Warum die falsche Einstellung viel Rendite kostet

Als eine wahre Goldgrube entpuppte sich die Börse in den vergangenen drei Jahren. Der S&P-500-Index stieg um kumuliert ca. 65 Prozent seit dem Jahr 2009. Das ist eine der besten Anstiege, die es seit jeher gab. Es ist ein unglaublicher Sprint nach oben. Bald wird die wohl alte Rekordmarke überwunden.
Im Detail betrachtet sieht die Performance wie folgt aus: 2009 marschierte der Index um 26 Prozent nach oben, 2010 waren es plus 15 Prozent, 2011 plus zwei Prozent. Und der laufende Turnus lief erst recht bombastisch.
Es ist erstaunlich, dass die Herde die Börsenrallye gar nicht wahrnimmt. Die Meute hortet ihr Geld auf Sparbüchern und in Staatsanleihen. Sie schaut weg. Dabei gibt es für Festverzinsliche Anlagen fast keine Zinsen. Die Inflation frisst alles unter dem Strich weg.
Woran liegt die Angst der Anleger? Ganz einfach, weil die Krise noch da ist. Deshalb können sich die Menschen die Rallye nicht ausmalen. Wie kann da die Börse gut laufen? Die Masse sieht die Euro-Krise, die hohe Arbeitslosigkeit, die astronomischen Staatsschulden, die sinkenden Löhne. Wer Fernsehen schaut, sieht allabendlich die wachsende Armut, Protestmärsche, brennende Autos, kaputte Schaufenster. Wie kann man da zum Optimisten werden? Wie kann da die Börse laufen?
Es sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Börse schaut nach vorne und nicht zurück. Die Wall Street wartet schon auf den nächsten Boom. Wenn es der Volkswirtschaft schlecht geht, muss nicht automatisch die Börse schlecht laufen. Ich glaube, das Problem ist, dass die Menschen beides in einen Topf werfen. Hin und wieder spinnen diesen falschen Gedanken auch Journalistenkollegen.
Es besteht eben kein direkter Zusammenhang zwischen der Performance an der Börse und der allgemeinen Wirtschaftslage.
In den USA ist derzeit folgendes zu beobachten: Die Unternehmensgewinne befinden sich fast auf Rekordniveau. Auch sind die Umsätze der Konzerne auf breiter Front auf Rekordstand (außer bei den Banken). Die Krise ist also nicht bei den Mega-Unternehmen zu finden.
Wie die Börse und die Unternehmen ticken, können Sie allein an folgendem (eigentlich traurigen) Phänomen erkennen: Entlässt ein Konzern viele Mitarbeiter auf einen Schlag, zieht der Kurs meistens kräftig an. Das tut der Wirtschaft weh, hilft aber der Firma.
Wer meint, zu wissen, wann gerade die Kurse rauf und wann sie runter gehen, der täuscht sich gewaltig. Eine Korrektur, so sie denn kommt an der Börse, werde ich aussitzen. Jedenfalls waren die vergangenen Jahre einfach herrlich für Buy and Hold.
Nun denken sicherlich einige, die größten Gewinne sind hinter uns. Das kann durchaus sein – vorerst zumindest. (Genau kann das keiner wissen.) Langfristig läuft ja die Börse ohnehin nur nach oben. Das macht die Wall Street uns seit Jahrhunderten eindrucksvoll vor. Warum soll ich pessimistisch eingestellt sein, wenn die Grundtendenz nach oben zeigt?
Ein Rücksetzer gehört dazu. Das weiß ich. Jeder Rückschlag wird mehr als ausgeglichen. Bisher zumindest. Das kann manchmal ganz schnell gehen.
Ich lasse mein Depot jedenfalls so, wie es ist. Ich habe keine meiner Aktien auf einem idealen Niveau gekauft. Das ist auch gar nicht nötig. Ich habe selbstverständlich Aktien im Depot, die haben sich schlecht entwickelt. Der Gutteil steht zum Glück schön im Plus.
Die Menschen haben Angst, Geld mit Ihren Aktien zum Rentenbeginn verlieren zu können. Ist das gerechtfertigt? Nun Sie sollten ja ohnehin nicht alle Eier in ein Nest legen. Sie sollten mehrere Asset-Klassen (Immobilien, Rohstoffe, Anleihen Cash, Aktien etc.) besitzen. Zudem brauchen Sie ja nicht, wenn Sie vernünftig gespart haben, das gesamte Geld aus dem Aktiendepot mit dem Rentenantritt am Tag x. Dieses Dilemma, viel Geld mit Aktien zu verlieren, ist meistens selbst verursacht. Warum? Weil die Menschen im Tief verkaufen (wegen der Ängste realisieren sie einen Verlust und investieren nicht weiter).
Natürlich helfen derzeit die Gelddruckmaschinen der Notenbanken den Börsen und anderen Asset-Klassen nach oben. Denn irgendwo muss ja all das Geld hin.
Fazit: Arbeiten, sparen, investieren und ein wenig konsumieren, das steht jedenfalls auf meiner Agenda.
PS: Wenn ich solche Videos sehe, wie das von dem Dauerpessimisten Jim Rogers (unten), ist mir klar, warum so viele Menschen ihr Cash unter dem Kopfkissen horten. Rogers mag schlau sein. Aber was sind denn die Alternativen zur Börse, wenn die Wirtschaft so schlecht aussieht? Soll ich jetzt wirklich Goldmünzen im Garten vergraben? So ein Quatsch. Das überlasse ich anderen. Wer solche Schwarzmaler wie den Rogers von morgens bis abends hört, der hat schlicht Angst:

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11 Jahre zuvor

Tim, die Kleinanleger schauen den steigenden Börsenkursen nicht nur aus Unkenntnis zu, sondern weil sie das nötige (Klein)Geld nicht haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Notenbanken die Märkte mit billigem Geld fluten und gerade in Europa die Banken sich über die EZB zu Null Zinsen für mehrere Jahre Zig Milliarden Euros leihen konnten, das sie irgendwo anlegen müssen – die Märkte sind auch liquiditätsgetrieben und die kleinen Leute bekommen keine verbilligten Kredite von den Zentralbanken.

Wenn nun aber die Häuserpreise wieder anziehen und die Leute zunehemnd wieder konsummieren dann sind das ja (erste) Anzeichen dafür, dass die Krise sich ihrem Ende nähert. Nicht in dem Sinn, dass sie vorüber wäre, sondern derart, dass es nicht mehr schlimmer wird und sich die Lage langsam wieder bessert. Da denken die leute natürlich nicht als erstes an Aktienkäufe, sondern müssen erst Mal ihren Konsumverzicht der letzten vier, fünf Jahre kompensieren. Das hilft denen, die schon Aktien haben, weil die Unternehmen wieder bessere Geschäfte machen, und bedeutet für diejenigen, die erst nach dem “Konsumrausch” Geld investieren, dass sie den Kursen ein Stück weit nachlaufen müssen.

In Deutschland ist es sogar noch schlimmer: hier hat ja kaum ein Privatanleger Aktien. Der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahre ist an den Menschen teilweise vorüber gegangen, weil sie daran nur über ihre Löhne partizipieren. und die sind die letzten 20 Jahre real nicht gestiegen (was ja einer der gründe ist, weshalb Deutschland in dieser Krise so blendend dasteht). Richtig zugelegt haben Immobilien (seit etwa 4 Jahren) und die Erträge von Unternehmen – und daran kann man eben über die Börse partizipieren.

Aus diesem Grund werden die Reichen immer reicher und die breite Masse der Bevölkerung fühlt sich ärmer. Denn die sind eher auf die Einkaufspreise focussiert und die Preise für Brot, Strom, Benzin usw. steigen unaufhörlich.

Daher: Leute, kauft Aktien, werdet glücklich! ^^

Reinhard
11 Jahre zuvor

Ich bin mir nicht so sicher, dass die Deutschen kein Geld zur Aktienanlage zur Verfügung hätten, wenn Sie denn wollten.
Zum einen, wenn ich mir des Deutschen liebstes Kind betrachte (das Auto), so muss ich feststellen, dass so viel Luxusschlitten auf den Straßen unterwegs sind, dass von Armut breiter Massen nicht die Rede sein kann. Hier könnten leicht ohne großen Komfortverlust viele Tausend EUROs eingespart werden. Zum anderen ist das private Geldvermögen der Deutschen niemals höher gwesen. Also mit mangelenden Geld lässt sich die Abstinenz nicht erklären.
Ich denke eher, dass es an den gleich zwei Jahrhundertchrashs im letzten Jahrzehnt liegt, dass die meisten entnervt ihre Aktienengagements mit hohen Verlusten aufgegeben haben. Wer sich im Rahmen der Telekomwerbung das erste Mal auf das Börsenbankett gewagt hatte, bekam mit dem dot.com-chrash richtig ein's auf's Dach. Kaum hatte er sich davon etwas erholt, erwischte es ihn mit dem 2008er Crash erneut. Ein Depot, das zweimal kurz hintereinander mit minus 30, 40 oder gar 50% in den Miesen liegt, muss man mental in so kurzer Folge erst einmal verkraften.
Ich habe viele Bekannte, die es genau in dem vergangenen Jahrzehnt mit diesen beiden Megachrashs mit der Aktienanlage erstmals versucht hatten und die mit erheblichen Verlusten resigniert aufgegeben haben. Sie kriegen immer noch rote Flecken im Gesicht, wenn man das Akteien-Thema anspricht. Diverse Finanzberater habe das ihre getan, um diese Opfer zu produzieren. Sie sind ihr Leben lang “geheilt”, was die Aktienanlage anbelangt. Da muss wohl erst eine neue Generation heranwachsen, welche diese Traumata nicht erlebt hat.

11 Jahre zuvor

@ Michael
@Reinhard

Die Deutschen haben aus 2 Gründen keine Aktien:
1. Angst
2. Unkenntnis

Selbst in der Regierung herrscht eine enorme Unkenntnis, wenn es um die Kapitalmärkte geht. Ich habe in New York schon ziemlich wichtige Politiker getroffen – wenn es um die Finanzen geht, heißt es: “Tut mir leid. Das ist ganz ehrlich gesagt nicht mein Schwerpunkt.” Doch sitzen diese Herren dann in wichtigen Finanzausschüssen.

Das Problem ist, dass unsere hochbezahlten Beamten sich nicht um ihre Pension Sorgen machen müssen. Außerdem hören die Parlamentarier auf die Lobbyisten, lassen sich von denen bezahlen, einladen usw.

Im Gegenzug bereiten die Lobbyisten dann die Gesetzesentwürfe vor. Es ist ein Geben und Nehmen. Der Bürger kommt ganz zum Schluss.

11 Jahre zuvor

Die beiden ersten Absätze meines Beitrags bezogen sich auf die USA und die Situation der Amerikaner. Dass die Leute kein Geld für Aktien hätten, bezog sih also nicht auf die Deutschen, denn die hätten das Geld, aber sie stecken es in Sparbücher, Tagesgelder, Lebensversicherungen – oder lassen es unverzinst (!) auf den Girokonten vor sich hingammeln. Und es wird schwer werden dden deutschen Michel davon zu überzeugen, endlich in Aktien anzulegen, weil hierzulande entweder Politiker Staatsaktien verscherbeln oder Finanzberater Provisionen kassieren wollen, wenn sie das Thema Aktien überhaupt mal anschneiden. Und Fonds sind auch keine Lösung, weil diese eher am Umschichten verdienen, denn am Vermögensaufbau ihrer Kunden. Tim hat ja kürzlich einen Artikel zu Fidelity verfasst, wo er genau dies angeprangert hat.

Aber nur, weil einige Politiker oder Bankberater Aktien aus Eigennutz empfehlen, muss die Aktie ja nicht schlecht sein. Man muss sich halt informieren und in die richtigen Unternehmen investieren – nach gründlicher Recherche. Das müssen die Leute lernen und hierbei hilft Tim mit seinem Blog. Deshalb – mal wieder – einen ausdrücklichen Dank für die viele Mühe und die tollen Artikel, Tim!

11 Jahre zuvor

Michael,

sorry für das Mißverständnis.

Danke für das Lob. Ich muss das gleich zurückgeben: Dein Blog ist super.

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