CDU und FDP werden so grün! Lernen von Michael Bloomberg

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Alle kritisieren nun unsere Kanzlerin für ihre Kehrtwende in der Atompolitik. Ich finde die Entscheidung Angela Merkels mutig und richtig. Nicht ohne Grund gingen die Grünen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz als klarer Gewinner aus den Wahlen hervor. Die FDP war übrigens der große Verlierer und nicht wie gerne behauptet wird die CDU. Die Protestzüge gegen die Atomkraft haben gezeigt, dass die deutsche Bevölkerung besorgt ist. Fukushima hat die gesamte Welt über Nacht wachgerüttelt. Was den Japanern widerfahren ist, ist ohnehin grauenvoll: Kurz vor Kriegsende 1945 warfen die Amerikaner zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Jetzt wird das Land von einer beispiellosen Verwüstung durch ein Erdbeben, einen Tsunami und nun einer Kernschmelze heimgesucht. Nicht nur Boden, Luft, Wasser sind verseucht. In immer mehr Lebensmitteln entdecken die Kontrolleure die heimtückischen Strahlen. Gemüse, Milch, Kartoffeln … sind betroffen. Tokyo steht unter Schock. Die ganze Welt sieht zu. Nach Hamsterkäufen sind die Ladengeschäfte auf der Insel leergefegt.
In den USA ist der Widerstand gegen die Kernkraft nicht so wie in Deutschland ausgeprägt. Ich frage mich, woran das liegt. Hängt es mit dem Zwei-Parteien-System in Washington zusammen? Die Grüne-Partei ist praktisch nicht existent. Sie haben hier lediglich eine konservative und eine liberal, arbeitnehmerfreundliche Partei, sprich die Republikaner und die Demokraten. Beide Lager decken alle Themen ab. Freilich gibt es einzelne Öko-Kämpfer wie den New Yorker Professor Robert F. Kennedy Jr., ein „echter“ Kennedy, der sich für Umweltbelange wie kaum ein anderer stark macht. Ich schaute mir schon beeindruckende Reden von ihm an, in denen er gegen die Kernkraft vom Leder zog und eindringlich vor den Gefahren warnte. Das macht der bekannte Kennedy schon seit vielen Jahren. Oder liegt die geringere Wahrnehmung in Nordamerika vielleicht daran, dass sich die Folgen der Tschernobyl-Katastrophe auf Europa direkt bemerkbar machten, während die USA ausgenommen waren? Ich kann mich noch gut daran erinnern, den Jugendroman „Die Wolke“ gelesen zu haben.
Angela Merkel weiß, die Menschen sind entsetzt, manch einer ist hysterisch. Sie weiß, sie kann es sich nicht leisten, gegen das Volk zu regieren. Das hat sich in Berlin herum gesprochen. Ex-Kanzler Gerhard Schröder tat das eine Zeit lang. Bis ihm nicht nur seine Wähler davon liefen, sondern auch seine eigenen Abgeordneten die Gefolgschaft aufkündigten. Dass es sich nicht lohnt, etwas gegen den Willen einer großen Gruppe durchzupeitschen, selbst wenn es Sinn macht wie im Falle Schröders, hat sich zuletzt an dem umstrittenen Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ gezeigt. Im Übrigen muss ich dazu sagen, dass Amerikaner Bauvorhaben nicht sonderlich skeptisch gegenüber stehen. Es besteht eher ein großes Interesse an neuen Dingen. Natürlich gibt es immer Opponenten, aber große Menschenmengen gehen selten auf die Straßen. Können Sie sich die New Yorker Skyline ohne Wolkenkratzer vorstellen? Es ist wohl die entscheidende Frage, wie bestimmte Vorhaben kommuniziert werden. Und wie man miteinander umgeht. Hier wird immer alles breit und lang diskutiert. Wenn die Preise für den Einzelfahrschein bei der New Yorker U-Bahn MTA erhöht werden, dann ist das ein Riesen-Thema. Kunden, Interessenvertreter, Manager und andere werden stundenlang vor laufender Kamera befragt. Das lokale Fernsehen überträgt selbstverständlich live. Jeder, der möchte, kann seinen Senf dazu geben. Je offener, fairer und transparenter der Prozess ist, desto besser, finde ich. Wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen. Wir sollten vermeiden, in geheimen Gesprächen wichtige Dinge zu entscheiden. Merkel machte das mit der Laufzeitverlängerung der Atommeiler vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Das ist nicht fair.
Ohnehin hat sich New York City einen Ruf als Vorreiter für Öko-Themen und Gesundheitsaspekte gemacht. Bürgermeister Michael Bloomberg legt immer mehr Straßen in Manhattan still, er verwandelt sie in Fußgängerzonen. So schuf er am Times Square und rund um die „New York Stock Exchange“ Sitzgelegenheiten für Passanten – das waren einstmals Straßen. Entlang des Hudson Rivers entstand eine Fußgänger- und Fahrradstrecke. Es ist eine herrliche Grünanlage, die durch viele Stadtbezirke entlang am Fluß bis hoch in die Bronx führt. Selbst in Midtown entstehen überall Fahrradwege. Im Sommer sperrt die Stadt große Durchgangsstraßen für den Autoverkehr – nur Fußgänger und Radfahrer dürfen dann auf den Asphalt. Wer viel für seine Bürger tut, dem traut man auch bei Großprojekten über den Weg. Als einer der ersten Städte weltweit verbannte Bloomberg künstliche Fette in Nahrungsmitteln. Mit immer strengeren Rauchverboten prescht die Metropole vor. Abschreckende Werbekampagnen führt die Stadt zudem gegen das Rauchen durch. Mithilfe von Krebspatienten leistet das Rathaus Aufklärungsarbeit. Die Stadt verteilt in Bars, Discos und Restaurants kostenlos Kondome mit dem NYC-Symbol, um die Ausbreitung von HIV/AIDS einzudämmen. Und viele andere Beispiele zeigen, dass die Stadt für die Bürger da ist und nicht die Bürger für die Stadtoberen. Wir sind das Volk! Viele Massnahmen sind innovativ.
Michael Bloomberg hat trotz seines Reichtums keine Star-Allüren. Ganz im Gegenteil. Er fährt mit der U-Bahn ins Rathaus. Als der Milliardär die Geschicke seines Medienimperiums führte, da saß er wie all seine Mitarbeiter an einem gewöhnlichen Schreibtisch ganz in der Nähe des Aufzugs. Alle konnten ihn sehen und er war immer ansprechbar. So etwas ist vertrauenserweckend. Seine Mitarbeiter lud er ab und an in sein privates Haus ein. Wer wollte, durfte auch Freunde mitbringen. Ein Kollege von mir war schon Gast bei ihm. Ganz privat. Hier finden Sie übrigens einen recht aktuellen Artikel über die Nachrichtenagentur Bloomberg von mir. Vertrauen kommt einem nicht über Nacht zugeflogen. Man muss es sich erarbeiten. Das größte Problem scheint wohl derzeit die FDP zu haben – mit dem Vertrauen. Ob die SPD ein Gewinner des neuen grünen Trends ist, wage ich zu bezweifeln. Die Sozialdemokraten haben auch herbe Verluste hinnehmen müssen. Oben sehen Sie meine Karikatur zum Wandel der Schwarzen Partei: Die CDU wird immer grüner. Ob ihr das glaubwürdig gelingt, wird sich zeigen. Können Sie sich die CDU und Grünen in einer Koalition im Bund vorstellen? Ich nicht. Lassen wir uns überraschen.

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Tassilo Kurz
13 Jahre zuvor

Danke für die hervorragende Wahlanalyse! Der Amerikaner Al Gore tritt übrigens auch für Umwelt- und Klimaschutz ein.

13 Jahre zuvor

Ja klar, wie konnte ich nur Al Gore in diesem Beitrag außen vor lassen. Sie haben vollkommen recht, er ist der grüne Vordenker Amerikas.

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