Welcher Typ sind Sie? Arm, Konsument, Zocker, Langfristanleger?

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Oje. Es wackelt. Der Dow-Jones-Index fiel am Mittwoch unter die symbolisch wichtige Marke von 15.000 Punkten. Zum ersten Mal seit dem 6. Mai sind wir nun unter die Hürde gerutscht. Mir ist das eigentlich Wurst egal. Der Markt lief phantastisch nach oben, vier Jahre lang. Volatilität ist etwas ganz Normales. Ein Crash ist gesund. Wenn die Kurse jetzt um 15 bis 20 Prozent sinken sollten, kaufe ich nach.
An der Börse hat sich keine Blase gebildet. Die Menschen horten enorme Cashbestände auf dem Girokonto. Unglaubliche Summen stecken in Staatsanleihen, in Sparbüchern. Praktisch unverzinst. Die Masse der Menschen ist nicht zurück an der Börse. An dem unglaublichen Börsenboom seit Anfang 2009 haben nur ein paar wenige Anleger mitverdient.
Die Masse der Menschen teile ich in vier Segmente ein.
1. Der Arme
Erstens gibt es Menschen, die sind so arm, dass sie nicht mal im Ansatz ein schlichtes Leben führen können.
2. Der typische Konsument
Zweitens gibt es die typischen Konsumenten. Sie haben einen vernünftigen Job, sind aber nicht in der Lage ihr Geld zusammenzuhalten. Sie geben mehr aus, als sie einnehmen. Sie kaufen ständig neues Zeug: schicke Handys, Autos, Urlaube, Computer, Küche, Kleidung, Spiele, Kunst, Wohnraum. Wenn Sie in deren Schränke und in deren Keller schauen, sehen Sie ein Haufen Zeug, Krimskrams ohne Ende. Gerne nehmen diese typischen Konsumenten Kredite in Anspruch und merken gar nicht, was für eine zusätzliche Zinslast sie eingehen. Das Auto, der Urlaub, die Möbel, all das wird auf Pump gekauft. Die Wohnräume sind tendenziell zu groß. Diese Menschen leben von der Hand in den Mund. Sie haben ständig Ausreden, warum sie diesen Monat nicht sparen können (Reparatur, Hypothek, Kindergeburtstag, Urlaub…). Irgendwann muss man mit dem Sparen anfangen, der Lebemann schafft es nicht. Er wendet sehr viel Geld für Kreditzinsen aller Art auf.
3. Der Sparer und Kurzfristbörsianer
Drittens gibt es jene, die schaffen es, am Monatsende ein wenig Geld zurückzulegen. Sie leben sparsam, verzichten nach Möglichkeit auf Schulden. Diese Sparer legen ihr Geld unterschiedlich an. Die einen lieben Versicherungen, Bausparverträge, Mischfonds, Festgelder. Sie haben erstaunliche Summen angespart, sind engagiert, möchten jeden Monat etwas zurücklegen. Die anderen lieben die Börse. Die Börsenfans haben aber wiederum mehrheitlich ein Problem: Sie können das Auf und Ab der Kurse emotional nicht ertragen. Ständig springen sie rein und raus. Der Spieler kauft spekulative Aktien, am liebsten solche Papiere, die optisch niedrig notieren (2, 3, 4 Euro). Sie ordern für recht viel Geld hochriskante Papiere. Selten gehen solche Wetten auf. Trotzdem machen sie es. Der ungeduldige Börsianer bekommt bei einem Crash einen Nervenzusammenbruch, sucht das Weite. Die wenigsten Börsenfans nehmen sich die Zeit, um für drei Jahrzehnte ihr Geld konservativ anzulegen. Sie lesen wenig. Sie ordern schon mal bei ihrem Discountbroker ein Aktienpaket, wenn ihnen der Nachbar über den Gartenzaun einen Tipp zuruft. An der Börse verdienen die Nervösen und die Zocker wenig Geld.
4. Der Langfristanleger
Viertens gibt es den Langfristanleger. Der ist ein vom Aussterben bedrohtes Lebewesen. Auf dem Börsenparkett ist der „Buy-and-Hold“-Anhänger fast unsichtbar. Er weiß, dass die Kurse springen. Ihm ist die Volatilität egal. Er ist entspannt. Er kriegt keine Angst. Er legt sein Geld für extrem lange Zeiträume an, für Jahrzehnte. Er freut sich über Nachkaufchancen, wenn die Meute Panik kriegt. Der Geduldige weiß, seine Chancen zu nutzen. Er kann Emotionen und Fakten trennen. Er meidet hohe Risiken. In seltenen Fällen geht er höhere Risiken ein, dann handelt es sich jedoch um überschaubare Summen. Wenn es um Risiken geht, ist der Langfristanleger grundsätzlich sehr konservativ. Er kassiert liebend gerne seine Dividenden. Er liest viel, ist informiert. Bevor er eine Aktie kauft, informiert er sich intensiv. Trotzdem passieren ihm manchmal verdammte Fehler. Er ist sparsam. Luxusgüter machen ihn nicht glücklich. Im langen Schnitt erzielt der geduldige Börsianer die höchste Rendite.
Das Foto oben machte ich vorige Woche auf dem New Yorker Börsenparkett. Es wird dort immer ruhiger, der Computerhandel hat die Market Maker (die Person in der Mitte vor dem Bildschirm) fast überflüssig gemacht.

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Gast
10 Jahre zuvor

sehr schöne Zusammenfassung Tim !
Ich lese deinen Blog immer mit großen Interesse und großen Vergnügen. Er unterscheidet sich wohltuend von dem üblichen Börsen – Geschnattere in Funk und Fernsehen, die einen nicht wirklich weiterbringen.

Susi Sorglos
10 Jahre zuvor

Ich bin eindeutig Typ 4. Du hast einen tollen Blog, Tim.

Jan
10 Jahre zuvor

Eine sehr schöne Zusammenstellung, ich würde mich gerne zu Typ 4 zählen. Ich habe jedoch bis jetzt noch keine richtige Krise mitgemacht. 2008 bin ich durch Glück ganz gut rausgekommen, da ich zu einem großen Teil Anleihen hatte die ich entweder einfach halten konnte oder nach Kursanstiegen verkauft habe. Was aber passiert wenn es an der Börse mal 50% oder mehr runtergeht habe ich noch nicht am eigenen Körper testen können.

Auf jeden Fall der Langfristanleger!

10 Jahre zuvor

Typ 4 – Langfristanleger
Wobei ich immer noch am lernen bin Fakten und Emotionen stärker zu trennen :-)

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