Wenn Sie die folgenden Gefahrenquellen an der Börse vermeiden, haben Sie schon viel gewonnen. Es handelt sich um Fehler, die gerne gemacht werden. Ich habe diese Stolperfallen zum Teil selbst übersehen und bin schon böse hingefallen. Vermeiden Sie …
1. IPOs. Börsengänge sind gut für die Banken und Emittenten. Diese stecken sich – auf Kosten der Allgemeinheit – die Taschen voll. Es besteht kein Grund, bei Neuemissionen dabei zu sein. Das Risiko ist enorm. Die Novizen haben keinerlei Historie an der Börse, es gibt keine verlässlichen Gewinnreihen. In einer Branche (Internet, Tulpen, Eisenbahnen) gibt es immer dann viele Börsengänge, wenn die Bewertungen entsprechend hoch sind. Diesen Hype erleben Sie derzeit bei den Sozialen Medien. All diese Aktien (Facebook, Zynga, Groupon) waren viel zu teuer. Die Insider und Großaktionäre zocken die Allgemeinheit ab. Wie die Motten ans Licht fliegen solche Firmen an die Börse, wenn sie das große Geld sehen.
2. Ein-Produkt-Unternehmen. Wenn eine Firma ein einziges Produkt anbietet, ist das gefährlich. Scheitert dieses Produkt, droht das Aus der Firma. Es gibt Forschungsbuden im Biotechbereich, die investieren Millionen in einen einzigen Medikamentenkandidaten. Scheitert die Studie, weil der Wirkstoff keinerlei nachweisbare Wirkung zeigt, droht der Absturz. Das ist zu viel Risiko in einer Aktie vereint. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Kasino-Wette nach dem Motto „Alles oder Nichts“. Meiden Sie generell Ein-Produkt-Firmen.
3. Extrem niedrig bewertete Firmen. Glauben Sie nicht diesen Mist, dass ein Qualitätsunternehmen mit einem Gewinnvielfachen von nur 2,0 bewertet sein kann oder mit 80 Prozent unter dem Buchwert gehandelt wird. Irgendwo muss es ein gravierendes Problem geben. Grundsätzlich gilt: Je stabiler und je erfolgreicher eine Gesellschaft ist, desto teurer wird das Papier taxiert.
4. Ebitda. Das ist eine Ergebnisgröße, die nicht sehr viel aussagt. Die Zinsen, Steuern, Abschreibungen müssen erst einmal abgezogen werden, erst dann sehen Sie, was hinten bei raus kommt. Blicken Sie also auf mehrere Ergebnis-Kennzahlen wie das Ebit, den Überschuss, den Gewinn je Aktie (bzw. die Entwicklung über Jahre hinweg). Wenn all diese Zahlen mit dem Ebitda im Einklang stehen, ist das ein gutes Signal. Es gibt Vorstände, die rechnen sich mit luftigen Kenngrößen wie dem Ebitda reich und lassen in ihren Präsentationen gerne den Jahresüberschuss unter den Tisch fallen (wenn dieser mickrig ist).
5. Probleme mit der Buchführung. Wenn es Probleme und Kritik gibt mit Blick auf die Bilanzierung, Bewertung von immateriellen Vermögen, der Aktivierung von bestimmten Aufwendungen, bleiben Sie fern. Das kann der Beginn eines Niedergangs sein. Bei dem Online-Rabattmarkenanbieter Groupon gab es seit dem IPO Streit über die Bewertung der Werbeausgaben und die Definition des Umsatzes. Seit dem IPO brach das Papier um 80 Prozent ein. Solche Diskussionen können ein Indiz für unseriöse Bilanzierungen sein.
6. Staatsfirmen. Bleiben Sie fern von ihnen. Meistens handelt es sich um uralte Monopole mit Beamtenmentalität. Diese Firmen sind oftmals nicht auf den Wettbewerb vorbereitet. Denken Sie an die Deutsche Telekom oder die marode Deutsche Bahn, die an die Börse möchte. Werden die Märkte liberalisiert, brechen ihnen die Umsätze und Gewinne weg.
7. Super-schlaue Typen. Glauben Sie nicht diese PR-Märchen von den superschlauen Menschen in den Vorstandsetagen oder den smartesten Mitarbeitern. Gravierende Fehler unterlaufen sogar Nobelpreisträgern, wie der Kollaps des Hedgefonds Long Term Capital Management gezeigt hat. Jahrzehntelang hieß es bei Goldman Sachs arbeiteten die Besten der Besten. Trotzdem musste die Regierung und Warren Buffett die Investmentbank mit Geldspritzen vor dem möglichen Untergang bewahren.
8. Roter Free Cash Flow. Der Cash Flow muss kerngesund ausfallen. Ich blicke immer auf den operativen Cash Flow und was mit dem Geld gemacht wird. Wo fließt es hin? Wie viel investiert der Vorstand? Wie viel schüttet das Management als Dividende aus, wie viel fließt in Aktienrückkäufe etc.? Bei Kodak konnte man den Niedergang erkennen. Seit zig Jahren fiel der operative Cash Flow des Foto-Giganten knallrot aus.
Im Gegensatz hierzu erwirtschaftet Yahoo, obwohl die Internetfirma gemeinhin als angeschlagen gilt, gutes Geld: Der Cash Flow beträgt seit Jahren zwischen 1,2 und 1,3 Milliarden Dollar im Jahr. Allerdings wächst Yahoo nicht, der Umsatz schrumpft, das heißt aber noch lange nicht, dass Yahoo eine Katastrophe ist.
Erstaunlicherweise lebte Exxon Mobil in den Jahren 2009 und 2010 von der Substanz. Nehmen Sie das Jahr 2009: Der Cash Flow der Ölfirma sprudelte mit 28 Milliarden Dollar. Davon wurden 22 Milliarden ins Geschäft reinvestiert (Capex) und 27 Milliarden für Aktienrückkäufe und Dividenden hinaus gepulvert. Kurzum: Unterm Strich fehlten 21 Milliarden Dollar. Entweder können Vorstände in diesem Fall auf einen hohen Kassenbestand zurückgreifen oder aber sie müssen das fremdfinanzieren, was riskant sein kann. Exxon bleibt aber ein solides Unternehmen. 2011 blieb ein Plus von 4,8 Milliarden in der Kapitalflussrechnung (Cash Flow +55,3 – Investitionen 22,2 – Dividenden/Rückkäufe 28,3 = +4,8 Milliarden).
9. Wachstum per Akquisitionen. Wenn das Kerngeschäft nicht wächst (wie etwa bei Yahoo), ist das durchaus ein Warnsignal. Ich kann darüber hinwegsehen, wenn das Unternehmen profitabel ist und offen mit seinem Wachstumsproblem umgeht. Versucht allerdings der Vorstand, die Stagnation oder Schrumpfung mit zahlreichen Übernahmen zu vertuschen, sollten Sie fern bleiben. Das geht eines Tages schief. Viele Deals stellen sich als Millionengrab heraus, wie die Übernahmen der Dresdner Bank oder Chrysler durch die Commerzbank beziehungsweise Daimler zeigten.
10. Subventionen. Wächst und gedeiht ein Sektor dank üppiger Subventionen, kann das bitter enden. Ein Unternehmen sollte von sich aus (ohne die Hilfe anderer) profitabel sein. Der Niedergang der Solarindustrie zeigt die Gefahren von Subventionen glasklar. Es ist brandgefährlich. Irgendwann endet jede Förderung.
Hallo,
denke (zumindest aus meiner Sicht) es fehlt noch ein Punkt:
11. Traue keinen Bilanzen chinesischer Konzerne(zumindest wenn sie noch relativ klein sind; zu oft wurde in diesen Bereichen manipuliert um an das Geld der Aktionäre zu kommen —
Ich würde sogar soweit gehen und den Satz so formulieren: “Traue keinen Firmen die in kommuistischen Staaten beheimatet sind” !
Stichwort: Enteignung, Bilanzfälschung,Korruption…; im Prinzip ist sowas für keinen Aktionär planbar was nicht automatisch heissen soll, dass hier keiner ein bisschen “Spielgeld” investieren darf/soll. Für Value halte ich sowas jedenfalls nicht egal wie toll die Bilanzen ausschauen
Danke für die Ergänzung. Prima, das ist ein guter Punkt. Passt sehr gut. Stimme ich weitgehend zu.
Sehr schöner Artikel, aber Punkt 2 stimme ich so nicht zu. Ich liebe gut fokussierte Unternehmen, weil man sie gut analysieren kann und nicht die Gefahr besteht, dass Geld für sinnlose Abenteuer verpulvert wird. Diversifikation ist Sache des Anlegers, nicht des Unternehmens.
@ Robert
Klar, da könnten wir jetzt über Punkt 2 streiten. Ein solides Management sollte in meinen Augen grundsätzlich die Risiken innerhalb des Unternehmens abfedern. Da helfen durchaus ein paar Produkte im Portfolio. Aber ich verstehe Dein Argument. Insofern gebe ich mich geschlagen …
Zu “make”: Enteignung, Bilanzfälschung,Korruption…;sind nun weißgott keine kommunistischen Phänomene. Das gibt es auch im Kapitalismus zuhauf, nur propagieren es die Medien gern im Zusammenhang mit dem Kommunismus.
@ Thomas
Guter Einwand.
Aber: Bei den Emittenten aus China hatten sich die Betrugsfälle in den vergangenen Jahren massiv gehäuft.
Da kamen chinesische Buden an die NYSE und die Nasdaq. Auf einmal waren die Läden nix mehr wert. Es handelte sich um knallharte Betrugsfälle. In China hat diese Manager niemand strafrechtlich verfolgt, so kamen die Betrüger ungeschoren mit ergaunerten Millionensummen auf dem Konto davon.
Insofern ist dieser (zugegebenermaßen) recht allgemeine Vorwurf wohl zu verstehen. Im Kapitalismus kommt es selbstverständlich auch zu Betrügereien.
Deshalb ist es so wichtig, dass die Justiz hart durchgreift, wenn es um Wirtschaftskriminalität geht.
Mich wundert bis zum heutigen Tage, dass bei den Banken für die Betrügereien (CDO-Betrug, Libor-Skandal, Steuerhinterziehung, Geldwäsche etc.) niemand strafrechtlich verfolgt worden ist.
Wenn ein kleiner Drogendealer, Trickbetrüger in einer mittelgroßen Stadt oder Steuerhinterzieher erwischt wird, dann landen diese zurecht im Knast. Bei den Banken wird einfach nicht durchgegriffen. Woran das wohl liegt?
@Thomas
Natürlich gibt's Betrug überall. Aber es ist doch ein sehr großer Unterschied, ob die Betrüger auf eigene Faust und Verantwortung betrügen, oder ob der Betrug von der Politik protégiert wird oder gar initiiert. Daher ist der Einwand gegen China absolut berechtig, auch wenn es Betrugsfälle in den USA, in Deutschland oder der Schweiz gibt. Sie werden selten Probleme haben, einen amerikanischen Betrüger vor ein amerikanisches Gericht zu beringen, selbst wenn Sie kein amerikanischer Bürger wären. In China werden Sie einen chinesischen Betrüger nicht vor ein chinesisches Gericht bringen, selbst wenn Sie Chinese wäre. Das ist der Unterschied.
Als erwachsener Mensch sollte man differenzieren können. Ein ähnliches Thema ist das Sportdoping. Ich hatte mal jemanden (entschuldigend für das Doping in der DDR) sagen hören: “Im Westen wurde auch gedopt.” – Natürlich wurde im Westen auch gedopt. Aber die Fundamentalkritik am Doping in der DDR ist doch nicht, dass das Sportbetrug war, sondern dass die Sportler durch die Politik gezwungen wurden, zu dopen. Die Sportler wussten zum großen Teil nicht einmal, was sie da einnehmen mussten. Viele gedopte Frauen von damals sind heute Männer und haben wegen der eingenommenen Hormone einen jahrzehntelangen Leidensweg hinter sich.
Wenn ich dann sowas höre, wie “Im Westen wurde auch gedopt.” oder “Im Kapitalismus wird auch betrogen.”, dann wird mir gram, ob der Unkenntnis und Ignoranz.