Serie Hedgefonds-Stars Teil 4: Ray Dalio, der Kontrollfreak

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Ich setze meine Serie über ziemlich unbekannte, aber dafür begabte Hedgefondsmanager fort. George Soros und John Paulson kennt mittlerweile jedes Kind. Aber wer tummelt sich hinter den Kulissen? Im vierten Teil geht es um Ray Dalio. Er kam 1949 in Queens, in einem Stadtviertel New Yorks, zur Welt.
Sein Vater ist Jazz-Musiker, seine Mutter Hausfrau. Im Alter von zwölf Jahren kauft er seine erste Aktienposition von Northeast Airlines für 300 Dollar. Als die Fluglinie fusioniert, war Rays Aktienpaket drei Mal soviel wert. In der Schule hat er ziemliche Probleme. Er hat auch nie die Gabe, sich Namen merken zu können. Ebenso quält er sich, Fremdsprachen zu lernen. Ihm fehlt einfach das Talent dazu. Die Harvard Uni verlässt der Börsenfan trotzdem mit einem MBA-Abschluss in der Tasche.
Er geht zur New Yorker Börse. Tradet. 1975 gründet er die Investmentfirma Bridgewater Associates. Es wächst ein Imperium heran: 122 Milliarden Dollar managen die 1.200 Mitarbeiter heute. Sie legen das Geld für Regierungen, Stiftungen, Pensionskassen, Zentralbanken an. Bridgewater ist der größte Hedgefonds der Welt.
Der Hauptsitz befindet sich in Westport, Connecticut. Es handelt sich um eine grüne Oase, malerisch an einem See gelegen. In 45 Minuten ist Manhattan per Auto zu erreichen. In einem Luxusbus werden die Mitarbeiter jeden Morgen in Manhattan abgeholt und zur Arbeit ins Grüne gefahren (sehen Sie das Foto oben, Quelle: Wikipedia.com, Fotograf: RufusNunus).
Seine Leute heuert Ray Dalio direkt an den amerikanischen Elitehochschulen an. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete vor einiger Zeit, dass ein Viertel aller Neuankömmlinge innerhalb von zwei Jahren gefeuert wird beziehungsweise freiwillig geht. Ziemlich krass! Woran liegt das? Die Firmenkultur ist sehr eigen. So ist Dalio ein Kontrollfreak. Überall ließ er Kameras installieren. Der Milliardär verfolgt seine Mitarbeiter auf Schritt und Tritt. Er will alles wissen. Mitarbeiter dürfen selbst die Geschäftsführung kritisieren – das ist sogar erwünscht. Es gibt keine Hierarchieebenen. Jeder hat das Recht, andere zu kritisieren. Wenn jemand glaubt, dass eine bestimmte Strategie oder Position keinen Sinn macht, muss das umgehend diskutiert werden.
Die Kritikgespräche werden stets aufgezeichnet. Jeder kann zu jeder Zeit diese Aufzeichnungen abrufen. Transparenz ist eben oberstes Gebot.
Sie können sich lieber Leser sicherlich vorstellen, dass so eine Arbeitsatmosphäre einen gewaltigen Druck auf die Mitarbeiter erzeugen kann. Es fällt uns Menschen von Natur aus schwer, Kritik ertragen zu müssen. Wenn wir uns das dann täglich anhören müssen, ist es kein Wunder, dass so viele Kollegen den Betrieb nach kurzer Zeit wieder verlassen.
Was mich ohnehin wundert: Die Börse lässt sich nicht immer mit logischen Regeln erklären. Insofern frage ich mich, wie die Diskussionen in der Geldfabrik ablaufen. Was ist, wenn jemand ein paar Glückstreffer landet? Fragen über Fragen. Sie sehen, ich bin skeptisch. Aber die Historie zeigt, dass es in der Tat ein Erfolgsgeheimnis geben muss.
Die Renditen sind nämlich auffällig stabil. In den vergangenen 20 Jahren fuhr Ray Dalio eine Durchschnittsrendite von 14,7 Prozent in die Scheune. In der gleichen Zeit waren mit dem S&P-500-Index nur 8,7 Prozent zu holen. Akkumulierte 50 Milliarden Dollar verdiente der Vermögensverwalter in den 20 Jahren für seine Anleger. Das ist ein Wort! Die meisten Hedgefonds schnitten gerade in den vergangenen Jahren ziemlich lausig ab. Es gibt zu viel Konkurrenz. Wirklich gute Ideen sind schwer auszugraben.
Im Gegensatz zu vielen anderen Hedgefonds tradet der Star-Anleger auf Pump. Er legt das geliehene Geld jedoch in „strikt“ konservative Anlagen an. Bekanntlich ging der berühmte Long-Term Capital Management Fund (LTCM) an seinem hohen Leverage zu Grunde. Übrigens gehen Privatanleger immer nur aufgrund von Schulden pleite. Wenn Sie lediglich Ihr Eigenkapital einsetzen, können Sie logischerweise nicht mehr verlieren, als Sie besitzen. Das gilt für den Regelfall.
Mein Rat an Sie: Spekulieren Sie niemals mit Krediten. Es mag verführerisch sein mit einem Hebel zu traden. Aber die Gefahren sind enorm. Ohnehin sind für einen soliden Vermögensaufbau Schulden Gift. Denn dann arbeitet der Zinseszinseffekt gegen Sie!
Nun zur Strategie des sonderbaren Managers: Zu seinen Aktienpositionen zählen Oracle, Microsoft, Dell, Eastman Chemical, HP, Cliffs Natural, Freeport-McMoRan, Pfizer, FedEx, MetLife und viele andere. Dieses Jahr ist Brigewater ziemlich stark in Gold investiert. Das Edelmetall dient als Absicherung (Hedge) gegen die gefürchtete Inflation. Dalio hat eine große Angst vor einem Rückfall in die Krise. Während des Finanzdesasters vor drei Jahren, als Lehman Brothers kollabierte, las er Bücher über die Weltwirtschaftskrise der 1920er und 30er Jahre. Normalerweise ist er kein Bücherwurm, aber damals konnte er nicht genug Bücher verschlingen.
Nun rechnet der ziemlich verschwiegene Investor mit einer brisanten Gelddruckerei der Regierungen rund um den Globus. Nur so glaubt er, könne man noch Herr über die hohen Staatsschulden werden. Der Fonds wettet gegen den Australischen Dollar und gegen etliche Währungen in den Schwellenländern.
Der etwas eigenartige Dalio schrieb für seine Mitarbeiter einen Regelkatalog. 120 Seiten lang. Es heißt: „Die Prinzipien“ In der Bibel für die Beschäftigten heißt es unter anderem:
„Bad opinions can be very costly. Most people come up with opinions and there’s no cost to them. Not so in the market. This is why I have learned to be cautious. No matter how hard I work, I really can’t be sure.“
Übersetzt heißt das so viel wie:
„Schlechte Ideen können sehr teuer werden. Die meisten Menschen schlagen einfach Dinge vor, aber sie müssen nicht dafür gerade stehen. Das geht eben nicht an der Börse. Daher habe ich gelernt, vorsichtig zu sein. Egal wie hart ich arbeite, ich kann nie sicher sein.“
Lesen Sie das Werk durch, es ist lehrreich. Ich finde es klasse. Ja klar, es handelt es sich um eine merkwürdige Firma und einen komischen Typ. Es erinnert mich an eine Sekte. TV-Interview-Guru Charlie Rose interviewte Dalio im Oktober 2011, ich fand das 37-Minuten-Gespräch spannend.
Der Ruf des Fonds unter Uni-Absolventen ist nicht sonderlich gut. Daher wirbt Dalio an den Hochschulen mehr denn je.
Ich habe in den zurückliegenden Monaten bereits drei Portraits über Hedgefonds-Stars geschrieben. Sehen Sie hier selbst:
1. Seth Klarman (29. Dezember 2011). Klarman ist einer der besten Value-Anleger.
2. William (Bill) Ackman (31. Oktober 2011). Der Milliardär sammelt am liebsten ausgebombte Aktiengesellschaften ein, die ein großes Immobilienportfolio besitzen, das von der Börse unterschätzt wird.
3. Michael Burry (9. Oktober 2011). Er hatte als einer der ersten Profis gegen den amerikanischen Immobilienmarkt gewettet und sich nach dem Platzen der Blase eine goldene Nase daran verdient.

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