Die dummen Dauer-Fehler der Masse

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Die Masse der Anleger verliert an der Börse nur Geld. Ich habe ja schon oft über die Fehler der Meute geschrieben. Sie jagen teuren Trends wie den Sozialen Medien auf dem Hoch der Bewertungen hinterher: Zynga, Facebook, Groupon etc. Die Lemminge kaufen liebend gerne Blütenträume. Hochriskante Biotechs, windige Pennystocks, wertlose Schatzsucher stehen auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben. Ein weiteres Problem: Sie haben keinerlei Geduld.
Kurzum: Die Masse schwimmt wie eine Sardine im Schwarm mit Tausenden anderen und endet so eines Tages im Maul eines Wals. Die Sardinen fotografierte ich übrigens kürzlich im italienischen Cinque Terre.
Warum wir diese Fehler ständig machen? Ganz einfach, Schuld haben in erster Linie unsere Gefühle. Die machen der Masse der Anleger einen Strich durch die Rechnung. Die Gier ist in euphorischen Phasen am stärksten ausgeprägt, die Angst nimmt in Krisensituationen überhand. Diese Dauerfehler sind ja alle eigentlich bekannt.
Ein weiteres Problem ist die rückwärts gewandte Sicht der Dinge. Sie müssen sich das so vorstellen: Die Anleger sitzen im Auto am Steuer und blicken nur in den Rückspiegel. Keiner schaut nach vorne. Da sehen sie also den Zusammenbruch von Lehman Brothers, die Immobilienkrise, den massenhaften Betrug bei CDOs. Sie sehen die Panik, die Massenarbeitslosigkeit, den Zusammenbruch der Wirtschaft. Sie haben Griechenland, Spanien und andere Wackelstaaten am Abgrund vor Augen. Das ist wie gesagt der Blick zurück im Spiegel.
Nun schlussfolgert die Masse: „Mensch, wie schlimm. Ich muss mein Geld in Sicherheit bringen!“ Sie beginnen also mit dem Ansammeln von Barmitteln, sie sparen auf Festgeldkonten, kaufen Goldmünzen, verkaufen einen Großteil (oder alle) Aktien. Sie gehen in Staatsanleihen, obgleich die zehnjährige Bundesanleihe in den USA gerade mal 1,5 Prozent abwirft. Zieht die Inflation an, bleibt real nach Abzug der Geldentwertung nichts übrig.
Die Masse macht eben immer zum falschen Zeitpunkt die gleichen Fehler. Das war so nach der Großen Depression in den 20e/30er Jahren, da horteten alle Cash, keiner hatte mehr Aktien. Das war bei anderen Crashs mit anschließenden Rezessionen ähnlich. Das Strickmuster ist immer das gleiche.
Als Börsianer müssen Sie eines wissen: Die Börse ist auf Ihrer Seite. Staatsanleihen und Gold werfen nach Abzug der Inflation im langfristigen Schnitt nur lausige Renditen ab. Sorry, das muss auch der Bond-König von der Allianz-Pimco, Bill Gross, nun einmal akzeptieren (deswegen ist der Bill ja so sauer, weil die Zeit seiner Anleihen nun endgültig vorbei ist).
Die Deutsche Bank hat eine schöne Analyse (PDF) erstellt. Der Titel: „Long Term Asset Return Study. A Journey into the Unkown“. Auf Seite 57 finden Sie im Endeffekt alles, was Sie als Anleger brauchen:
Seit dem Jahr 1821 rentieren Aktien real mit 6,44 Prozent, Staatsanleihen mit 2,91 Prozent und Gold mit ganzen 0,43 Prozent per annum.
Die Rendite ist wohlgemerkt nach Abzug der Inflation ermittelt worden. Seit 200 Jahren ist dieser Trend schon zu beobachten. Ich glaube nicht, dass sich dies ändern wird. Die Statistik sagt mehr als Tausend Worte. Die Quintessenz daraus: Aktien sind ganz klar die beste Anlageform.
Warum schrecken die Menschen vor Aktien zurück? Weil sie es nicht verstehen, die Nerven nicht haben und die Geduld ihnen fehlt.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Ein Bekannter (über den ich hier öfter im Blog schreibe) erhielt von einem bekannten US-Großkonzern seine Abfindung und Betriebsrente auf seinen Wunsch hin vorzeitig ausbezahlt. Er hat sich jetzt, kurz vor seiner Rente, selbstständig gemacht und eine kleine Firma mit einem Freund gegründet. Er möchte es noch einmal wissen. Was hat er mit der fetten Abfindung getan? Nichts, die liegt auf dem Festgeldkonto – praktisch mit Null Prozent Verzinsung. Er eröffnete schließlich bei einem Discountbroker ein Depot und fing mit dem Zocken an. Er erzählte mir, wie erfolgreich er mit seinen Trades ist. Ich warnte ihn natürlich. Und sagte: „Das kann schief gehen. Pass nur gut auf. Werde nicht übermütig.“ Mein Rat: „Du solltest besser eine langfristige Strategie haben. Hochsolide Konzerne kaufen und liegenlassen. Zehn oder 20 Jahre wären ideal.“ Der hält mich für bescheuert. Er erwiderte doch glatt: „In 20 oder 30 Jahren liege ich unter dem Grabstein.“ Deshalb zockt er jetzt lieber. So ein Unsinn. Es sind Blütenträume, Phantasiewelten. Die Marketingmaschinerie der Banken weiß, mit diesen Träumen umzugehen.
Das ist eben das Problem. Der Mensch neigt zu kurzen Zeiträumen an der Börse. Dagegen kaufen Bürger Lebensversicherungen und Häuser mit einem Anlagehorizont von 30 Jahren und mehr.
Zum Schluss dieses Blogs möchte ich Ihnen das Kurzfristdenken an der Börse anhand eines Beispiels erläutern. Es passiert immer wieder: Ein Anleger kauft im Jahr 1919 eine Aktie für 40 Dollar. Und das Ding fällt anschließend binnen Jahresfrist auf 19 Dollar. „Was für ein Desaster“, denkt sich der Anleger. 50 Prozent Kursverlust. Der verärgerte Börsianer zieht schließlich die Reissleine, realisiert einen Verlust von 21 Dollar. Was für ein Fehler: Aus 40 Dollar Anfangsinvestment wären auf lange Sicht fünf Millionen Dollar inklusive der Dividenden geworden.
Das Timing kann niemand perfekt hinbekommen. Die langen Zeiträume aber, die machen die Rendite. Gerade für den „kleinen Mann“ ist das einfach umzusetzen. Das obige Beispiel (die Aktie, die erst fällt und dann explodiert) hat Warren Buffett in diesem Youtube-Video geschildert. Es handelt sich um Coca-Cola.
Natürlich gehören Fehler dazu. Eine vermeitlich gute Aktie kann sich über lange Zeiträume hinweg zu einem Problemfall entwickeln. Es gibt jede Menge Beispiele unter den Blue Chips (Xerox, Pan Am, Kodak etc.), die zum Katastrophenfall wurden. Daher sollten Sie nicht alles auf eine Karte setzen. Meiden Sie Tech-Aktien für Ihr Renten-Depot, meiden Sie heiße Themen. Bevorzugen Sie stattdessen langweilige Hausmannskost. Es genügt, wenn Sie ein oder zwei Dauerläufer vom Schlage einer Pepsi, Coca-Cola, Berkshire Hathaway, Nike, P&G, Wal-Mart, American Express oder Nestle für Ihr Renten-Depot erwischt haben. Vergessen Sie nicht, ausreichend zu streuen, um Einzelrisiken abzufedern.

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11 Jahre zuvor

Eine entscheidende Frage ob man langfristig in Aktien geht ist wohl auch die Erfahrung. Der Mensch/ Anleger handelt wohl immer zum großen Teil aus eigenden Erfahrungen (wo habe ich mir die Finger verbrandt und wo nicht).

Bei deutschen Anlegern war es eben, so dass sie um die Jahrtausenwende massiv in Aktien gedrängt wurden. Danach ist selbt bei denen die Aktien gehalten haben oft wenig passiert; viele Aktien (selbst die mit gutem Geschäftsprinzip ) sind erst jetzt wieder bei dem Kurs (wenn überhaup), bei dem sie damals waren.

Natürlich liegt dies an der hohen Bewertungen von damals, dennoch hat sich bei vielen dieses schmerzliche Erlebniss sehr stark in den Kopf gebrannt. Die wo damals dabei waren und dann zusehen musste wie ihr Geld über Jahre verbrannte kommen nicht so schnell zurück.

Recht hast du ganz klar; viele denken aber nicht in 10 Jahren Schritten oder noch weiter ( geht auch nur, wenn man es sich leisten kann ).

11 Jahre zuvor

Hallo Ulrich,

nun die Einstellung Aktien gegenüber ist falsch. Millionen Bürger sparen Rekordsummen auf Bausparverträge, Rentendingern, Riesteranlagen und Lebensversicherungen an. Diese Verträge laufen ewig lang. Da stellt niemand die lange Ansparphase in Frage. Nur bei Aktien hat keiner Geduld. Das ist das Kernproblem.
VG

Stefan
11 Jahre zuvor

Hallo Tim!

Ich lese deinen Blog sehr gerne. Seit einiger Zeit muss ich allerdings sagen, dass der Erkenntnisgewinn für mich doch deutlich hinter den Möglichkeiten zurück bleibt. Irgendwie wiederholt sich hier alles. Alles ist so allgemein gehalten.

Wie wäre es mit der konkreten Bewertungen sowohl den Aktienmarktes als auch einzelner Unternehmen. Ulrich macht da mit seinem Value-Blog einen tollen Job.

Will dich hier echt nicht kritisieren. Nimms nicht persönlich. Vielleicht verstehst du ja was ich meine.

Gruss

11 Jahre zuvor

Hi Stefan,

einzelne Aktien hier im Blog zu besprechen, ist nicht mein Schwerpunkt. Ich schreibe lieber allgemein über die Märkte und das Value Investing.

Nun, eventuell werde ich in den kommenden Wochen ein paar wenige Aktien kurz anschneiden. Es ist, wie gesagt, nicht mein Augenmerk. Ich denke, die richtigen Aktien sollen meine Leser selbst finden.

Vielleicht ist ja mal wieder ein Beitrag dabei, der Dich interessiert. Ist wohl alles Geschmackssache. Die Klickzahlen sind jedenfalls rauf gegangen. Es sind nun sieben Leser (oder so) hier.

Best,
Tim

11 Jahre zuvor

Hi Tim,

mach einfach weiter so! Ich finde die “Wiederholungen” gut, weil du letzten Endes doch immer wieder neue Infos, Interviews, Studien, Nachrichten etc. verarbeitest.
Wer die einzelnen Aktienunternehmen besser verstehen will muss die Geschäftsberichte doch ohnehin selbst lesen. Die Arbeit kann einem niemand abnehmen. Und wenn sie einem doch jemand abnimmt, dann ist man ja wieder abhängig.
Insofern ist dein Weg der Hilfe zur Selbsthilfe der Bessere.

Wer darüber hinaus mehr verstehen will als das kleine Bilanz-Einmaleins der sollte ernsthaft über ein BWL-Studium nachdenken.

Aufgrund deiner Verbindungen bis ins Weiße Haus fände ich deine Einschätzung der Kandidaten für das Präsidentschaftsamt spannend. Das erste TV-Duell hat Romney ja wirklich überzeugt, Umfragen sehen ihn gar vorne.

Gruß Matthäus

Stefan
11 Jahre zuvor

Hi Tim!

Natürlich finde ich hier jede Menge interessante Artikel. Dass ich nur ab und zu was finde was mich interessiert ist quatsch. Wollte nur zum Ausdruck bringen, dass für manche, die schon etwas weitergehende Kenntnisse im Bereich des Value-Investing und bezüglich der Börse allgemein haben, der Erkenntnisgewinn nicht mehr ganz so hoch ist.

Dass die Banken und Fonds uns mit ihren Gebühren nur abzocken und dass man Aktien nicht traden soll sondern möglichst lange halten ist mittlerweile ja hinlänglich bekannt.

Auch dass Aktien sinnvoll sind die eine hohe, stetig steigende Dividende zahlen, ist klar.

Vielleicht möchtest du ja aber auch für die breite Masse von komplett Ahnungslosen schreiben. Dann war das hier ein Missverständnis.

Noch mal: dein Blog ist super, werde ihn auch regelmäßig weiterlesen. Trotzdem bleibe ich bei meiner Meinung.

Beste Grüsse nach New York.

11 Jahre zuvor

Tim, Deine Aussage “Millionen Bürger sparen Rekordsummen auf Bausparverträge, Rentendingern, Riesteranlagen und Lebensversicherungen an. Diese Verträge laufen ewig lang. Da stellt niemand die lange Ansparphase in Frage. Nur bei Aktien hat keiner Geduld.” ist goldrichtig. Das schizophrene an der Sache ist aber, dass diese “ewigen” Verträge seitens der meisten Kunden ja gar nicht durchgehalten, sondern vorzeitig gekündigt und aufgelöst werden. Dabei entstehen – nach den teilweise horrenden Verkaufsprovisionen – weitere hohe Kosten, so dass unter dem Strich fast ausnahmslos viel Geld versenkt wird. Bei rationaler Betrachtung spricht als ein weiteres Argument für die – vergleichsweise – felxible Aktie als Altersvorsorge. Denn wenn etwas Unvorhergesehens passiert und man mal Geld braucht, sind Aktien liquide. Anders als Versicherungen oder gar Riesterverträge.

11 Jahre zuvor

Hallo Matthäus,

“Verbindungen ins Weiße Haus” klingt etwas hoch gegriffen. Ich kenne Mitarbeiter, ja. Aber nicht den Hausherrn oder so.

Eine Einschätzung, wer das Rennen macht, ist schwierig. Wer im letzten Fernsehduell blendend abschneidet, dem stehen Türen und Tore offen beim Urnengang, weil dieser Kandidat die Wechselwähler (die Unentschlossenen) dann auf seiner Seite hat.

Hallo Stefan,
ich strenge mich an, besser zu werden.

Eines ist aber meiner Meinung nach nicht bei der Masse angekommen: “dass man Aktien nicht traden soll, sondern möglichst lange halten ist mittlerweile ja hinlänglich bekannt.” Ich glaube, das wissen die wenigsten.

Hallo Michael,
danke für den smarten Zusatz mit den vielen Vertrags-Kündigungen. Ja, das stimmt. Wer frühzeitig raus möchte aus so einem Langläufer, der wird von den Gebühren heimgesucht. Die Kosten schlagen dann richtig gemein zu.

Alex
11 Jahre zuvor

Wenn ich mir das so durchlese hätte ich lust eine Versicherung zu gründen ;)

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