Eigenkapital der deutschen Banken seit Jahren eine Katastrophe

Nach der Finanzpanik, die im Untergang von Lehman Brothers im September 2008 gipfelte, machten die US-Behörden den Banken strikte Vorschriften, was die Eigenkapitalanforderungen angeht. Finanzdienstleister dürfen nicht mehr ihre Bücher hebeln, wie sie wollen. Die Vorstände müssen sich ihre geplanten Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe ausdrücklich von der Aufsicht vorab genehmigen lassen.
Die Aufsicht ist strikt, wenn es darum geht, für solche Maßnahmen grünes Licht zu geben. So durften die Bank of America und Citigroup nicht wie gewünscht, die Dividende erhöhen. Washington forderte stattdessen schon vor Jahren die Führungsspitze der Privatbanken auf, ihre Bilanzen weiter zu stärken. Ausschüttungen lehnte die Regierung strikt ab. Mit diesen Regeln war das Weiße Haus erfolgreich. Amerikas Banken stehen so stark wie seit drei Jahren nicht mehr da. Die Bilanzen gleichen nun Festungen. Selbst der milliardenschwere Tradingsverlust von JP Morgan Chase kann die New Yorker nicht aus der Bahn werfen.
Europa ist leider diesen Weg nicht gegangen. Europa hat den Banken keine strikten Auflagen gemacht. Europas Führung hat das verschlafen, sie ließ die Banken schalten und walten, wie sie wollten.
Allen voran machte Angela Merkel diesen Fehler. So durfte die Deutsche Bank beispielsweise munter Dividenden auskehren, wie sie wollte. So durften die Frankfurter zocken, wie sie wollten. Ich hatte diese fehlerhafte Politik von Schwarz-Gelb in diesem Blog oft kritisiert.
Es ist der helle Wahnsinn, was nun passiert ist. Wir hätten besser von den Amerikanern lernen müssen. Nichts dergleichen tat unsere Regierung. Sie müssen wissen: Es besteht zwischen Berlin und Frankfurt ein enges Band der Sympathie. Nicht zuletzt wird diese Nähe mit millionenschweren Spendengeldern an die politischen Parteien zementiert.
In den USA fließen selbstverständlich auch enorme Summen von der Wall Street an die beiden führenden Parteien. Doch hat sich Präsident Barack Obama von diesen Geldern nicht so sehr beeindrucken lassen. Es herrscht eine striktere Trennung zwischen den Spenden und der Gesetzgebung. Das ist jedenfalls mein Eindruck.
Nun steht Europas Finanzindustrie unnötigerweise vor neuen Turbulenzen. Gewiss, rechne ich nicht mit großen Bankpleiten. Doch bereitet diese Schwäche der Banken nur unnötigen zusätzlichen Druck auf die EU. Dies hätten die Regulierer in Europa im Vorfeld vermeiden können.
Das Dilemma sehen Sie anhand der Bankbilanzen glasklar. Ich blicke zunächst auf die Eigenkapitalquote der US-Banken, Abschlussjahr 2011, dann auf die Eigenkapitalausstattung der Deutschen Bank und der Commerzbank. Dieser Vergleich sagt mehr als Tausend Worte:
Bank of America 10,8%
Wells Fargo 10,6%
Citigroup 9,5%
JPMorgan Chase 8,1%
Deutsche Bank 2,5%
Commerzbank 3,6%
Sie sehen also, was für Unterschiede bestehen zwischen den amerikanischen und deutschen Instituten. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Ich blicke in meiner Betrachtung nicht auf das aufsichtsrechtliche Eigenkapital (Tier 1) beziehungsweise das Kernkapital. Das verwischt nur den Blick für das Ganze. Mir geht es in dieser Betrachtung einzig und allein um das Eigenkapital und die Bilanzsumme. Daran können Sie erkennen, mit welch absurden Hebeln Europas Banken ihr Geschäft betreiben. Die Deutsche Bank hat ihr Geschäft mit dem Faktor 1:40 gehebelt. Es gleicht einem Harakiri. Mit solch dünnen Eigenkapitalpolstern kann man keine Krise ohne Turbulenzen überstehen. Vor den Gefahren haben schon viele Experten frühzeitig gewarnt. Etwa der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), Simon Johnson.
Angela Merkel und ihr Kabinett haben unnötige Risiken in Kauf genommen. Warum? Es ist eine Politik des blinden Gehorsams. Das vermute ich jedenfalls. Nicht ohne Grund durfte Josef Ackermann seinen Geburstag mit Freunden im Kanzleramt feiern. Aus einem privaten Anlass wird ein Staatsakt gemacht – und Merkel spielte auf der Feier den Grüßonkel.
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich gehe fest davon aus, dass sowohl die Deutsche Bank, als auch die Commerzbank diese Krise meistern werden, ich rechne nicht mit einem Konkurs. Keineswegs!
Nur hätten wir diese Krise bessern bewältigen können, wenn im Vorfeld mit Vorsicht und Weitsicht agiert worden wäre.
In Washington höre ich immer wieder Klagen über Europas Untätigkeit, wenn es um die Bankregulierung geht. Eine der heftigsten Kritikerinnen ist Sheila Bair, die ehemalige Chefin des Bankeneinlagensicherungsfonds FDIC. Bair hat die Europäer und Deutschen gebetsmühlenartig vor dem Problem des zu geringen Eigenkapitalpolsters gewarnt. Unentwegt vertrat sie ihre kritische Meinung zu dem Thema. Bair konnte es nicht fassen, mit welcher Ignoranz Europa mit diesem Thema umging.
Hier habe ich einen Reuters-Artikel gefunden, in dem Bair eindringlich die Europäer warnt – das war wohlgemerkt vor knapp einem Jahr: Sie sei „sehr besorgt“ über den Zustand des europäischen Bankensystems und seine Instabilität. Es sei alarmierend, dass die Banken in Europa ihre Eigenkapitalstandards selbst frei wählen könnten, beklagte sie sich seinerzeit. Die Expertin forderte mehr Eigenkapital, um besser für die Krise gerüstet zu sein. Keiner hörte auf sie. Fazit: Wer nicht hören will, muss fühlen!
PS: Die Eigenkapitalquote ist sicherlich keine ideale Kennziffer, um die Risiken aufzuzeigen. Sie gibt aber durchaus einen Einblick in das Missverhältnis zwischen dem Umfang der Geschäftstätigkeit und der Kapitalbasis. Die Deutsche Bank ist bisher ohne Staatshilfe ausgekommen und wird vermutlich auch keine in Anspruch nehmen müssen – im Gegensatz zur Commerzbank. Dies möchte ich ausdrücklich anerkennend betonen.

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11 Jahre zuvor

Hallo Tim,

Ackermann hat sich immer damit gerühmt, dass die Deutsche Bank keine Staatshilfen in Anspruch genommen hat. Bezüglich des Soffins stimmt das auch.

Allerdings profitierte man vom seinerzeit aufgelegtem TARP der USA, s. hier:http://www.huffingtonpost.com/2010/08/12/tarp-global-impact_n_679634.html

Die AIG-Rettung kostete den amerikanischen Steuerzahler sagenhafte 182 Mrd. US-$ und laut dem Artikel wurden damit Forderungen iHv 11,8 Mrd Dollar, die die Deutsche Bank ggü. der AIG hatte abgesichert.

Klar, direkte Staatshilfen gab es keine, jedoch wäre die Deutsche Bank in enorme Schwierigkeiten geraten, wenn ihre Geschäftspartnerbanken nicht gerettet worden wären.

Ich finde es vor diesem Hintergrund schon etwas brisant die Nichtanspruchnahme der Staatshilfen als Erfolg zu verkaufen.

Die niedrige Eigenkapitalausstattung ist wirklich hanebüchen.

Was muss noch geschehen bis man dazulernt?

Gruß Matthäus

11 Jahre zuvor

Hallo Matthäus,

Dein Einwand hat seine Berechtigung. Aber viele andere Häuser haben ebenfalls von der AIG-Rettung profitiert – einschließlich oben in der Liste aufgeführte Banken, soweit ich das weiß.

Ich finde, es wäre ja durchaus im Interesse der Banken gewesen, die Bilanzen zu stärken. Das ist wichtig für das Image. Und sorgt für die nötige Ruhe und Stabilität. Ich verstehe nicht, warum man sich in Berlin und Frankfurt so dagegen gesträubt hat.

Das Eigenkapital muss ohnehin früher oder später erhöht werden. Daran führt kein Weg vorbei. Das giult für viele Häuser in Europa.

11 Jahre zuvor

Hallo Tim,

Spanien oder besser gesagt seine Banken dürfen sich jetzt ebenfalls aus dem EFSF bedienen. Auch Großbritannien hat schon angekündigt, seine Banken zu stützen.

Das Thema wird uns also noch eine Weile beschäftigen, schätze ich.

Gruß Matthäus

11 Jahre zuvor

Das Eigenkapital einer Bank kann man nicht wie bei einem Industrieunternehmen ins Verhältnis zur Aktiva setzen, um so die EK-Quote zu ermitteln.
Das ist so einfach nicht korrekt (man hat zwar eine EK-Quote, aber die ist völlig ohne Aussage).

a) Finanzieren sich Banken völlig anders, und
b) machen Banken völlig andere Geschäfte.

Weiter gibt es für Banken andere Bilanzierungsrichtlinen, als für Industrieunternehmen. Auch ist es relevant, ob nach IFRS oder Non-GAAP bilanziert und bewertet wurde.

Viele Grüße,
Christian

11 Jahre zuvor

Ich habe geschrieben, dass es mir um einen groben Eindruck geht. Die Deutsche Bank hat einen enormen Hebel im Vergleich zu anderen Weltbanken. Das steht, glaube ich, außer Frage.

Ich finde, dass die einfachsten Formeln und Kennziffern oftmals die besten sind. Wir schauen ja auch alle auf das KBV und das ist natürlich ebenfalls extrem vereinfachend. Und komischerweise spielt auch hier der Buchwert die Schlüsselrolle (wie bei der EK-Quote).

Für mich hat der Buchwert einer Bank hat eine große Aussagekraft. Und die Bilanzsumme ebenfalls. Denn beide Zahlen zeigen mir, wie groß das Geschäft ist im Vergleich zur reinen Substanz. Man kann eine Bilanz nicht endlos wie einen Ballon aufblasen… irgendwann platzt der halt.

Es ist so, als ob man den Keller voller Sauerstoffflaschen hat und rauchend daneben sitzt.

Es wird immer wieder von Leuten behauptet, diese beiden Zahlen spielten keinerlei Rolle. Ja, ja. In den USA wird das anders gesehen nach dem Kollaps von Lehman Brothers. Da schauen viele wieder auf die einfachsten Kennziffern. Wie dieser Experte hier.

Im übrigen gehe ich felsenfest davon aus, dass die Deutsche Bank diese Krise locker meistern wird. Die DB ist ein großartiges Institut. Ich möchte keine Panik machen, nur zum Nachdenken anregen.

11 Jahre zuvor

Hier habe ich noch ein Video entdeckt. Es diskutieren Experten auf CNBC über die schlechte Eigenkapital-Ausstattung europäischer Banken und der Deutschen Bank. Das ist ein älterer Mitschnitt und nichts Neues.

So diskutiert Amerika über die Fehler Europas seit Jahren:

11 Jahre zuvor

Buffett hat davon auch schon einmal gesprochen, dass die Eigenkapitalaustattung Europäischer Banken misserabel ist.

Die US-Banke wirken aber doch solide, nach den Zahlen. Den Tip hast du ja vor einiger Zeit auch schon gegeben :)

11 Jahre zuvor

Hi Ulrich,

ja, das stimmt. Ab und an wiederhole ich mich.

Ich habe ein schönes Zitat von Charlie Munger entdeckt. Er ist der Vize-Chef von Berkshire Hathaway:

“When Hitler was in his bunker before he shot himself, he said, 'This isn't my fault. The German people just don't appreciate me enough.' That's the attitude of a lot of bankers. They think their silliness is necessary. Banks will not rein themselves in voluntarily. You need adult supervision.”

Mit anderen Worten sagt er: DIe Banken brauchen die Aufsicht eines Erwachsenen, sonst jagen sie sich selbst in die Luft.

11 Jahre zuvor

Hi Matthäus,

oh ja, das Thema Rettungsfonds für die Banken – das wird uns noch eine Weile beschäftigen.

Es ist ohnehin ein merkwürdiges System: Die Staaten geben Anleihen aus. Die Banken kaufen diese, kassieren Zinsen. Und verdienen sich daran in guten Zeiten eine goldene Nase.

Wenn es knallt, rettet der Staat die Banken vor dem Aus. Und gibt, um die Banken zu retten, neue Giftpapiere (Staatsanleihen) aus. Nur muss dann noch ein Dummer gefunden werden, der die Dinger (faule Staatsanleihen) kauft…

11 Jahre zuvor

Tim, interessantes Zitat.

Das Problem gibt es leider oft bei Menschen die in hohen Positionen sind und Fehlentscheidungen treffen. Das Umfeld ist schuld :) .

11 Jahre zuvor

Hi Ulrich,

ein weiteres enormes Problem der Spitzenmanager ist die krasse Form der Selbstüberschätzung.

Strategie der Manager ist hierbei, das Selbstwertgefühl zu erhöhen, indem man sich immer auf die Erfolge bezieht und die Misserfolge übersieht. In der Fachsprache spricht man von “self-serving bias”.

Was habe ich mich gewundert, als Josef Ackermann zurückblickte in einem Interview und zu dem Schluss kam, er habe fast alles richtig gemacht. Das ist in meinen Augen eine klare Form der Selbstüberschätzung.

Das ist übrigens weit verbreitet in den Top-Ebenen.

Hier der Link

11 Jahre zuvor

Hallo Tim,

Dumm ist wirklich nur, dass der “Dumme” in diesem Fall wiederum die Bank ist, die sich nun zu einem Zinssatz von 1% bei einem Zeitraum von 3 Jahren Geld leihen konnte, um ihre Bilanzen zu säubern, Staatsanleihen zu kaufen, aber auch um Kredite zu gewähren.
(Solche Konditionen kriegt kein Mensch, nicht mal Buffet. Das hat er so explizit in einem Interview zum besten gegeben.)

Dabei sollte in einem “normalen” Marktumfeld der Investor dafür sorgen, dass sich die Staaten refinanzieren können. Die Versicherung, die irgendwo sicher ihren, den Versicherungsnehmern versprochenen, Garantiezins verdienen muss zB.

Das die 1000 Mrd.€ die die EZB Ende letzten und Anfang diesen Jahres an die Banken ausschüttete immernoch nicht ausgereicht haben ist schon erschreckend und verwunderlich.
Ich denke nämlich das die Notenbanker sich wirklich dachten das diese Summe ausreichen müsste um Ruhe zu erzeugen. Andernfalls hätten sie nämlich auch gleich mehr rausgehauen. EZB-Chef Draghi sprach ja auch davon, dass sie die “Dicke Bertha” zum Einsatz gebracht hätten. Das sollte eine Anspielung auf irgendeine Waffe aus dem 1.WK gewesen sein, die scheinbar einen ordentlichen Wumms hatte, hehehe. – sorry, das ist eigentlich nicht zum lachen, aber ich muss trotzdem gerade schmunzeln…

Gruß Matthäus

11 Jahre zuvor

Hi Matthäus,

es ist wohl viel mehr Geld nötig, dass das System braucht, um zur Ruhe zu kommen.

Auch müssen alle Regierungen den Menschen erklären, dass deren Geld sicher ist. Wenn die Einlagen sicher sind, gibt es keinen Sturm auf die Banken.

Dann wäre endlich Ruhe. Die USA und Deutschland taten das, als er vor 3 oder 4 Jahren Spitz auf Knopf stand. Damals beruhigte sich die Masse zügig. Anschließend geht es dann darum, zu sanieren, zu sparen, zu helfen, zu subventionieren etc.

Das dauert entsprechend lange. Das weiß aber jeder.

11 Jahre zuvor

Es wird ja aller Wahrscheinlichkeit nach auch mehr Geld geben, wenn, wovon auszugehen ist, der ESM kommt:

http://www.faz.net/frankfurter-allgemeine-zeitung/schuldenkrise-der-esm-rettungsfonds-oder-bad-bank-11790529.html

Der nächste Schritt hin zu den Euro-Bonds ist dann auch nicht mehr weit.

Gruß Matthäus

11 Jahre zuvor

Hi Matthäus,

die Einführung des ESM bedeutet quasi die Einführung von Eurobonds (durch die Hintertür). Denn der ESM kann und darf alles, zudem sind seine Entscheider IMMUN!! Ein Wunder, dass bei einem solchen Ermächtigungsgesetz in Deutschland noch kaum jemand auf der Straße ist. Aber so sind sie halt, die Deutschen… :(

LG, Sascha!

11 Jahre zuvor

Hallo Sascha,

kann schon sein, dass es die EURO-Bonds geben wird.
Das wäre dann aus meiner Sicht neben EFSF,Soffin,Fiskalpakt,Steuerharmonisierung,Schuldenschnitten,Stundungen/Zinsaufschüben,Schuldenrefinanzierungen etc. auch nur ein weiteres Instrument, um die Krise in den Griff zu bekommen.

Die Kritiker der Maßnahmen sagen, dass man Schulden nicht mit Schulden bekämpfen kann. Die Befürworter sagen, dass die Kritiker nicht erklären können, wie sie es verhindern würden das zB die Arbeitslosigkeit in Europa steigt, weil ohne neue Schulden radikal gespart werden müsste.

In Deutschland wird doch ständig demonstriert, Bspe. S21,Fluglärm,Atomausstieg etc. – es ist doch ldgl. ein widerlegbares Vorurteil ggü uns Deutschen, dass hier nicht demonstriert wird.

Gruß Matthäus

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