Kürzlich traf ich Fred H. Speece, einen eingefleischten Value Investor. Ich war von seinem Vortrag hellauf begeistert. Donnerwetter war der gut! Speece ist seit 40 Jahren im Geschäft. Seine Vermögensverwaltung managt knapp 400 Millionen Dollar (Stand: Ende 2010). Er sprach auf einer Veranstaltung der Analysten-Organisation CFA. Wir sollten die Dividende nicht unterschätzen, sagt der Experte. Ihm zufolge legt der Aktienmarkt im Schnitt um zehn Prozent jährlich zu, wenn wir 80 Jahre zurückblicken. Davon machen die Dividendenausschüttung mehr als 40 Prozent der Gesamtrendite aus. Er schlussfolgert, dass der billige Kauf und teure Verkauf von Wertpapieren nur ein Teil des Geschäfts sein kann. Er plädiert im Grunde genommen für einen langfristigen Anlagestil. Kurzfristige Trades sind nicht sein Ding: „Dann überlassen wir die Performance dem Zufall. Und das wollen wir nicht.“
Hier können Sie eine kurze Rede (in Englisch) des Value-Anhängers aus dem Vorjahr hören. Die Performance von Aktien setzt sich seiner Meinung zufolge aus drei Faktoren zusammen: Den Bewertungsänderungen der Aktiengesellschaften, den Gewinnen und Dividenden.
Im Kern geht es an der Börse nur um die Unternehmensgewinne. Solange meine Aktiengesellschaft schöne Gewinne in die Scheune fährt, solange freut sich die Börse und ich mich natürlich über steigende Kurse. Beginnen eines Tages jedoch die Gewinne zu schrumpfen, dann sollte auch der Kurs in die Knie gehen. Dieses Phänomen können Sie normalerweise überall beobachten. Kommt eine überraschende „Gewinnwarnung“ oder schwaches Quartal, dann sinkt der Kurs.
Schwierig wird in diesem Fall die Bewertung der Firma. Wenn die Profite heftig sinken (oder steigen), wird die Angelegenheit haarig. Denn wie soll dann ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder eine andere Kennziffer eine Ausgabekraft entfalten können? Woher weiß ich, wie bei einer hohen Ertrags-Volatilität (Schwankung) in drei, vier Jahren die Lage aussieht? Schreibt eine Gesellschaft seit zig Jahren nur rote Zahlen, wird es ohnehin verdammt schwierig. Wie soll ich dann den fairen Wert der Aktie bestimmen? Gut, ich blicke in die Zukunft und hoffe, dass im Jahr xy endlich der erste Gewinn kommt.
Wie bewerten wir eigentlich Firmen an der Börse? Das ist seit tausenden Jahren immer das gleiche. Wir nehmen die erwarteten Cash Zuflüsse (oder Profite) und diskontieren diese auf den heutigen Tag ab. Die Finanzbranche bezeichnet dieses Verfahren als Discounted Cash Flow. Um es einfach auszudrücken, gewichtet diese Methode einen Euro, den wir morgen erhalten, entsprechend höher als einen Euro, den wir in drei Jahren erhalten. Kurzum: Zukünftige Gewinne sind weniger wert als heutige. Wenn eine Firma nie Gewinne schreiben wird, ist sie auch keinen Heller wert. So schnell wie nur möglich schließen, ist dann das Credo.
Ich stelle mir stets die Frage, was werden diese ganzen Internetbuden in Zukunft verdienen? Wir befinden uns wieder in einem verrückten Internethype. Fast so wie zur Jahrtausendwende, als IT-Buden am Neuen Markt absurd teuer waren. Können Sie sich noch an Intershop, Brokat, Web.de, MobilCom, Gigabell, EMTV und all die anderen glorreichen Namen erinnern? Bei vielen gingen die Lichter ein für allemal aus, andere überlebten. Die abenteuerlichen Bewertungen von damals haben sich bei allen in Luft aufgelöst.
Aber jetzt kommt dieser Internet-Hype zurück. Der Rabattmarken-König Groupon ist derzeit 15 Milliarden Dollar wert. Dabei wurde die Firma gerade 2008 gegründet. Der Hoffnungsträger schreibt keine Gewinne und schüttet keine Dividende aus. Ob es der Novize jemals schaffen wird, in die schwarzen Zahlen nachhaltig zu kommen, steht in den Sternen. Groupon wird dafür an der Nasdaq mit dem elf-fachen Umsatz bewertet. Ein Wahnsinn!
Das defizitäre Internet-Radio Pandora bringt 1,6 Milliarden Dollar auf die Börsenwaage, was dem sieben-fachen Umsatz entspricht. Wenn das IPO von facebook über die Bühne geht, werden sicherlich noch verrücktere Bewertungskennziffern erreicht, weil all die facebook-Nutzer rund um den Globus rein theoretisch zu den potentiellen Aktienkäufern zählen könnten. Ein Online-User, der irgendwo sein kostenloses Email-Konto oder Fotoalbum hat, der ist nicht wirklich wertvoll. Manometer!
Ich sollte mit diesem Blog und seinen drei Lesern aufs Parkett gehen. Mit etwas Phantasie könnte ich eine schöne Bewertung ermitteln: Im Jahr 2020 kommen x Tausend Augäpfel täglich auf diese Website. Das ganze dann abzinsen, fertig ist eine wunderschöne Bewertung.
Selbst die Internetgiganten, die es aus den roten Zahlen in die Profit-Zone geschafft haben, sind abenteuerlich bewertet. Nehmen Sie Amazon.com. Das Internetkaufhaus verdient trotz der vielen Beweihräucherungen nur lausige Renditen. Die operative Marge kommt auf ganze 2,5 Prozent. Dafür wird Amazon mit dem 100-fachen Profit (KGV) bewertet. Das ist hanebüchen.
Für Value Investoren machen all diese Internet-Firmen keinen Sinn. Vielleicht übersehe ich was.
Value-Veteran: Überlasse Dein Depot nicht dem Zufall (=Trading)
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ja da pflichte ich total bei! was soll an facebook 100 milliarden wert sein? da stossen sich die ausgabebanken und der zuckenberg gesund! die blöden sind die anleger die wieder einmal über den tisch gezogen werden!
eigentlich ist das betrug!
dann wird es wieder um die moral gehen wenn leute viel geld verlohren haben und die politik tätig wird. :-(
Hi willihope, nun die Leute lernen nie dazu. Sie reagieren wie im Rausch. Sie zahlen den 20-fachen Umsatz und 200-fachen Buchwert einfach so. Und sind noch zufrieden. Wahnsinn.