Die bevorstehenden Börsengänge Facebook und Twitter: Finger weg!

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Es hat sich eine gewaltige Internet-Blase gebildet, die mich an die wilden New-Economy-Zeiten vor gut zwölf Jahren erinnert. Social Media ist dieses Mal der Renner. Facebook will offenbar in ein paar Monaten das Börsenparkett betreten. Das Portal ist jung, im Jahr 2004 entstanden, macht nur 4,3 Milliarden Dollar Umsatz und soll eine Bewertung von 100 Milliarden Dollar bekommen, wenn es nach dem Willen von Gründer Mark Zuckerberg (Foto) geht. Der Jung-Milliardär träumt davon, mit den traditionsreichen Giganten aus dem Dow-Jones-30 auf einer Stufe zu stehen. Dabei ist die Bewertung absurd. Er zahlt keine Dividende, weist kaum Gewinne aus und die Zukunft ist ungewiss.
Vergleichen Sie: Hewlett-Packard, der weltgrößte IT-Konzern, bringt nur 53 Milliarden Dollar auf die Börsenwaage, also nur halb so viel. Dabei hat HP 350.000 Mitarbeiter (facebook: 3000), ist über 70 Jahre alt (facebook: 8 Jahre) und macht 127 Milliarden Dollar Umsatz, sprich das 30-fache.
An dieser Gegenüberstellung können Sie den Social-Media-Irrsinn erkennen. Klar, wächst Facebook stramm. Aber auch hier wird sich zeigen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, die Mitgliedergewinnung hat längst an Dynamik verloren. Social Media ist nur ein Trend, eine hippe Sache. Es gibt so viele Konkurrenten, die ähnliche Networking-Plattformen bauen. Facebook ist eine Modeerscheinung. Wie schnell sich der Wind im Internet drehen kann, zeigt der Niedergang von Myspace.com und AOL, den einstigen Lieblingen der Masse. Taucht ein neuer Trendsetter auf, dann rennt die Meute woanders hin. Das geht ratzfatz.
Ich würde die bevorstehenden Social-Media-IPOs, inklusive Twitter, nicht mit der Kneifzange anfassen. Ein Blick zurück zeigt klar, dass hier viel heiße Luft produziert wird. Das Internetradio Pandora hat einen Börsenwert von 1,6 Milliarden Dollar. Das entspricht dem sechs-fachen Umsatz und 15-fachen Buchwert. Wohlgemerkt hat sich das Papier vom Höchstkurs (20 Dollar) schon halbiert.
Die Networkingplattform LinkedIN weist einen üppigen Börsenwert von 6,3 Milliarden Dollar aus. Die Firma ist den 14-fachen Umsatz und das 15-fache des Eigenkapitals wert. Das KGV beträgt 882. Ein Wahnsinn!
Oder nehmen Sie die Rabattmarken-Vermarkter Groupon mit zwölf Milliarden Dollar Marktkapitalisierung. Was kriegen Sie dafür als Aktionär? 1,3 Milliarden Dollar Umsatz mitsamt roten Zahlen. Der amerikanischen Börsenaufsicht SEC war der Börsengang von Groupon von Anbeginn ein Dorn im Auge. Im Juni hatte die Washingtoner Behörde 72 Mängel im Börsenprospekt festgestellt, das kritische 14-seitige Schreiben der SEC an Groupon-Gründer Andrew Mason ist an Warnungen nur so übersät. Wie kann ein Bankenkonsortium eine solche Firma ruhigen Gewissens an die Börse bringen? Es geht der Wall Street natürlich in erster Linie um die fetten Provisionen, die sie kassieren, wenn sie Börseneinführungen bewerkstelligen. Ob die Banken wirklich Interesse an einer langfristig gesunden Entwicklung ihrer Schützlinge haben, wage ich zu bezweifeln, sonst müssten sie viel mehr IPO-Kandidaten schlichtweg ablehnen.
Ein weiteres Beispiel für zu viel Vorschusslorbeeren ist Angies List. Es handelt sich um eine Firma aus Indianapolis, die ein Kundenportal betreibt. Jedes Mitglied kann hier seine Erfahrungen mit örtlichen Handwerksfirmen, Autowerkstätten und Ärzten mit anderen teilen. Der Börsenwert entspricht dem zehn-fachen Umsatz, die Verluste sind horrend.
Um den Kurs nach dem Börsengang schön in Schwung zu bringen, neigen die Konsortialbanken dazu, in der Anfangsphase weiterhin positive Studien zu veröffentlichen. Sie würzen das dann gerne mit flotten Kurszielen. Geben und nehmen ist hier das Motto. Sie wollen ja schließlich zufriedene Zeichner und Emittenten haben. Aber wenn die Novizen mittelfristig die in sie gesteckte Hoffnungen nicht erfüllen, droht natürlich der Absturz. Der Online-Spiele-Anbieter Zynga ist ein weiteres Beispiel für die gegenwärtige Euphorie. Der Börsenwert 6,6 Milliarden Dollar. Kurs-Umsatz-Multiple sechs, Kurs-Buchwert-Verhältnis acht, KGV 128. Gründungsjahr 2007.
Entweicht die Anfangseuphorie, stürzen solche Luftnummern schnell ab. Sehen Sie sich nur den traurigen Kurs-Chart von OpenTable an. 2009 betrat das Unternehmen, das Restaurantreservierungen vornimmt, das Parkett. Dank des Social-Media-Fiebers stürmte der Kurs im Frühjahr 2011 auf mehr als 110 Dollar. Jetzt ist das Tischtuch zerrissen, die Aktionäre sind verärgert, der Kurs ist unter die 40-Dollar-Marke gefallen. Willkommen auf dem Boden der Realität. Nun sind bald die Bewertungskennziffern wieder auf einem fundamental normalen Niveau angekommen. Auf Basis der für 2012 geschätzten Gewinne beträgt das KGV 26. Jetzt ist OpenTable geradezu ein Schnäppchen im Vergleich zu den KGV-Vorstellungen von Facebook-Macher Mark Zuckerberg.
Mein Fazit: Die Banken sollten nicht schamlos den Hype um Social Media ausnutzen. Es sind Blütenträume. Als Finanzdienstleister tragen sie für ihre Endkunden eine Mitverantwortung. Wissen Facebook-Erstzeichner wirklich, wie sie ihren Aktien-Liebling an der Börse richtig bewerten sollen? Wohl kaum. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich finde Twitter und Facebook sind erstklassige Angebote, Zuckerberg ist ein genialer Entrepreneur. Nur sind die angestrebten Bewertungen grotesk.
PS: Das Foto von Mark Zuckerberg stammt von Guillaume Paumier, Wikimedia Commons.

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12 Jahre zuvor

Ich denke die Börsenbewertung von Unternehmen wie Facebook und Twitter könnte durchaus fair, vielleicht sogar günstig sein.

Könnte, wohlgemerkt. Denn die Möglichkeit, dass es anders kommt, dass die Zukunft dieser Unternehmen nicht so grandios sein wird, wie es die aktuelle Bewertung impliziert, ist eben durchaus real.

Wie die Chancen für Erfolg und Misserfolg stehen, das kann denke ich keiner seriös einschätzen. Insofern sind solche Aktien eine hochriskante Spekulation, mit Investieren hat das nichts zu tun.

hajue
12 Jahre zuvor

Ich sehe keinen Grund für FB an die Börse zu gehen. Sollte der Dienst jetzt schon profitabel laufen, so verstehe ich nicht, wozu man Kapital beschaffen möchte. FB braucht keine Werbung und als Dienstleister braucht er keine Waren, Lager, Produktionsstätten, etc. Im Prinzip kann fast jeder Mitarbeiter im Home-Office arbeiten. Auch die bisherigen Investoren/ Kapitalgeber wären nicht ganz bei Sinnen, ein Stück von dem Kuchen abzugeben. An FB kommt so schnell keine andere Plattform ran. Offensichtlich wollen die Inhaber schnell viel Geld durch einen Börsengang erwirtschaften. Das dürfte jeder merken.

Bei milliarden Mitgliedern und über Jahrzehnt hinweg kann FB gewiß durch Werbeeinnahmen und Einnahmen durch Games auf der Website Gewinne verbuchen, jedoch rechtfertigt dies nicht obigen Börsenwert. Werben (bestenfalls viral) klappt auch kostenfrei auf FB, Gameanbieter können sich auf Dauer unabhängig von FB weiterentwickeln.

Anleger wollen noch in diesem Leben Gewinne im Depot verbuchen – also ganz klar nicht bei FB einsteigen.

12 Jahre zuvor

@ Stefan
@ hajue
Danke für die Kommentierung.
Der Börsengang von Facebook dürfte kein großes Problem werden. Bei 800 Millionen Usern! Jedes Kind kennt Facebook. Die Frage ist eben nur, ob die Aktionäre bei einem zu hohen Preis Freude an dem Papier haben werden.

Wenn Zuckerberg clever ist, geht er mit einer günstigen Bewertung an den Markt. Und überzeugt dann mit einer guten Performance. Nur dürften da die Altaktionäre nicht mitspielen wollen. Denn die möchten Kohle sehen. Ich bin gespannt. Facebook wird sicherlich weiterhin Schlagzeilen machen.
Beste Grüße
TS

12 Jahre zuvor

Ich teile die Einschätzung, dass bei diversen Internetwerten bereits eine massive Übertreibung vorherrscht, insbesondere bei Groupon. Obb dies bei Facebook auch so sein wird, kann man heute noch nicht beurteilen, da zum einen noch keine belastbaren Zahlen zum Gewinn vorliegen und zum anderen natürlich auch noch keine Preisvorstellung – bis jetzt bewegt sich das alles im Rahmen von Spekulationen.

FB ist sicherlich von der Story her interessant, aber ob es sich mittel- und langfristig halten kann, muss man abwarten. Ich werde mir den Wert gerne anschauen, wenn die Zahlen verfügbar sind. Ich vermute aber, dass Zuckerberg & Co. bereits mit einem so hohen Emissionspreis an die Börse gehen, dass dieser jenseits von Gut und Böse liegen wird. Immerhin geht es um Milliarden. Aber vielleicht überrascht uns der Mann ja auch positiv…

12 Jahre zuvor

Hallo Herr Kissig, danke für Ihre Anmerkung!

a, klar, wir müssen abwarten, welchen Preis die Facebook-Leute verlangen werden beim IPO.

Es gibt jedoch gewisse Anzeichen für einen hohen Preis: Wenn Sie sich die Bewertungen anschauen, die die Finanzinvestoren im Vorfeld bezahlt haben bei Facebook und Twitter, dann wird geradezu offenkundig, dass die alle einen möglichst satten Preis wollen. Es ist ja nicht nur Gründer Zuckerberg mit von der Partie, sondern zahlreiche Geldgeber.

Nicht zu vergessen sind die Konsortialbanken. Je größer das Emissionsvolumen, desto mehr Provisionen sprudeln bei den Banken.

PS: Ihren Blog finde ich gut. Sehr gut!!

12 Jahre zuvor

Moin Herr Schäfer, vielen Dank für das Lob.

Ein hoher Preis schreckt mich nicht, wenn die anderen Daten dazu passen. Stehen also die Erträge in einem angemessenen Verhältnis zum Preis, sind diese keine Einmalseffekte, sondern eher dauerhaft zu erzielen und am besten ausbaufähig? Facebook hat einen hohen Bekanntheitsgrad, weil jeder – auch die Nichtnutzer – bereits davon gehört hat. Und nicht wenige Unternehmen verdienen daran, ihre Produkte über Facebook zu vertreiben. Die sind natürlich daran interessiert, Facebook selbst zu pushen.

Wie gesagt, ich bin auch eher skeptisch was die Neuemission angeht – sie haben die Gründe hierfür ja sehr gut dargelegt. Ich möchte mir nur noch kein abschließendes Urteil bilden. Es hängt eben alles von der Emissionsbewertung ab. Und ggf. kann man ja auch später einsteigen, wenn sich der Kurs mal auf ein erträgliches Maß gesetzt haben sollte.

12 Jahre zuvor

Facebook hat einige Baustellen, zum Beispiel den Datenschutz. So ging ein österreichischer Jura-Student rechtlich gegen facebook vor und fand dadurch heraus, dass allein zu seinem Profil ein Datenberg von 1.200 Seiten angesammelt wurde. http://www.stern.de/tv/sterntv/jurastudent-max-schrems-klagt-an-facebook-speichert-auch-geloeschte-daten-1734902.html

Was mich als Nutzer an facebook nervt ist das ständige Herumdoktern an der gesamten Funktionsweise der Plattform mit der Folge, dass man sich permanent mit den Neuerungen auseindersetzen muss, wenn man die Möglickeiten, die fb unbestreitbar bietet, richtig nutzen möchte.

Wenn die Investoren bereit sind 100 Mrd. $ zu investieren, könnte sich Herr Zuckerberg bestimmt bessere Informatiker und Website-Designer leisten.

Andererseits sind Datenschützer wie Herr Schrems jetzt schon wegen der neu eingeführten timeline aufgebracht.
Gegenwind wird es somit bestimmt auch im Vorfeld des Börsengangs geben. Ob das letzen Endes was bringt ist eine andere Frage. Wenn es soweit ist, werde ich eventuell Nachforschungen anstellen, ob man als Nutzer nicht einen wie auch immer gearteten Anspruch gegen das Netzwerk hat. Fraglich ist auch, ob nicht alle Nutzer einem Börsengang zustimmen müssten. Ich weiß es nicht, noch nicht.

Streit gibt es außerdem auch mit den Mitgründern von facebook, die sich allesamt betrogen fühlen.

12 Jahre zuvor

@Matthäus Piksa

Ihre Schlussbemerkungen kann ich nicht nachvollziehen.

Die angemelodeten benutzer von Facebook sind Kunden, keine Eigentümer. Weshalb Kunden ein Zustimmungsrecht haben sollten, ob die Eigentümer ihr Unternehmen in eine AG umwandeln und diese Aktien an der Börse handeln lassen dürfen, erschließt sich mir nicht.

Und der Streit mit den Zwillingen ist doch gegessen. Die beiden haben einen Vertrag mit einer Abfindung mit Zuckerberg geschlossen. Als später auch den beiden klar wurde, dass Facebook mehr wert ist, als das, was sie ausgehandelt hatten, wollten sie auch mehr Geld und haben Zuckerberg durch alle Instanzen verklagt. Und immer wieder verloren mit dem selben Argument: sie haben sich ihre Rechte, die sie vielleicht hätten haben können, durch den geschlossenen Vertrag abkaufen lassen. Und dass sie dies vielleicht zu ungünstigen Konditionen getan haben, rechtfertigt keinen Nachschlag. So die jeweiligen Richter. Und daher sehe ich hier kein großes Gefahrenpotenzial. Im Gegenteil: auch mögliche Ex-Partner wären doch an einem hohen Kurs und einem möglichst großen Haufen Geld für Zuckerberg interessiert, um davon etwas abzubekommen.

12 Jahre zuvor

Danke Matthäus für den guten Link zum Stern-Artikel. Ich habe einen Freund, der wollte sich komplett bei Facebook abmelden. Das ging aber nicht. Der vollständige Name bleibt offenbar stets im System. Vielleicht haben die das geändert. Kein Wunder, dass die Nutzerzahlen endlos steigen…
Auch andere Internetfirmen sammeln wie verrückt Daten von uns. Ich glaube, dass Google all unsere Suchanfragen abspeichert und behält. Endlos. Ein Leben lang. Die wenigsten User wissen das wohl. Da könnte Google rein theoretisch ein exzellentes User-Profil über uns erstellen und uns mit gezielter Werbung bombardieren. Kurzum: Die Internet-Firmen haben eine enorme Macht über uns und Detailkenntnisse, die wir uns kaum ausmalen können. Die Frage ist natürlich, wie verantwortungsvoll gehen die Konzerne mit unseren Daten um.

12 Jahre zuvor

@ Michael C. Kissig

Nun indirekt haben die User eine enorme Macht. Nämlich dann: Wenn sie verärgert über das Gewinnstreben von facebook sind, können sie sich von der Plattform abwenden.

Ich glaube das IPO birgt diese Gefahr. Wenn den Leuten auf einmal klar wird: Mensch, das ist kein Verein, dem es nur darum geht, uns alle nett zu vernetzen. Sondern es geht darum, mit uns viel Geld zu verdienen.

Wenn das studentische Image des Mark Zuckerberg, das viele an ihm so toll finden, schwindet, kann das Besondere an dieser Plattform verloren gehen. Das muss nicht sein, aber es kann. Ich bin gespannt.

Mit Blick auf das IPO haben Sie natürlich Recht: Wenn es den Usern nicht passt, dann können die Nutzer wenig direkt daran ändern. Ihnen bleibt nur, zuzuschauen, wie eine Handvoll Investoren (weniger als 500) einen Reibach mit ihrem Traffic (Fotos, emails, etc.) macht.

12 Jahre zuvor

Herr Schäfer, selbstverständlich ist Facebook von seinen Nutzern abhängig, aber ich sehe aktuell nicht, dass eine Verägerung der Nutzer Facebook wirklich schadet. Denn wenn man sich die Meldungen über den Datenschutz ansieht, die seit Monaten (gefühlt seit Jahren) durch die – vornehmlich deutsche – Presse geistern und wie viele Leute dieses kritisch sehen, muss man sich fragen, weshalb FB weiterhin so einen Zulauf hat. Als Google+ startete, gab es einen kleinen Hype und viele “Mittelalte” wechselten in eine neue virtuelle Welt. Aber der Hype ist längst vorbei, man hört und sieht nichts mehr von G+. Und die größte Wachstumsgrußße, die Kinder und Jugendlichen? Die waren eh nie bei G+, kennen MySpace schon gar nicht mehr, sondern sind bei FB, weil “alle da sind”. Ganze Schulklassen tummeln sich da und wer sich nicht bei FB engagiert, gerät ins soziale Abseits und bekommt viele Interaktionen seiner Freunde gar nicht mehr mit. Das erzeugt Druck, sich doch noch anzumelden, alle negativen Aspekte ausblendend.

Ein Bekannter hat doch glatt neulich die Änderung seiner Handynummer ausschließlich über einen Statuskommentar bei FB verkündet. Keine SMS, keine Email, nichts. Nur die FB-Meldung.

Ich meine dass vielen Leuten der Status des Unternehmens Facebook egal ist. Und die meisten kümmern sich auch nicht darum, ob die Daten sicher sind oder gesammelt werden. Der “ausgeklärte mündige Bürger”, den wir so gerne sehen, den gibt es nur sporadisch. FB ist für die meisten – und gerade für Jüngere – ein zeitraubender Zeitvertreib. Und auch Ältere bleiben bei FB hängen: Nachrichten werden immer öfter nicht über die Websites der Zeitungen gelesen, sondern zunehmend über die Verlinkungen bei Facebook. Das sorgt für die hohe Verweildauer bei FB und die bringt potenziell das Geld.

Aus diesen Gründen glaube ich nicht, dass der Börsengang große Relevanz bei den Usern hat und eine Art Massenprotest auslöst. Google sammelt Daten wie kein zweiter und Apple zwingt seine Kunden in ein enges Korsett, wo die Auswahl von alternativen Produkten erheblich eingeschränkt ist. Und beide sind börsennotierte Unternehmen, die sich gößten Zuchspruchs erfreuen. Rational betrachtet müsste sich hier der “aufgeklärte mündige Bürger” angewidert abwenden und nach Alternativen suchen. Aber der Herdentrieb und die Bequemlichkeit spielen diesen Molochs in die Hände. Ebenso wie Facebook.

Hm… ich fürchte, mein Beitrag passt nicht mehr so hundertprozentig zum Ursprungsthema. Aber dafür ist er schön lang. ;-)

12 Jahre zuvor

@ Michael C. Kissig

Es wird der Tag kommen, an dem massenhaft Emails von Menschen publik werden. Da kommen ein paar smarte Hacker und greifen einfach irgendeinen Email-Postfach-Betreiber oder Cloud-Anbieter an.

Dann wird ein Aufschrei durch die Reihen gehen und die Leute werden überdenken, was sie all die Jahre gemacht haben.

So ein Horror-Tag wird Folgen haben. Im Grunde findet das Hacken ja schon tagtäglich im kleinen Stil statt. Wenn da aber im großen Stil eine Datenbank für alle zugänglich gemacht wird, wäre das ein Desaster für die gesamte Branche. Ausgeschlossen ist das nicht.

12 Jahre zuvor

Damit haben Sie Recht, Herr Schäfer. Die menschen werden sich dann in ihrem Zorn gegen den Betreiber wenden und gegen denjenigen, der die Daten veröffentlicht hat. Ein solches Desaster, wie vor kurzem bei Sony, kann ein Unternehmen stark schädigen, wenn nicht gar ruinieren. Und die Leute werden sauer sein, auch wenn sie es selbst in der Hand gehabt hätten, zumindest einen Großteil ihrer Daten selbst zu schützen.

Die Frage war jedoch, ob dies potenziell zu einem großen Problem für Facebook werden könnte, das einen Börsengang behindern könnte. Und das träfe meines Erachtens nur zu, wenn es zeitlich zusammenstieße. Ein echter Daten-Gau während der Emission würde wohl erhebliche Irritationen hervorrufen. Die bloße Warnung davor, jedoch nicht. Dazu können sich von den 800 Mio. Nutzern auch zu wenige vorstellen, wie man solche Datenbanken hackt und Daten ausspäht. Das Risikobewusstsein ist eher unterentwickelt und lebt immer genau dann auf, wenn das Risiko eingetreten ist. Dann ist das Geschrei groß, dass sich vorher jemand anderes darum gekümmert hat.

Wir diskutieren hier aber inzwischen weniger die Frage eines Facebook-Börsengangs und ob dieser sich finanziell lohnen kann, als vielmehr die Problematik des Daten- und Persönlichkeitsschutzes in einer zunehmend vernetzteren Welt. Und dieses Problem betrifft Facebook als Datensammelmoloch auf jeden Fall, ob nun börsennotiert, oder nicht. Genauso wie Ebay, Amazon oder Google. Oder Microsoft oder Apple.

12 Jahre zuvor

logisch Herr Kissig. Alle sind rein theoretisch betroffen: gmail, aol, yahoo, arcor, gmx, hotmail….

Auch Anbieter wie RIM (Blackberry), Apple, Amazon, Facebook, Xing, Behörden, Banken….)
Und viele mehr: Im Grunde alle Firmen, die eine Datenbank haben und über das Netz Informationen austauschen und verwalten.

Eines Tages wird es diesen Hammer-Schlag geben. Dazu muss man kein Prophet sein. Der wird und muss kommen.
Einerseits ist es ja so, je mehr wir speichern und das Internet nutzen, desto größer wird das Risiko. Andererseits bietet das Netz viele Vorteile. Allein der Nutzen von Google und Email-Konten ist schon super. Wir müssen uns nur klar darüber sein, dass wir einen Preis dafür bezahlen.

12 Jahre zuvor

Die Bewertung von Unternehmen ohne lange Historie ist nicht nur verdammt schwer, sie ist meistens auch noch ungenau, da man nicht abschätzen kann, wie die Unternehmen über 5,10,15 Jahre am Markt ankommen.
Hier hat Aswath Damodara (Finance Professor an der NYU) versucht Amazon zu bewerten.

Ich sehe die meisten Social-Media als Exit-Strategien der Gründer und glaube nicht, dass hier Shareholdervalue geschaffen werden soll…
Vor einiger Zeit habe ich berichtet,wieso man nicht in Groupon einsteigen sollte.
Bisher hatte ich Recht und ich kann jedem nur davon abraten…

Viele Grüße

12 Jahre zuvor

@ Christian Ehrmann, Sie kennen sich wirklich gut aus. Ich bin beeindruckt. Danke für Ihre Anmerkung.

Professor Aswath Damodara finde ich super. Der Wissenschaftler blickt immer auf die Cash Flows. Er kann Unternehmen daher sehr gut einschätzen. Als der Amazon-Kurs vor Jahren durch die Decke ging, warnte er zu Recht vor einer Überbewertung.

Er vertritt auch die Meinung, dass es außergewöhnlich hohe Margen in einer Nische kaum für immer und ewig geben wird, weil die Konkurrenz nicht schläft.

Seine emotionslose Herangehensweise ist seine Stärke.

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