warren Buffett.
Grüße Alex
Hallo Alex, vielen Dank, dass du deine Investment Strategie vorgestellt hast. Die Unternehmen Metro und Nippon Sanso kannte ich bislang nicht. Es ist auch schön mal wieder neue Unternehmen kennen zu lernen. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg!
Beste Grüße Nick
Bei kanadischen Unternehmen wäre ich angesichts der politischen Lage etwas vorsichtig.
Irgendwie triggert mich extrem, wenn Buffett falsch geschrieben wird.
Ansonsten ein netter Artikel.
Ein wenig mehr Hintergründe wie, Einkommen, Sparrate etc. wäre schön gewesen.
@-M
Weisst Du, ob man in D. auch steuereinfach in den Lilu (? ;-)) Fonds von Charly investieren kann.
Würde mir noch zu berks & costco fehlen.
Grüße vom Abendbuffet. ;-)
Wenigstens schreibst du es korrekt :-) Bin gerade dabei zu schauen was die Buli aufgetischt hat.
Li Lu (Vor -und Nachname :-) )hatte ich vor Jahren mal ein wenig geforscht. Geht glaube nur als vermögender Privatkunde und ab Mio Beträgen.
Kannst ja mal die IR Abteilung anschreiben
https://www.himcap.com/#Contact
-M
@-M
Danke.
Ich glaube er ist geschlossen.
Aber für ne abgewandelte 3 Speichen-Regel wäre es bei Mio Mindestanlage auch herausfordernd geworden. ;-)
In ETFS und Aktien lohnen sich nicht mehr, wenn die von geplanten SPD Steuern auf 30% erhöht werden. Die vermiete Wohnungen auch nicht mehr. Einzige Option ist das Auswandern
Finde es tatsächlich auch erschreckend. Die Risikovergütung sinkt immer weiter! Da Frage ich mich wirklich, ob es sich noch lohnt, dieses Risiko einzugehen.
Bei Verlusten lässt einen der Räuberstaat alleine, bei Gewinnen greift er zu.
„Sorgt privat für das Alter vor!“ hat er gesagt, es ist eine riesen Sauerei!
Auch wenn der Staat gieriger wird, trotzdem weiter investieren. Die die nix machen werden weit weniger haben.
Renteneintritt mit 63 und dabei Inkaufnahme der 0,3 Prozent Abschlag je Monat wird ggf. auch gestrichen. Das wäre sehr ärgerlich.
Auch hier ist das wohl Maximalforderung, diesmal „der anderen Seite“.
Ich kann mit einigen Dingen leben und finde die auch sinnvoll – was echt doof wäre ist, wenn die sich gegenseitig die Dinge reinverhandeln, die der „normalen“ Bevölkerung helfen. Z.B. „OK, 30% Kapitalertragssteuer wenn wir die Chance zum früheren Renteneintritt bekommen“. Schon ist der Mittelstand doppelt gekniffen. Aber gut – dann nimmt man halt am Ende des Erwerbslebens die zwei Jahre Arbeitslosengeld und dann noch nen Jahr Krankschreibung mit…
Ich habe auch bis heute nicht verstanden, wieso der Renteneintritt an einem Alter und nicht nicht (zumindest anteilig) an der geleisteten Lebensarbeitszeit gemessen wird.
„Helfen“ war oben natürlich falsch – ich meinte das Gegenteil ;-)
Ja man muss mal schauen wie es am Ende beschlossen wird. Es zeigt aber, wie schnell die Politiker doch an den Rädchen drehen können und ganze Rahmenbedingungen geändert werden könnten. Ärgert mich auch, dass ich davon im Vorfeld der Wahl nichts gelesen habe.
Nun ja, der vorzeitige Ruhestand mit 63 und vollen Abschlägen ist natürlich ein Luxus, der allgemein in der Bevölkerung kein Verständnis hervorruft. In so einem Finanz Blog, wo vermutlich die meisten aber höhere Beträge über Jahre ansparen, auch um vielleicht etwas früher das Arbeitsleben zu beenden, dürfte das aber schon Beachtung finden. Warten wir es ab.
Wieso? Die Partei, die ich gewählt habe, wollte schon vor der Wahl mit Merz zusammen genau das machen, was jetzt gemacht wurde. Auch eine Verschiebung von Finanzierungslasten auf starke Schultern war immer Thema.
Wenn man natürlich Merz mit seinen absoluten und unhaltbaren Versprechen gewählt hat, kann es durchaus zu Unmut kommen. Die (in meinen Augen nötige) Neuverschuldung ist ja durchaus vielen Unions-Wählern ein Dorn im Auge.
Wie schön wäre es gewesen, wenn man unter Merkel bei Minuszinsen die Infrastruktur und das Militär auf Stand gebracht hätte…
Es ist überhaupt nichts in trockenen Tüchern. Die 30% auf Kapitalerträge stehen erst einmal nur im Raum. Außerdem gäbe es immer noch die Option dann bewusst eine Growth Strategie zu fahren mit Aktien die wenig bis gar nichts ausschütten. Wer sowas 10-15 Jahre hält ist dann auch schon politisch wieder in einer ganz anderen Situation.
Wenn der Orange weiter so mit seinem Zöllen um sich schlägt wird es auch nicht mehr viel Kapitalerträge geben, ist kein Trost ist klar.
@Pat
Zu trainieren ist hart – nicht zu trainieren ist auch hart… wähle Dein hart.
Zu sparen ist hart – nicht zu sparen ist auch hart …. wähle Dein hart.
Leistung zu bringen ist hart – keine Leistung zu bringen ist auch hart… wähle Dein hart.
Warum muss der Staat jemanden pampern… der weniger für die Gesellschaft leisten will ???
Ich sehe vieles auch kritisch und würde mir mutige Reformen (da muss man Eier haben ;-)) für die Wirtschaft wünschen. Auch eine Rentenreform mit höheren Renteneintritt ist eigentlich wirtschaftlich absolut logisch.
Ich möchte nicht Wissen, wer hier von den Heulsusen die Altparteien gewählt haben.