Ein Hobby-Aktienguru

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Ich traf einen außergewöhnlichen Fondsmanager. Wir verabredeten uns vergangenen Sonntag zum Brunch im West Village. Faisal Chaudhry ist sein Name. Er ist Ende 30. Chaudhry landete nach sechs Jahren in einem Aktienwettbewerb ganz vorne. Um genau zu sein: ziemlich vorne. Von rund 20.000 Teilnehmern schaffte er es unter die ersten 20. Ich glaube, er war auf dem 17. Platz. Gut, es handelte sich um ein rein hypothetisches Depot. Aber es wurde unter reellen Bedingungen geführt (mit Erwerbsnebenkosten und strikten Regeln wie bei einem echten Fonds). Veranstaltet wurde der Wettbewerb auf dem Portal Marketocracy.com.
Seine Performance war so beeindruckend, dass er Angebote von Fondsgesellschaften erhielt. Medien berichteten über ihn.
Sie müssen wissen, dass Faisal Chaudhry gar kein gelernter Finanzprofi ist. Er ist Psychiater. Er arbeitet in einem Krankenhaus in Brooklyn. Das Portfolio betreute er in seiner Freizeit. Sein Vater (ein Arzt) brachte ihm das Investieren bei. Als der Amateur-Aktienguru die Jobangebote aus der Finanzbranche erhielt, lehnte er ab. Er möchte Arzt bleiben.
Das Forbes Magazin schrieb über ihn. Ein Fernsehteam tauchte eines Tages in seinem Krankenhaus auf. Es war das Frühstücksfernsehen von „Good Morning America“. Es berichtete über die Börsenstrategie des Arztes im weißen Kittel.
Ich frage ihn nach seinem Erfolgsrezept an der Börse. Er gibt mir zehn Tipps.
1. Er liest sehr viel. Seine Lieblingslektüren sind Barrons, Wall Street Journal, New York Times und Onlineportale wie Fool.com. „Lese so viel wie möglich.“
2. Er rät: „Entwickle Ideen außerhalb von bewährten Denkmustern.“ Es sei ein großer Vorteil, Arzt zu sein und nicht an der Wall Street zu arbeiten, resümiert er.
3. Er wartet auf außergewöhnliche Situationen. Wenn das „dumme Geld“ aktiv wird, wie er es nennt, böten sich herrliche Chancen. So sei es spannend, wenn ein Unternehmen die Dividende senke oder streiche. Oft breche in einem solchen Fall der Aktienkurs ein. Man müsse aber genau analysieren, warum die Dividende gestrichen werde. Entscheide das Management, statt Dividenden auszuschütten, Aktien aggressiv zurückzukaufen, sei die Dividendenstreichung womöglich eine frohe Botschaft und damit ein Kaufsignal. Alternativ gelte: Wenn der Vorstand massiv in das eigene Unternehmen investieren wolle und deshalb die Dividende streiche, könne das ein Kaufsignal sein.
4. Er beobachtet die Insider. Steigt die Führungsspitze im großen Stil ein, ist das ein gutes Zeichen.
5. Wenn eine Aktie um 40 Prozent in ein paar Monaten geklettert ist, wird er vorsichtig. Meist verkauft er, streicht den Gewinn ein. Nach einer Kursrallye binnen drei, vier Monaten steigt er jedenfalls nicht mehr ein.
6. Eines seiner Lieblingslektüren ist die Kapitalflussrechnung. Hohe Cashflows mag er natürlich. Ist zudem die Bewertung günstig (Kurs-Cashflow-Verhältnis), greift er zu. Er hat schon Aktien mit einem Kurs-Cashflow-Multiple von drei entdeckt, die kurz nach seinem Einstieg explodiert sind.
7. Derzeit besitzt er in seinem privaten Depot einen regionalen Versorger, der seine Aktionäre mit vier Prozent Dividendenrendite verwöhnt.
8. Während der Finanzkrise kaufte er sich ein Haus. Er meint, die Immobilienpreise seien seinerzeit in den USA einfach zu günstig gewesen. Wenn die Preise beben, sieht er Chancen.
9. Er rät, 20 Prozent des Einkommens jeden Monat zu sparen. Sein Ziel: In seinem Aktiendepot möchte der Doc 20 Prozent Rendite jährlich eintüten. Mit zehn Prozent jährlich gibt er sich schon zufrieden. Er möchte so früh wie möglich in der Lage sein, in die Rente gehen zu können.
10. Auf Finanzmessen tritt er ab und an als Gastredner auf. Einen kleinen Fonds managt er nebenher. Seinen weißen Kittel möchte er keinesfalls aufgeben. Es sei eben von Vorteil abseits der Finanzbranche zu arbeiten. Da habe man einen besseren Blick für Sondersituationen. Andere würden das nicht gleich sehen.

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11 Jahre zuvor

Sehr interessant.
Aber wie schon Kostolany treffend wusste: „Phantasie ist wichtiger als Wissen“.
Und ein wenig Distanz kann auch nicht schaden. Aus der Ferne sieht man den Wald besser. Im Wald selbst sieht man nur die Bäume, aber nicht den Wald.

Interessant zu lesen. Es ist wirklich gar nicht schlecht, nicht direkt in der Finanzbranche zu arbeiten. Am Freitag habe ich für mein Dividenden Depot Consolidated Edison gekauft. Die zahlen aktuell ca. 4,20% Dividendenrendite p.a. – Ist aber nach meiner Meinung ein Top Wert für einen Value Investor, oder ?

Frank
11 Jahre zuvor

Hallo,
viel Lesen finde ich ebenfalls wichtig.Gar nicht unbedingt wegen der Fakten (natürlich auch), vor allem aber um Anlegerstimmungen zu erfahren.
Als Kosto Anhänger gilt für mich als wichtig:
– wie ist die allgemeine Stimmung?
– wie reagieren Aktien auf gute/schlechte News
– sind mehr Hartgesottene oder mehr Zittrige im Markt?
– was machen die Insider?
Frank

11 Jahre zuvor

Klingt sehr gut, was er schreibt. Mit den Dividendenkürzungen mache ich das genauso.
20% des Einkommens zu sparen ist schon gut und weit über dem amerikanischen Schnitt.
20% Rendite halte ich jedoch für unrealistisch. Inflation und Zinsen sind momentan niedrig. Es kommt ja eh nur auf die Realrendite an.

Peter
11 Jahre zuvor

4 % Dividende für einen Versorger finde ich wenig. Wenn ich 4% Dividende möchte würde ich eher auf etwas Qualitativ höherwertiges wie z.B. BAT (Zigretten) setzen die erhöhen auch jährlich die Dividende. RWE, E.ON oder EDP zahlen 6 – 8% derzeit. E.ON ist dabei besonders billig. KPN WKN:890963 bekommt man derzeit zu einem Kurs Cash Flow Verhältnis von ca. 1,2.

Markus
11 Jahre zuvor

20 % sind ambitioniert wenn man bedenkt das Walter Schloss, Billy Ruane und alle bekannten Value Investoren einen Schnitt von um die 15 % geschafft haben.
Ein schönes Plus ist natürlich die amerikanische Steuerfreiheit bei Aktiengeschäften. Bei uns geht ja leider knapp 1/4 schon mit der Abmelkungssteuer drauf.

Da kann ich das Hobbing von Einzelaktien rein und raus bzw. unter- bzw. fair bewertet fast gleich lassen und buy & hold mit gestreuten Weltkonzernen und oder etf`s mit small, emerging & value Ausrichtung beimischen.

@Marcos
Finde Deine Dividendenstrategie sehr interessant. Mir persönlich wären nur die Aristokraten wichtiger als die Konzerne, die keine nachhaltige Dividendenpolitik, aber dafür mit sehr hohen Dividenden locken. Oder wie entscheidest Du Dich für Ein- und Ausstieg? Allerdings hast Du dafür ja auch eine sehr breite Streuung von Einzelinvestments. Nur USA und Kanada wäre mir persönlich zu einseitig.

:
Ich werde bestimmt irgendwann 100 Einzelwerte in meinem Dividenden Depot haben. Die Dividendenstrategie sollte langfristig aufgehen und ich kaufe jetzt vermehrt schon US Dividenden Aristokraten für mein Dividenden Depot – auch wenn erstmal die Gesamt Brutto Dividendenrendite etwas darunter leidert – in 2-3 Jahren sollte sie aber durch die vielen Dividendensteigerungen wieder ansteigen.

Stefan
11 Jahre zuvor

100 Einzeltitel? Wäre mir erheblich zu viel. Da kannst du ja gleich einen Index kaufen.

Meiner Meinung nach reichen zehn Topkonzerne wie Procter&Gamble, Johnson&Johnson, Coca Cola usw vollkommen aus.

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