Hallo Tim,
ich lese sehr gerne Deinen Blog und auch die Beiträge Deiner Leser – vielen Dank dafür.
Ich bin Anfang 40, verheiratet und habe drei Kinder zwischen 8-12 Jahren. Wir wohnen in Süddeutschland in einer größeren Stadt. Meine Frau ist Beamtin und ich leitender Angestellter in einer mittelgroßen Firma. Wir haben pro Monat nach Abzug der Kosten für Haus und privater Krankenversicherung ca. 6.000 € pro Monat zur Verfügung.
Das Thema Geldanlage und Investition ist für uns erst seit einigen Jahren wichtig geworden. Obwohl ich Betriebswirt bin, hat mich das früher nicht sehr interessiert. Wir haben mit steigendem Einkommen immer mehr Geld für Essen, Urlaub und (ja leider) auch Autos ausgegeben. Wir hatten die Einstellung, dass wir in unserem doch recht stressigen Alltag uns etwas gönnen dürfen.
Rücklagen haben wir über fünf Lebensversicherungen (2xRiester, 2xLV inkl. Berufsunfähigkeit und eine Direktlebensversicherung) gebildet – immerhin liegen dort jetzt um die 80.000 €. Wir besparen die Produkte auch weiter. Ansonsten hatten wir teure Fonds, auf die wir Geld geparkt und dann wieder abgezogen haben. Über Kosten haben wir nicht nachgedacht.
Das Umdenken hat vor 4 Jahren begonnen. Wir haben seither alle Verträge und Konten überprüft und gewechselt, haben Budgets für Lebensmittel (verwalte ich) und weitere Ausgaben (verwaltet meine Frau) eingeführt, verkaufen Dinge über Ebay und kaufen auch für die Kinder und uns, wenn in gutem Zustand, gebrauchte Dinge.
Unser zweites Auto ist abgeschafft. Ich fahre öffentlich zur Arbeit. Auch unser toller VW-Bus ist gegen eine günstige Familienkutsche getauscht. Zusätzlich haben wir und die Kinder seit einigen Jahren Depots für Wertpapiere. Diese werden monatlich bespart. Von einer Schenkung haben wir uns eine kleine Wohnung zur Kapitalanlage gekauft, allerdings haben wir davon aktuell keine Einnahmen, da alles in den Kredit fließt.
Insgesamt haben wir eine Vermögen von knapp 400.000 €. Wir bauen dieses um ca. 40.000 € pro Jahr auf.
Wenn ich Beiträge lese, ist für viele das sparsame Leben ein Vergnügen und das Sparen und Investieren einfach und kein Problem. Wir haben das eigentlich anders erlebt.
Die eignen Finanzen zu ordnen und die Ausgaben und Einnahmen zu strukturieren ist echte Arbeit:
— alle Verträge zu checken, Versicherungen auf Jahresbeiträge umstellen und die Jahresbeiträge monatlich wegsparen, Depots eröffnen, sich in das Thema Aktien/ETF einlesen, ein Haushaltbuch führen, Budgets einrichten und das Ganze auch noch über einen längeren Zeitraum, Geld für Urlaub vorweg auf einem Tagesgeldkonto zu legen usw.
Wir haben dafür mindestens zwei Jahre benötigt. Uns sind dabei z.B. bei unserem ETF-Depot Fehler unterlaufen, die manchmal einiges Geld gekostet haben.
Mit der Struktur sind wir jetzt zufrieden. Wir haben sehr viel gelernt. Im Alltag ist das trotzdem für uns immer wieder eine Herausforderung:
— es wird ein neues Instrument benötigt. Im Herbst müssen drei paar Schuhe, sehr viel Schulzeug und Winterklamotten gekauft werden. Alle fliegen in den Urlaub. Wir fahren nur in Europa weg, können wir nicht im Tierpark essen gehen und unsere Brote und Siggwasserflaschen zu Hause lassen, machen doch alle anderen auch usw.
Mein Fazit ist daher: Investieren macht Spaß. Es ist toll die Früchte zu ernten. Der Weg dorthin ist schwierig. Das Durchhalten ist eine Herausforderung. Mich wundert es überhaupt nicht, dass das einigen Leute sehr schwer fällt. Für uns ist die größte Motivation unseren Kindern einen guten Grundstock für Ihr Leben zu legen und mit wachsendem Vermögen freier in unserem Leben zu werden.
Zusätzlich klappt das aus meiner Sicht nur, wenn man seine Einstellung zum Leben insgesamt überdenkt, z.B. die Bahn ist nicht nur billiger, sondern die Zeit zum Lesen in der Bahn ist wertvoll oder gebrauchte Dinge zu kaufen ist günstiger, aber auch gut für den Ressourcenverbrauch.
Sport und die Einstellung zu seiner Gesundheit gehören für mich zu diesen Änderungen des Lebens. Auf der anderen Seite darf man sich nicht alles verkneifen – uns ist Skifahren und Sommerurlaub am Meer und Essen in einer schönen italienischen Trattoria so wichtig, dass wir hier nicht sparen. Geld für ein Abo, gute Bücher oder das Lernen von Musikinstrumenten geben wir aus. So kommen wir auf einen Sparquote, die weit unter den oft beschriebenen 50% liegt.
Viele Grüße
Clemens
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Danke Clemens. Ich finde super, dass ihr Euch mehr Gedanken über Eure Finanzen macht. Ihr habt bestimmt schönes Potential, früher frei zu werden. Dass Du das zweite Auto abgeschafft hast und nun mit dem ÖPNV zur Arbeit fährst, ist eine super Entscheidung, finde ich. Respekt!
Das Familienvermögen von 400.000 Euro ist ein guter Grundstock. Zumal jedes Jahr 40.000 Euro obendrauf kommen. Ihr strengt Euch an. Auch wenn Eure Sparquote deutlich unter 50% liegt, ist das vorhandene Vermögen respektabel. Euer Vermögen kann durch den Zinseszins ins Rollen kommen. Hilfreich ist hier besonders die Börse. Denn Aktien rentieren im langen Schnitt am besten gegenüber anderen Anlageklassen. Ich würde Dir raten, die Hypothek fleißig zu tilgen. Und gleichzeitig die ETFs aggressiv aufzustocken.
Und noch ein wohlhabendes paar, das quasi ausgesorgt hat. Beamtenjob und dieses Vermögen, was soll da noch schief gehen? Ich glaube ja mittlerweile uns Deutschen geht es wirklich so gut wie noch nie und das freut mich!
@Clemens,
hört sich gut an,
ja, es ist die Einstellung die man selber hat, darauf kommt es an, mir fällt deswegen das Sparen nicht so schwer, ich schaue nicht was meine Kollegin hat, macht oder tut, ich mache das was für MICH passt, ich bin nicht neidisch, auf nix, ich gönne Jedem seinen Reichtum, was immer man darunter auch verstehen mag, ich bin mit meinem Erreichten voll zufrieden.
Ich bin auch der Meinung man muss sich nicht Alles verkneifen, nur noch Herumgeizen und jeden Rappen abzählen ist falsch, es ist für mich das Gegenteil von Freiheit. Glücklich wird man nur wenn man sozusagen seine Wohlfühl-Sparrate gefunden hat, dann dauert es vielleicht länger bis man dem Hamsterrad entfliehen kann, aber die Gefahr dass man unterwegs aufgibt verringert sich auch.
Schönes Wochenende
In der Tat, in der veröffentlichen Meinung und den Verlautbarungen der Vertreter der Sozialindustrie könnte man meinen, Deutschland sei ein Armenhaus, alle arbeiteten, wenn sie es denn überhaupt tun, in prekären, mies bezahlten Jobs. Arbeitslosigkeit, Harz IV und Elend prägten das Land. Dabei waren die Sozialtransfers nie höher. Das ist ein sich selbst verstärkendes System, das mit jeden Sozialarbeiter größer wird.
Hier haben wir nun endlich mal eine gut situierte Familie, die sich nicht nur selbst ernährt, sondern auch ordentlich was auf die hohe Kante legt. Einfach super. Und wenn man das geschafft hat, sollte man sich auch ab und an mal etwas gönnen, wie sie es ja auch machen.
Hallo Celmens,
Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute. Sehr motivierend solche Geschichten zu hören. Ich finde es toll wie ihr den Weg zu einem sparsameren Leben gefunden habt, ohne viel Lebensqualität zu verlieren.
Ausserdem beschreibst du gut, dass es nicht immer so einfach ist wie es scheint seine Verhaltensweisen zu ändern, vor allem wenn man eine Familie hat. Ich zu meinem Teil hatte es relativ einfach, da ich noch jung und praktisch keine Verpflichtungen habe. Dennoch habe ich mich dazu entschieden sehr früh von zu Hause auszuziehen umd noch mehr Selbständigkeit zu erlangen. Ich versuche mich dieses Jahr an 45% Sparquote, wobei eher 40% realistisch sein wird. Ich bewege mich in einem ähnlichen Budgetsegment wie ihr, also auch nach Abzug von Miete und Krankenkasse ein grösserer 4-Stelliger Betrag den ich zur Verfügung habe.
Gruss
Thomas
Hallo Clemens,
ich beschäftige mich erst ein knappes Jahr mit FU und höheren Sparraten als ich mir je vorstellen konnte. Ein Immobilienkauf bewirkt wahre Wunder.
Zuvor habe ich allerdings das Geld längst nicht so stark ausgegeben. Ich finde es interessant, wie man bei so einem hohen Einkommen nur über ein Vermögen von ca. 240k€ verfügt (vor dem Wandel). Aber persönlich treffe ich auch immer mal wieder Menschen mit sehr hohen Gehältern, die scheinbar ähnliche Dinge wie wir mögen aber am Ende über wesentlich weniger Geld verfügen. Vermutlich trägt ein häufiger KFZ Wechsel stark dazu bei. So richtig erklären kann ich es mir nicht. Ich muss aber auch zugeben, dass ich selbst aktuell gut vermögen aufbaue im Vergleich zu ca. vor 1 Jahr. Bei mir waren die Amazon Käufe starkt verantwortlich für dieses Phänomen. Ich kann es nicht genau feststellen, da ich zu dem Zeitpunkt die Ausgaben nicht genau betrachtet habe. Ich kann auch nur sagen, dass ich aktuell abwiege was ich brauche und was nicht. Ich weiß nicht einmal in welchen Posten ich so viel mehr ausgegeben habe. Ich spüre keine Einschränkung. Aber in Summe habe ich alleine bei Amazon gut 600€ weniger Abbuchungen im Monat. Und ich habe jetzt keine Abos, neue Fernseher, Smartphones usw. gekauft. Aber irgendwas muss es ja monatlich gewesen sein..
Eine Sparrate ist für mich kein richtiges Ziel. Es ist vielleicht erstrebenswert eine Zahl wie 50% bei so einem Einkommen zu erreichen. Aber wofür steht sie denn? Setzt Euch Ziele, nicht nur finanzielle. Du könntest doch auch als Beispiel mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren falls möglich. Es geht nicht nur um die Kosten. Du kannst mit knapp 40 doch auch sportlich mit den knapp 30 Jährigen mithalten, wenn Du willst. Ist aber Geschmacksache. Wenn man entspannt mit dem Nahverkehr fahren kann und dabei liest, Musik hört usw. ist das ja auch ganz nett. Wenn die 50% Sparrate notwendig sein sollte um ein bestimmtes Ziel in einem gewissen Zeitraum zu erreichen, dann fokussiere Dich auf dieses Ziel. So kann man bei allen Ausgaben immer abwägen, ob diese einem die Summe wert sind. Ich betrachte manche Ausgaben nach Zeit. Ich möchte mehr Zeit zur freien Verfügung haben und wiege Konsum entsprechend ab. Eine Putzfrau habe ich als Beispiel, da wir etwas mehr arbeiten als wir eigentlich möchten. So stimmt aber für uns die zeitliche Bilanz, da die netto Einnahmen über den Ausgaben für putzen liegen. Das heißt jetzt nicht, dass ich zu faul zum Putzen bin. Ich habe selbst zwei Kinder. Es fällt noch genug für einen selbst ab. In Sachen Vorbildfunktion für die Kinder ist mir die Putzfrau allerdings ein Dorn im Auge. Sie ist aber nicht oft da und wir machen noch genug selbst um keinen falschen Eindruck zu vermitteln.
Wenn Dein Job als Beispiel so viel von Dir abverlangt, dass Dich 1 Jahr Arbeit gefühlt 2 Monate Lebenszeit pro Jahr kosten würde ich mich an Deiner Stelle sehr leicht auf 60% Sparrate fokussieren (motivieren) können und z.B. Alternativen zum Skifahren suchen. Wenn der Job aber gefühlt sicher ist und Spaß macht kann man sich auch mehr unnötige Dinge gönnen. Es ist alles nur eine Abwägung. Bei Reise- und Urlaubszielen überlegen wir zusammen was wir machen möchten und warum. Wenn einem klar ist warum man was gerne machen möchte finden sich oft Alternativen zum Standard die keine Einschränkungen haben müssen.
Falls Du einfach mehr Zeit für die Familie haben möchtest wird es schwieriger, da das jüngste Kind ja bereits 8 Jahre alt ist. Bei 50% Sparrate dauert es 16,4 Jahre bis zur FU wenn man als Beispiel bei 0 anfängt. Es gibt tolle Rechner um sich ein Bild zu machen wo man hin möchte und wie lange es dauert. Man muss ja auch nicht FU haben, um weniger Arbeiten sich leisten zu können. Bei 60% Sparrate wäre man in dem Beispiel oben bereits in 12,4 Jahren von 0 so weit. Bei 40% dauert es dann schon 21,6 Jahre.
https://networthify.com/calculator/earlyretirement?income=100000&initialBalance=0&expenses=60000&annualPct=5&withdrawalRate=4
Viele Grüße und Erfolg!
Kiev
@Clemens
Welche Fehler habt Ihr denn bei den ETFs konkret gemacht? Aus dieser Erfahrung könnten andere sicher etwas lernen.
Danke & viele Grüße
Coco
Hallo Coco,
wir haben das Depot an Kommer ausgerichtet.
Es bestand aus Immobilien Reits (10%), Rohstoff ETF (10%), Japan (5%), Pazific ohne Japan Dividende (5%), USA Value (11%), USA Small Cap (11%), Europa Value (14%), Europa Small Cap (14%) und Emerging Markets (20%).
Die beiden Small Cap ETFs waren sehr klein (unter 50 Mio.), der Pazific ETF bestand aus nur 30 Unternehmen und die Rohstoffe haben uns schnell nicht mehr gefallen.
Also haben wir das Depot umgestellt und beim Verkaufen einiges an Steuern gezahlt.
Jetzt besteht das Depot aus Immobilien Reits (10%), Japan (5%), Pazific ohne Japan (5%), USA Blend (11%), USA Small Cap (11%), Europa Value (14%), Europa Small Cap (14%) und Emerging Markets (30%).
Damit sind wir zufrieden und habe uns fest vorgenommen keine Änderungen mehr vorzunehmen.
Für unsere Kinder haben wir jeweils ein Depot:
30% Emerging Markets, 23 % Europa, 12 % USA, 17,5 % Small Caps weltweit und 17,5 % MidCaps weltweit. Das Depot funktioniert seit zwei Jahren sehr gut, besteht aus großen ETFs und ist bei auf denn Small Cap ETF sehr günstig.
Viele Grüße
Clemens
Viel Erfolg auf eurem Weg, das hört sich sehr gut an!
Leider bekommt man bei der Anlage gelegentlich auch formale Hürden durch die Banken zu spüren, die einen Handel unmöglich machen. Ein Beispiel: Ich wollte gerade für meine Kinder einige Starbucks und Danaher-Aktien für das Depot kaufen. Nicht möglich! Die Consorsbank sieht das als zu riskant an: “Ihre Order konnte nicht angelegt werden. Das gewünschte Wertpapier überschreitet die Risikoklasse Ihres Depots. Bitte beachten Sie, dass bei Konten Minderjähriger maximal Risikoklasse 3 möglich ist.”
Ich finde das eine Frechheit.
Wichtige Information (Clown-Auto): :-)
http://www.bild.de/news/inland/dieselmotor/ich-habe-angst-dass-ich-meinen-porsche-nicht-mehr-fahren-darf-52709892.bild.html
@ Ralf
Aus diesem Grund bin ich zu comdirect.
@Rainer Zufall: Gut zu wissen, das ist schon ein Hammer….
Wie denkt ihr denn über die Zukunft von Altria ? Nach den Nachrichten am Freitag sind die heute nochmals gefallen und langsam denk ich drüber nach, mir eine erste Position zu holen…
Ein paar andere Sichtweisen lese ich sehr gerne :)
Die Tabakindustrie wird durch gesetzliche Einflüsse zunehmend reguliert/beschnitten. Altria ist zwar eine Top-Firma mit auch anderen Geschäftsfeldern. Ich würde bei Interesse angesichts externer Einflüsse aber nur einen kleineren Posten kaufen. Es kommt letztlich auch auf deine konkrete Depotzusammensetzung mit an.