Mannomann! Ist das eine Krise! Ständig geistern neue Horrormeldungen über den Ticker. Griechenland steht womöglich vor der Staatspleite. Die Deutsche Bank gibt endlich zu, ihr Ergebnisziel nicht mehr zu erreichen. Die Gewinnwarnung der Frankfurter kam etwas spät. Da lachen ja die Hühner. Als ob sich das nicht schon vorher abzeichnete… Ich wundere mich manchmal schon, wie Vorstände vom Schlage eines Josef Ackerman mit ihren Anlegern umspringen.
Die Flaggschiffe im Dow Jones und DAX können Sie derzeit mit Fallobst vergleichen. Kurse der Milliardenkonzerne bewegen sich täglich um fünf oder zehn Prozent – meist geht es leider runter. Ich habe oben den Chart des DAX abgebildet. Nach dem Rutsch von knapp 7.500 Punkten auf jetzt rund 5.000 Zähler scheint mir der deutsche Leitindex ziemlich billig zu sein. Die Chancen überwiegen nach diesem Crash.
Es ist gewiss schwierig an solchen Tagen das hektische Auf und Ab zu ignorieren. Viele Anleger fokussieren sich nur auf das Tagesgeschehen. Die Masse lässt sich dadurch extrem verunsichern. Und blickt nicht nach vorne. Genau darin besteht aber die Kunst. Wenn Sie sich die Strategie von John Templeton ansehen, wird Ihnen vieles klar. Templetons Strategie lässt sich gut in fünf Kategorien unterteilen:
Erstens ging er kalkulierte Risiken ein. Der große Investor des letzten Jahrhunderts kaufte während der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1939 exakt 104 Aktien, die allesamt unterhalb eines Dollar notierten. Vier Jahre später realisierte er mit seinen Pennystocks einen Gewinn von 40.000 Dollar. Das war zur damaligen Zeit ein riesiger Betrag. Der Löwenanteil seiner Aktien hatte sich kräftig erholt, nur 34 Firmen in seinem Portfolio gingen pleite. Sein Einsatz waren rund 10.000 Dollar, pro Position entsprach das rund 100 Dollar. Bedenken Sie zudem: Der Typ hatte Mut. Er griff zu, als der Zweite Weltkrieg tobte. Nur die wenigsten US-Anleger konnten sich zu dieser Zeit steigende Kurse vorstellen und wären ein solches Risiko niemals eingegangen. Templetons Umfeld hätte ihn wohl für verrückt erklärt, wenn er seine Anlagestrategie offengelegt hätte. Über das riesige Bündel Pennystocks hätten sich viele kaputt gelacht. Wie hat wohl sein Banker reagiert?
Zweitens war der Guru ein Verfechter des Sparens. Er vermied Kredite, kaufte sein erstes Haus bar. Er kaufte seine Autos gebraucht.
Drittens staubte Templeton in erster Linie Aktien auf einem niedrigen Niveau ab und hielt diese etliche Jahre. Er verfolgte eine Value-Strategie.
Viertens schaute er sich weltweit um und legte nicht nur in der Heimat seine Taler an. Stabile demokratische Länder mit guten Wachstumsaussichten kamen für ihn ausschließlich in Frage.
Fünftens war er ein eiserner Steuersparer. Er zog auf die Bahamas, widerrief seine US-Staatsbürgerschaft, nur um dem Fiskus zu entkommen.
Wie kann man als Börsianer eine solche Erfolgsstrategie umsetzen? Es im Endeffekt kaum möglich. Denn man müsste sich von seinem Umfeld gedanklich komplett abkoppeln können. Den Fernsehsendern und zahlreichen Medien fällt es leider schwer, als Lotse die Menschen durch dieses Chaos zu führen. Die Negativ-Meldungen, mit denen wir tagtäglich überschüttet werden, zeigen einem als Anleger nicht den Weg. Das ist nicht hilfreich, sondern führt meiner Meinung nach eher zu unüberlegten Reaktionen der Menschen.
Es geht doch um die Frage: Was wird wohl in fünf oder zehn Jahren los sein? Wo wird der Kurs der Deutschen Bank, der Münchener Rück, Allianz und all der anderen Titel stehen? Ich vermute mal, die Kurse werden höher notieren. Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir die japanische Dauerkrise bekommen werden. Die Bevölkerung wächst nach wie vor ordentlich in vielen westlichen Staaten. Vor allem kann von dem explosiven Bevölkerungswachstum in den Schwellenländern eine neue Nachfragewelle ausgelöst werden.
Wer auf Basis der aktuell ausgebombten Kurse den Grundstein für seine Altersvorsorge legt, wird wohl kaum enttäuscht sein bei Rentenantritt. Es ist freilich wichtig, einen langen Zeithorizont zu haben. Wer einstiegt, sollte die Positionen nicht mehr anfassen. Weil keiner den absoluten Tiefpunkt erwischt, ist es eigentlich ziemlich egal, ob ein zugekaufter Titel in einer Woche oder Monat schon im Plus steht oder nicht. Es kommt nur darauf an, dass der Kurs langfristig nach oben marschiert. Zur Zeit scheint die Masse eher an den Untergang der Welt zu denken. Sonst würden sie wohl nicht ihre Aktien zu Billigstkursen aus den Depots kegeln.
Fazit: John Templeton würde sich in diesen hektischen Zeiten sicherlich im Dow Jones und anderen wichtigen Börsenindizes umschauen und zumindest einen Einstieg oder Zukauf erwägen. Vielleicht würden ihm Finanzwerte und Versicherungen gefallen. Im DAX notiert fast die Hälfte der 30 Titel unterhalb oder nahe des Buchwerts. Am dramatischsten sehen die Kursabschläge bei den Finanzwerten aus.
Klar, dass jetzt wieder einer der besseren Zeiten für den langfristigen Einstieg gekommen ist (oder vielleicht noch eine Etage tiefer -> erst noch kommen wird) das sehe ich ähnlich.
Finanzwerte, Versicherungen und andere Anleiheninhaber vielleicht nicht unbedingt jetzt schon, da sind noch schlechtere Nachrichten möglich …
Aber gemäß der Buy & Hold Regel der „ich verkaufe niemals“-Value-Anleger ist man ja in steter Gefahr große schnelle Aufwärtsbewegungen zu versäumen (wie ich hier im Forum mal sinngemäß lesen/erfahren durfte), weshalb ja eine Nichtinvestition nahe den alten Höchsttänden, ebenso wie ein Stopp/Loss, höchst verpönt ist.
Also wird bei dieser Anlagestrategie wohl logischerweise kein großes Geld für (Zu-)Käufe vorhanden sein, …außer man erbt, erhält Abfertigung/golden handshake, gewinnt im Lotto, verkauft Immobilien, spart den halben Lohn weg etc. etc.
Da bleibt dann nur für die bereits Investierten das Beobachten der Kursschwankungen von der Seitenlinie, mit sehr gemischten Gefühlen halt – je nachdem wo man eingestiegen ist.
Aber wenigstens die Dividenden sind ein nettes Trostpflaster (auch wenn der Staat hier wiederum 25% mit-schmarotzt).
Ob Templeton in Zeiten wie diesen Geld für seinen Fonds vom Publikum bekommen würde, wage ich zu bezweifeln.
Gerade die einstiegen Templeton Fonds-Flagschiffe (die früheren Spitzenperformer – im vorigen Jhdt.) können in den letzen Jahrzehnten nicht mal mehr mit den Indizes mithalten.
Scheint als gäbe es da einen Bruch in der Entwicklungstendenz, oder die Kurse der Value-Aktien explodieren / verdreifachen sich inflationsbereinigt in den nächsten 2 Jahrzehnten – das würde mich dann (vermutlich zu spät) auch überzeugen – na mal sehen :-)
Beste Grüße nach N.Y.C.
Hubsen
PS:
Mein persönliches Rennen RWE (Buy & Hold Aktie: mit „nur mehr“ -43% Verlust) vs. EON (Zertifikat mit Gewinn mittels Stopp Loss damals verkauft und nun mit (steuerfreiem) Hebelzertifikat mit 80% Sicherheitspuffer (DE000CM6ZD30) wieder neu eingestiegen (dzt. +19%)läuft… Raten Sie bei welchem Investment ich ein besseres Gefühl habe?
Hi Hubsen, ja die Zeiten sind an der Börse nicht einfach. Zu Ihrer Strategie: Viele Wege führen nach Rom. Wenn Sie das Instrument des Stop-Loss mögen und mit diesem gut arbeiten können, ist das ja prima. Jeder sollte die Werkzeuge verwenden, mit denen man am besten umgehen kann.
Es gibt halt wie gesagt die Schwäche, dass man in einem hysterischen Markt oder bei extrem Schwankungen (Stichwort: Computerhandel) aus dem Wert fliegt, der dann schnell wieder nach oben laufen kann, wenn man raus ist. Das ist ein Schwachpunkt der Stop-Loss-Orders. Aber: Das Instrument hat durchaus auch seine Vorzüge. Das streite ich nicht ab.
Ich kann gut nachvollziehen wie es ist, wenn man mit einer Aktie einen großen Verlust erlitten hat. Mir ist das auch schon passiert. Mit E.on schnitten Sie wohl besser ab als mit RWE. Sie haben bei E.on Derivate eingesetzt. Wie gesagt: Diese Produkte haben auch ihre Vorzüge, wenn man weiß, wie man sie einsetzt. Es ist eben nicht mein Feld.
Ich verfolge eher einen Anlagestil eines Warren Buffett oder John Templeton. Jedenfalls versuche ich das nachzuempfinden, was die Value-Stars gemacht haben.
[…] dieser Regel. Zu Geduld raten nahezu alle Profis. Von Warren Buffett über Jack Bogle bis hin zu John Templeton. Kaufen. Liegen lassen. In Krisenzeiten allenfalls zukaufen. Aber keineswegs verkaufen. Der Handel […]