Sparen mit Geduld

An der Börse zur richtigen Zeit in den richtigen Wert zu investieren, das ist in der Tat ein Kunststück. Genau daran scheitern fast alle. Der Durchschnittsanleger und der Profi. Beide schneiden im Schnitt grottenschlecht ab, das zeigen Statistiken.
Der amerikanische Wissenschaftler Terrance Odean beschäftigt sich mit dem Phänomen des Versagens der Anleger. (Übrigens fahren Sie mit der Maus über das Foto auf seiner Website.)
Er hat herausgefunden, woran es liegt. Es gibt zwei Gründe. Erstens agieren wir Anleger nicht rational. Zweitens fand der Finanzprofessor in einer Studie 1999 heraus, wir traden zu viel. Nachweisen konnte Odean das, weil er die Kundendepots bei einem Discountbroker analysieren durfte.
Wie groß ist der Verlust aus dem Trading? Seiner Studie aus dem Jahr 2009 zufolge schneiden Trader um 3,8 Prozentpunkte schlechter mit ihren Depots ab. Bezogen auf das Bruttosozialprodukt machten die Verluste, die Anleger in Taiwan erlitten, beachtliche 2,2 Prozent des Bruttosozialprodukts aus. Oder 2,8 Prozent des persönlichen Jahreseinkommens. Taiwan deshalb, weil der Wissenschaftler dort den einzigen Disoutbroker analysierte. Wahnsinn, was da für ein alljährlicher Schaden angerichtet wird von den Zockern.
Panik in guten wie in schlechten Zeiten
Ich würde die ganze Problematik anders zusammenfassen als der Professor. Wir Menschen werden an der Börse häufig von Panikattacken heimgesucht. Einerseits dann, wenn der Markt abstürzt. Dann kriegen wir es mit der Angst zu tun, indem wir glauben, unser Hab und Gut verlieren zu können. Wir ziehen in der Folge die Reißleine zum falschen Zeitpunkt. Andererseits kriegen wir Panik, wenn die Börse auf ein neues Mega-Top stürmt. Wir wollen die tolle Party nicht versäumen, eilen zum Fest, wenn sich die Freudenstimmung längst dem Ende zuneigt. Es kommt oft zu Haussen und zu Baissen. Insofern ist das Problem der Panik in das Fundament des Börsenparketts hineingearbeitet worden.
Daneben haben wir Anleger natürlich das Problem, zu häufig umzuschichten, was weiteren Schaden anrichtet. Es ist ein Dilemma. Wir sind an der Börse eigentlich unsere größte Gefahr. Wir arbeiten gegen uns selbst. Wir sind unser eigener Feind. Und merken das alles nicht einmal, weil wir in einer Phantasiewelt leben.
Profis versagen in 90 Prozent der Fälle
Als eine Lösung gilt gemeinhin, einen Profi einzuschalten. Sprich einen Aktienfonds kaufen oder Vermögensverwalter beauftragen. „Diese Leute kosten zwar eine Stange Geld, aber die sollten es dafür besser schaffen als ich“, denken sich viele. Pustekuchen. Statistiken zeigen, dass 90 Prozent der aktiven Geldmanager schlechter als der Index abschneiden. Die Profis sind eben keine Hellseher. Häufig traden die Profis (wie der Privatanleger) zu oft. Und sie kassieren nette Gehälter, sie fahren in manchen Fällen tolle Autos, sind gerne auf der Yacht und im Golfclub. Denken Sie an die bekanntesten Hedgefondsstars und die prominenten Aktienfondsmanager. Sie kennen ja den Spruch „Zahlemann und Söhne“.
Finanzmarktkenner Charles Ellis behauptet gar, nur ein Prozent der Fondsmanager seien es wert, in sie zu investieren. Wie aber wollen Sie dieses eine Prozent aus der Masse herausfiltern? Das ist die berühmte Nadel im Heuhaufen.
Hören Sie auf die weisen Finanzleute. JP-Morgan-CEO Jamie Dimon ist einer der schlausten Banker. Er sagte heute in einer Rede in Miami auf die Frage eines Konferenzteilnehmers, wie die Inflation im nächsten Jahr ausfallen wird: „Keiner kennt die Zukunft.“ Daran sehen Sie, wie clevere Anleger denken. Dimon prophezeit, das Öl könne zwischen 50 und 200 Dollar kosten. Keiner weiß das eben exakt. Alles ist möglich.
Vorsicht vor Prognosen und Windbeutel
In der Finanzbranche gibt es leider „Experten“, die uns sagen, wo der Kurs der „Firma Söhnemann & Co“ im nächsten Jahr exakt stehen wird. Vorsicht vor solchen Prognosen. Es wird viel Wind gemacht. Es gibt halt Windbeutel. Es wird mit bunten Präsentation geworben, es werden tolle Grafiken erstellt, um die eigene Überlegenheit zu demonstrieren. Vorsicht vor Angebern. Bevor Sie einem Profi Ihr Geld anvertrauen, passen Sie auf. Bei den Experten steckt der Teufel wie immer im Detail.
Stellen Sie sich diese Fragen vorab: Was kostet der Profi? Ist die Performance langfristig wirklich so außergewöhnlich? Kann es Zufall sein? Wie groß ist das Risiko? Wie lange bleibt der Manager wohl an Bord?
Wie Sie einem Gauner unter den Vermögensverwaltern auf die Schliche kommen, dazu hat der Journalist Ron Lieber einen guten Artikel in der „New York Times“ geschrieben. Der Autor geht auch kritisch auf das Trading ein.
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Es gibt exzellente Fondsmanager und Vermögensverwalter. Sie sind allerdings in der Minderheit. Die Profis mit dem Goldhändchen zu finden, ist ein Problem. Ein zentrales Hindernis ist: Die Performance aus der Vergangenheit ist keine Garantie für die Zukunft.
Was bleibt uns eigentlich übrig, wenn wir uns vom Profi abwenden? Zweierlei. Entweder wir decken uns mit einem Indexfonds ein. Kostengünstig und gut sind diese Indexdinger in der Regel. Oder wir kaufen selbst grandiose Aktien für die Ewigkeit. Das ist mein persönliches Rezept.
Eine These von mir ist: Wir brauchen in unserem Leben nur 20 bis 25 Weltkonzerne von erster Güte zu kaufen, mehr ist nicht nötig. Mein Rat: Einfach diese Qualitätsaktien im Depot liegen lassen. Nichts tun – egal, was passiert. Gut, es können zwei Konzerne pleite gehen. Gut, es können drei, vier weitere in Turbulenzen geraten im Laufe der Zeit. Aber alles in allem wird sich der Rest auszahlen. Diese Geduld hat halt kaum jemand. Das ist das Problem.
Der Vorteil von Buy and Hold
Warum ich darauf komme mit dem Ewig-dabei-bleiben? Wissenschaftler Terrance Odean fand in einer Studie 1999 heraus (die Studie habe ich bereits oben zitiert): Wir haben ursprünglich eine „gute“ Aktie für unser Depot gekauft. Anders ausgedrückt: Wenn wir unsere Ursprungsaktie verkaufen und gegen eine neue Aktie eintauschen, schneidet der Zukauf nicht so gut ab wie das Ursprungspapier. Es ist sozusagen ein ständiger Missgriff im Gange. Es hängt mit unserer Selbstüberschätzung zusammen. 10.000 Depots hat Professor Odean hierfür unter die Lupe genommen.
Dass „Buy and Hold“ funktioniert, dafür gibt es jede Menge Beispiele. Nehmen Sie Grace Groner, die 1935 drei Aktien von Abbott Laboratories für ganze 180 Dollar erwarb. Sie begann mit den drei Aktien einen Dividendenreinvestmentplan. Es entstand Jahrzehnte später ein riesiges Vermögen daraus.
Nehmen Sie den Parkplatzwächter Earl Crawley, der mit seinem kleinen Einkommen ein großes Vermögen mit Qualitätsaktien aufbaute.
Warum langweilige Strategien überlegen sind
Sie lassen folglich am besten das aktive Handeln sein. Kaufen Sie Qualitätsaktien und lassen sie diese wie einen alten Schinken liegen. Das mag langweilig erscheinen, aber um die Langweile kommen Sie kaum herum. Eine andere langweilige Lösung sind die Indexfonds beziehungsweise ETFs. In den USA gibt es mehr als 1.200 ETFS, in Europa sind es 1.700. Vorsicht, es ist ein Dschungel aus ETFs herangewachsen. Die einfachsten, klarsten, günstigsten ETFs sind meiner Meinung nach die besten. ETF-Exoten sind oft teuer und riskant. Ein Liebling in den USA ist der Vanguard S&P 500 E.T.F., der nur 0,05 Prozent kostet.
Gewiss führen viele Wege nach Rom. Es gibt einen Strauß an Möglichkeiten, um Geld zu verdienen. Ich halte persönlich das Indexing und „Buy and Hold“ für die überlegenen Strategien.

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11 Jahre zuvor

Hi Tim,

das Problem, was die meisten Leute haben, sie sind ungeduldig. Der erwähnte Parkplatzwächter ist ein vorbildliches Beispiel, der Geduld bewiesen hat und nun die Früchte erntet.
Die Erfahrung mit meinen Lesern zeigt, dass sich erste Leute kritisch äußern, wenn die Aktienkurse 1-2 Monate nach unten gehen (so wie im letzten Frühsommer). Die Aussicht in 5 oder 10 Jahren finanziell erfolgreich zu sein, ist für viele eine zu lange Zeit.

Das wird auch die Aufgabe und Motivation von uns Finanzbloggern sein, die Vorteile des langfristigen Investierens immer wieder hervorzuheben.

VG
Lars

Martin
11 Jahre zuvor

Buy&Hold oder Indexfonds sind schon sehr gut, aber mit festen Regeln investieren kann auch sehr gut funktionieren z.B. nach Graham:
http://greenbackd.com/2013/01/09/examining-benjamin-grahams-record-skill-or-luck/

11 Jahre zuvor

Hi Lars,
stimmt. Ich schreibe im Endeffekt den Blog für mich. Ich lerne selbst am besten, indem ich anderen das Value Investing beibringen. Ich lerne auch von den Lesern über die Kommentare hier und die Zuschriften. Mir geht es darum, Finanzwissen zu vermitteln. Ich sehe eine riesige Lücke. Leider auch bei den Beamten, im Parlament in Berlin und anderswo. Vielen Dank Lars und an all die anderen.

Hi Martin,
danke für den sehr informativen Link. Ja, der Graham war schon clever. Seine 2-Jahre-Halten-Regel (dann schauen wie es läuft und ggf. bei Enttäuschung verkaufen) sehe ich anders. Ich bin für Buy and Hold großartiger Firmen, selbst wenn so ein Ding mal 3 oder 5 Jahre seitwärts läuft. Aber ich gebe zu: Graham war um Längen besser, ich bin am Lernen.

VG
Tim

Markus
11 Jahre zuvor

@Tim

Vanguard S&P 500 E.T.F., mit nur 0,05 Prozent Kosten…

Schön wäre es, wenn es in Europa auch so günstige etf`s geben würde. Unsere bewegen sich eher bei 0,2 – 0,75 % jährlichen Kosten. Finde auch physische etf`s besser als synthetische oder swaps.

Bei Einzelaktien oder multinationalen Konzernen würde ich nichtzyklischen Kosum und Pharma übergewichten evtl. noch ein bisschen Rohstoffe und Rückversicherer anstatt Banken. Bei Dividendenstrategien würde ich auch die Aristokraten und Titel aus England und Deutschland wegen der Quellensteuerproblematik bevorzugen. Natürlich hängt das auch von der Größe der Positionen bzw. des Depots ab und ob sich die Rückholaktion rentiert.

Martin
11 Jahre zuvor

: Amerikanische Aktien sind wenn in einem Depot einer für die USA vertrauenswürdigen Bank nicht problematisch. Die Quellensteuer wird dann auf 15% reduziert. Daher kommen die auch in Frage.

@Tim: Es gibt manchmal disruptive Ereignisse (z.B Verbote, Regularien, Forschungsdurchbruch) oder langfristige Paradigmenwechsel (z.B. Internet) und großartiger Firmen können dann zu schlechteren Firmen werden.
Solange die Firmen großartig bleiben, ist Buy&Hold nicht zuletzt auch aus Steuergründen sehr schwer zu schlagen.

Markus
11 Jahre zuvor

Welche Banken sind denn für die Amerikaner vertrauenswürdig? ;-)
Wie läuft das ganze ab?
Danke für die Info!

Chris2
11 Jahre zuvor

Hi Markus,

Ich bin bei der Ing Diba. Steuer bei US-Titeln wird automatisch auf 15% reduziert. Man muss gar nichts weiter tun.

Falls du dort mit einem Depot liebäugelst, könnte ich dich “werben”. Dafür gibts bei der Diba Free Trades, die mich dann wieder zum Investieren verführen…

:)

Martin
11 Jahre zuvor

: Ich glaube alle deutschen Broker. Frag einfach bei deinem Anbieter nach. Es kann sein, dass man das entsprechende Formular (W-8Ben glaube ich) ausfüllen muss. Das ging bei mir automatisch.
Ich glaube u.a. für Kanada muss man das entsprechende Formular selbst ausfüllen, denn an sich hat die Bank die Daten ohnehin und diese auch verifiziert.

@Tim: Ich praktiziere die Buy&Hold Strategie mit Dividenden Aktien seit mittlerweile 2 Jahren und fahre sehr gut damit. Ich schaue mir nicht jeden Tag die Kurse meiner Dividenden Aktien an bzw. ob der Index DAX,Dow nun 1% gefallen, oder gestiegen ist. Das war aber ein harter 10 Jahre Lernprozess an der Börse für mich.

Reinhard
11 Jahre zuvor

Ja, was sind die großartigen Unternehmen, und zwar nicht die der letzten zwanzig Jahren, sondern die der nächsten 20 Jahre:
Vor 20 Jahren hätte ich gedacht Daimler, der “Mobilitätskonzern”,wäre eines. Dann kam Jürgen Schremp und baute die Welt AG. Hat nicht hingehauen. Seit 20 Jahren läuft die Aktie im Wesentlichen seitwärts.
Mit BASF hatte ich mehr Glück: Steigende Dividenden und steigende Kurse, das macht Spaß. Siemens wiederum taugt nicht als Langfristanlage; irgendwo ist da immer der Wurm drin.
Am besten eignen sich doch wohl die amerikanischen Multis. Da gibt es wirklich Kursverläufe von links unten nach rechts oben. Schon mal eine Danaher, eine P&G, eine Oracle angeschaut. Selbst bei McDonalds (bis auf BSE) geht es vvon links unten nach rechts oben, gleichzeitig steigern die seit über 25 Jahren die Dividende. Konzerne mit solcher Konstanz gibt es wohl nur im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und dort wird man auch fündig, ganz einfach bei den Weltmarktführern.

Markus
11 Jahre zuvor

Kapitalintensive Unternehmen sind im großen und ganzen eher selten geeignete Langfristanlagen. Obwohl VW ja eine schöne Ausnahme bildet.

Ach, es gibt auch ne Nestlè, ne Unilever, eine BAT usw. Wobei der Sharholder Value schon im Allgemeinen ausgeprägter in Amerika ist.

15 % Quellensteuer und 28 % Abgeltungssteuer sind aber zusammen auch ne ganz ordentliche Dividendensteuerbelastung…

Anna
11 Jahre zuvor

Markus,
ganz so ist es nicht, habe gerade nachgerechnet. Bei der ING-DiBa wird so gerechnet (andere kenn ich nicht):
Dividendensumme in Dollar minus 15 % Quellensteuer, dann Umrechnung in Euro, davon geht der Differenzbetrag zu den ca. 28 % weg = Nettobetrag.
Mit dem Rest (mein Steuersatz ist nicht so hoch) beschäftigt sich der Steuerberater. Hat bis jetzt gut geklappt.
VG
Anna

Martin
11 Jahre zuvor

Es gibt DBA zwischen Deutschland und vielen anderen Ländern wie den USA. Höchstens 15% der Quellensteuer werden i.d.R. auf die deutsche Abgeltungssteuer angerechnet. Man zahlt dann quasi 15% an die USA und 13% an Deutschland, um auf die 28% zu kommen.
http://www.bzst.de/DE/Steuern_International/Auslaendische_Quellensteuer/Anrechenbare_Ausl_Quellensteuer_2012.pdf?__blob=publicationFile

Markus
11 Jahre zuvor

@Anna+Martin

thx. Da war ich wohl auf dem Holzweg.

Habe mich mit der steuerlichen Betrachtung der Dividenden von Aktien wohl nicht korrekt auseinandergesetzt.
Dachte das wird zusammengerechnet und man kann das zu viel gezahlte zurückholen. Muss mir da die Schweiz nochmal mit den 35 % anschauen.

Bis 30 % Steuerbelastung finde ich noch ok, wenn es dann an die 50 % hingeht ist das schon ein ganz ordentlicher Betrag.

Markus
11 Jahre zuvor

wenn ich das jetzt alles richtig reserchiert habe, dann kommt man bei z. B. bei Nestle mit 100 € Bruttodividende auf ca. 20 € Quellensteuer-Erstattung und muss sich mit zwei Finanzämtern rumärgern. Den Aufwand würde ich höchstens rentabel bei 3 zusammen gelegten Jahren betreiben.

Martin
11 Jahre zuvor

Das klingt richtig. Nach imho 3 Jahren verjähren die Ansprüche bei der Schweiz allerdings. Für die Schweiz gibt es hier eine Anleitung:
http://www.aktien-tagebuch.de/2011/05/quellensteuer-schweiz-taxvoucher/

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