Herbalife ist ein Direktvermarkter von Getränkepulvern, Eiweißriegeln, Vitamintabletten. Die Erfolgsrechnung zeigt auf den ersten Blick beeindruckendes Wachstum, gesunde Profite, hohe Margen, schöne Dividenden. Es handelt sich um eine der am schnellsten wachsenden Firmen der Welt. Gegründet wurde der Emporkömmling 1980. Andere Konsumgüterhersteller wie Energizer oder Clorox, die ähnlich hohe Umsätze stemmen, sind 100 Jahre alt und älter.
Alles sieht so toll aus. Das KGV ist günstig, der operative Cash Flow ist kerngesund, Aktien kauft der Vorstand massig zurück. Die Erfolgsstory ist zu gut, um wahr zu sein, behauptet Hedgefondsstar Bill Ackman. Der New Yorker Geldzauberer warnt vor einem illegalen Schneeballsystem. Der 46-jährige Profi-Trader hat Herbalife-Aktien im Wert von über einer Milliarde Dollar geshortet. Er hofft, einen gewaltigen Kurssturz auszulösen. Sein Kursziel: 0 Dollar.
Der Fondsmanager hielt diese Woche eine Rede in New York, er griff die Herbalife-Führungsspitze scharf an. Die Aktie brach daraufhin ein. Allein am Freitag plumpste der Titel um 19 Prozent auf 27,27 Dollar.
Ackman verfolgt natürlich eigene Interessen. Er profitiert, wenn die Aktie fällt. Treten Sie zunächst in solchen Fällen einen Schritt zurück. Blicken Sie aus der Ferne, aus einer neutralen Distanz auf die Situation. Es gibt selbstverständlich Kritiker, die warnen vor solchen Short-Attacken. Der Kurs kann sich wieder fangen, erholen. Logisch. Herbalife ist schon mehrmals in das Visier von Leerverkäufern geraten. Der gefürchtete Shortseller David Einhorn, ebenfalls wie Ackmnan ein smarter New Yorker Milliardär, stellte schon vor Monaten in einer Telefonkonferenz dem Direktvertrieb kritische Fragen.
Viele Argumente gegen das Unternehmen leuchten ein. Hier ist ein aktuelles Interview von Ackman mit „Bloomberg TV“ zu sehen.
Zig Millionen selbständige Vertriebsmitarbeiter hat der Gigant in 84 Ländern für sich eingespannt. Die kaufen für ein paar Tausend Dollar die Pulverboxen und versuchen, das Zeug im Freundes- und Bekanntenkreis loszuwerden. Sicherlich werden auch die Nachbarn „heimgesucht“. Ein schwieriges Unterfangen. Manch einer bleibt auf den Produkten sitzen, verliert ein paar Tausender. Und muss am Ende den Kram selbst konsumieren. 93 Prozent der Vertriebler scheiden am Ende erfolglos aus dem Strukturvertrieb aus.
Ackman sagt, der „kleine Mann“ ist hier der große Verlierer. Denn der Verkäufer könne von zuhause die „überteuerten“ Ernährungsergänzungsmittel oftmals nicht wie erhofft unter das Volk bringen. Nicht zu vergessen sind Sprit- und Versandkosten, die der Verkäufer selbst bezahlen muss. So sehen übrigens die Vertreter aus.
Im Mittelpunkt des Geschäftskonzepts steht die „gesunde Diät“. Ob solche Pülverchen wirklich die Lösung für Übergewicht und schlechte Ernährung sind, wage ich zu bezweifeln. Mehr noch: Zum Sortiment gehören jede Menge Pillen. Es gibt Tabletten, die soll man vor dem Schlaf zur Stärkung der Organe und des Herzen einnehmen. Nehmen Sie regelmässig Pillen zur Stärkung der Abwehrkräfte, Gelenke, Muskeln ein? Glauben Sie daran? Flüssigseife, Cremes, Shampoos – das leuchtet mir ein (siehe mein Foto oben). Aber muss ich als Konsument die teuren Zaubermittel für das Herz kaufen? Wohl kaum. Sie kriegen solche Wundermittel mittlerweile an jedem Eck.
Über 100 Sportveranstaltungen – von Beachvolleyball über Triathlons und Drachenbootrennen bis hin zu Marathons – sponsert Vorstandschef Michael Johnson. Er hat prominente Fußballer in die Marketingstrategie eingebunden. Selbst David Backhams Team LA Galaxy fördert der Strukturvertrieb.
CEO Johnson hat einige Mediziner, ein paar Wissenschaftler gewonnen. Prominente Namen sind darunter. Die kriegen dafür ein schönes Honorar. So kann Johnson mit den Medizinern in die Werbung gehen. Clever, oder?
Ackman behauptet, Herbalife habe von der Weltwirtschaftskrise profitiert. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit wollen immer mehr Menschen Teil des Vertriebsmodells werden, um sich ein Zusatzeinkommen aufzubauen. Auf speziellen Veranstaltungen, sie nennen es Extravaganza, lernen sie die Produkte kennen und werden motiviert. Distributoren kommen aus aller Herren Länder, aus der Ukraine, Schweden, Mexiko, Italien. Sie bekommen Videos vorgespielt, in denen Millionäre vor die Kamera treten, um zu zeigen, wie sie mit dem „weißen Pulver“ reich geworden sind. Die Erfolgreichsten fahren Ferraris, residieren in der Villa am Strand, planschen im Pool. In einem Video geht der Millionärs-Lockruf um: „Du kannst träumen, Du kannst es erreichen“. Der Traum, Millionär zu werden, endet vermutlich für viele in einem Albtraum.
Pikant: Der größte Aktionär war eine zeitlang Goldman Sachs mit elf Prozent. Die Goldmänner sind mittlerweile komplett ausgestiegen.
Was lernen wir daraus? Vorsicht vor intransparenten Strukturvertrieben. Vorsicht vor solchen Aktien. Ich würde das Papier nicht mit der Kneifzange anfassen. Gleichzeitig rate ich davon ab, Puts zu kaufen. Derivate (Calls, Puts) sind hochgefährlich. Selbst wenn ein Unternehmen unter Beschuss kommen sollte, Sie können einen Kurssturz niemals akkurat planen, vorhersehen. Die Zeit arbeitet bei solchen Finanzinstrumenten immer gegen Sie. Diese Instrumente sind zudem teuer.
Ich finde es spannend, wie umfassend sich Ackman auf diese Attacke vorbereitet hat. Über ein Jahr lang drehte er mit einem Team jeden Stein um. Auf seiner Website www.factsaboutherbalife.com können Sie viele Infos finden. Ein drei Stunden langer Vortrag des New Yorker Aktivisten ist mit dabei. Darin zieht Ackman gegen Herbalife vom Leder.
Johnson kocht vor Wut. Sein Aktienkurs ist zusammengebrochen. Anfang Januar möchte er in New York auftreten, er will die Vorwürfe auf seiner Analystenkonferenz aus der Welt räumen. Das wird nicht einfach. Etliche Fragen dürften bleiben.
Ackman kann sich derweil die Hände reiben. Je mehr Angst und Schrecken er unter den Herbalife-Aktionären verbreitet, desto eher zahlt sich seine Shortwette aus. Bis dato hat er ganze Arbeit geleistet. Der Kurschart sieht jedenfalls aus, als ob jemand eine Bombe abgeworfen hat. Insofern hat sich die umfangreiche Recherche wohl gelohnt.
Tim, für mich kommt diese Aktie nicht in Frage. Danke für den Artikel.
Ich habe die 330 Seiten Presentation jetzt knapp zwei mal durchgelesen und bin sehr beeindruckt von ackmans research…
wie tief er gräbt, shipping-cost in bezug auf das gewicht des produkts und der vergleich mit Tupperware usw.
fotos von maroden nutrition-clubs.
aufschlüsselung des verteilungssystems…
ich denke jedoch das HLF aber eine cashflow maschiene ist, einen Betrug wie bei Sino-Forest uä sehe ich hier nicht… ob sie es bleibt ist eine andere Frage…
ob jetzt weiter Regierungen wie in Belgien einschreiten oder die Verkaufslmanschaften den Aufstand
proben wird sich zeigen…
In der Presi wird gezeigt, was der Preisunterschied zu anderen Produkten dieser Art ist…
ich werde demnächst mal schätzen wie viel Revenue und Gewinn mit „marktüblichen“ Preisen und Margen gemacht werden kann und ob das Angstpendel nicht zu weit Auschlägt…
hab noch ein bisschen weiter geforscht und mir fehlt hier die „ehrlichkeit“ auf management-ebene um mich mit einem investment wohl zu fühlen…
Wirklich beeindruckend was Ackman da abliefert.
Da müssen wirklich viele Leute über einen längeren Zeitraum gearbeitet haben, für die Auswertung so einer riesigen Datenmenge und den ständigen Vergleichen mit anderen Produkten.
Wird sich für Ackman bereits schon ausgezahlt haben, dass so viel Arbeit reingesteckt wurde. Der Kurs ist extrem eingebrochen.
Viele Grüße, Chris