Knallharte Kritik am Finanzsektor: Versteckte Gebühren!

Ich lese gerade ein extrem kritisches Buch. Es heisst Stop the Investing Rip-Off: How to Avoid Being a Victim and Make More Money (November 2011).
Autor David Loeper beschreibt darin, wie die Investmentbranche angeblich mit undurchsichtigen Kostenpositionen den Reibach macht und Kunden über den Tisch zieht. Loeper beschreibt im Endeffekt den gesamten Finanzmarkt. Er zählt alle Marktteilnehmer auf, deren Interessen und deren versteckte Gebühren.
Überall lauern seiner Meinung nach die Abzocker. Was ihn am meisten stört: Dass die Gebühren nicht transparent sind. Oft sind die Kosten eben versteckt und das bringt ihn auf die Palme. Das Buch ist lesenswert, allein schon deshalb, weil es so brutal kritisch geschrieben ist. Ich habe selten eine derart harte Abrechnung gelesen. Der Mann nimmt kein Blatt vor den Mund. Im Gegenteil!
Gleich im Vorwort rechnet der Autor vor, wie viel Geld eine amerikanische Durchschnittsfamilie an die Bank während ihres 40-jährigen Berufslebens transferiert (inklusive der Verzinsung der Gebühr). Loeper kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis: Es sind 1,7 Millionen Dollar, die die Bank still und heimlich einstreicht bei einer Familie, die im Schnitt 7.000 Dollar per annum spart.
Die Herleitung dieser Kalkulation ist etwas kompliziert. So geht der Autor davon aus, dass vom Bruttosozialprodukt 7,5 Prozent an die Finanzdienstleister gehen. Das macht Sinn. Sprich dieses Geld fehlt den Anlegern am Ende des Tages. Bereinigt um den Immobiliensektor (Hypotheken etc.), sollte man eine Jahresgebühr von 2,5 Prozent einkalkulieren. Auch das mag zutreffen – zahlen wir doch alle irgendwo Bankgebühren und Provisionen. Wie der Kritiker allerdings nach 40 Jahren auf die 1,7 Millionen Dollar kommt, erschließt sich mir nicht. Es scheint mir bewusst eine Übertreibung zu sein.
In dem Werk gibt es ein Kapitel, wo Loeper mit Schmutz auf die Discountbroker wirft. Ihnen würde es nur darum gehen, besonders aktive Kunden zu haben, um die Provisionen in die Höhe zu treiben. Je aktiver die Kunden, desto mehr klingelt die Kasse, argumentiert er. Daher würden die Discountbanken jede Menge Charts und Informationen anbieten, um einen möglichst regen Handel zu haben. Manchmal leuchten die Ausführungen ein, manchmal nicht. Reguläre Filialbanken sind teurer, insofern kann man bei einem Discountbroker auch etwas aktiver sein im Vergleich. Damit hat man dann die gleiche Kostenbasis. Dass die Billig-Banken günstiger als die Traditionshäuser sind, erwähnt Loeper mit keinem Wort. Ihn stört darüber hinaus, dass sie für Fonds im Kundendepot jährlich Provisionen von den Fondsgesellschaften kassieren – ohne Kenntnis der Sparer.
Grundsätzlich erfüllt die Finanzbranche eine verdammt wichtige Funktion, nämlich es geht um die Absicherung und den Vermögensaufbau. Man sollte also nicht alle einseitig attackieren. Den Nutzen der Branche zu würdigen, unterblieb. Nicht alles ist die reinste Abzocke. Da liegt der Autor daneben. Gegenfrage: Gibt es eine Branche, die all ihre Dienstleistungen gratis anbietet? Ich kenne jedenfalls keine. Wenn wir zum Handwerker, Bäcker oder Metzger gehen, müssen wir auch tief in die Tasche greifen. Der Bäcker rechnet uns nicht seine Marge vor.
“Der Spiegel” hatte kürzlich einen lesenswerten Artikel über versteckte Gebühren. Die Kritikpunkte kann man nicht ganz abstreiten. Es besteht Transparenzbedarf in der Branche. Unsere Verbraucherschutzministerin und die Behörde sind gefragt gemeinsam mit den Dienstleistern, tätig zu werden. Mehr Licht tut den Banken gut. Es ist in ihrem ureigenen Interesse, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Es gibt schwarze Schafe, keine Frage. Es gibt Mißstände, keine Frage. Das sollte zugegeben werden. Aber alles in einen Topf zu werfen und nur zu kritisieren, ist keine Lösung.

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